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ranSicht: Darum darf Suarez nicht gesperrt werden

  • Aktualisiert: 21.12.2014
  • 12:55 Uhr
  • ran.de / Tobias Hock
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© Imago

Luis Suarez hat Giorgio Chiellini gebissen. Das zeigen nicht nur lustige Fotomontagen im Netz, sondern auch die Fernsehbilder oder die Bissspuren an der Schulter des Italieners. Dennoch darf der Uruguayer nicht gesperrt werden. Ein Kommentar von ran.de-Redakteur Tobias Hock.

Luis Suarez hat es schon wieder getan. Zum dritten mal in seiner Karriere hat der 27-jährige Stürmer des FC Liverpool auf dem Platz zugebissen. Die FIFA reagierte prompt und eröffnete ein Ermittlungsverfahren, die Beweisaufnahme soll heute abgeschlossen werden.

Für den letzten Dracula-Anfall im Jahr 2013 kassierte der Uruguayer eine Sperre von zehn Premier-League-Spielen. Dennoch darf der Uruguayer für seine unsportliche Aktion im WM-Spiel gegen Italien nicht bestraft werden. Warum? Weil die FIFA sich an ihre eigenen Regeln halten muss.

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Tatsachen-Entscheidung wichtiger als Tatsachen

Um eine Flut an nachträglichen Gerichtsverhandlungen zu vermeiden hat die FIFA eine oberste Regel eingeführt: Entscheidungen des Schiedsrichters sind unantastbar. Im Wortlaut steht in Regel 5: "Die Entscheidungen des Schiedsrichters zu spielrelevanten Tatsachen sind endgültig. Dazu gehören auch das Ergebnis des Spiels sowie die Entscheidung auf "Tor" oder "kein Tor"."

An dieser Regel muss sich die FIFA messen lassen.

Es ist egal, ob Stefan Kießling das Tor trifft oder nicht. Es ist egal, ob Thierry Henry den entscheidenden Treffer Frankreichs gegen Irland mit einem Handspiel vorbereitet und nur deswegen zur WM fährt. Und es ist egal, ob Frank Lampard den Ball gegen Deutschland einen knappen Meter hinter die Linie nagelt.

Tor, Hand, Foul ist wann? Genau dann, wenn der Schiedsrichter pfeift!

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Klare Aufgaben für Schiedsrichter

Nachträgliche Sperren oder sonstige Maßnahmen dürfen Sportgerichte unter dem Dach der FIFA nach Artikel 77 des Disziplinarkodexes eigentlich nur dann einleiten, wenn der Schiedsrichter eine Situation nicht beobachtet hat. Auf dieser Grundlage wurde Suarez nach seinem Biss gegen Branislav Ivanovic gesperrt.

Der Schiedsrichter hatte den "Beißkampf" der beiden damals nicht gesehen, da er abseits des Balles stattfand. Die Tür war offen für eine nachträgliche Intervention der Ermittler. 

Der Schiedsrichter bei Italien vs Uruguay hat das Duell Suarez vs. Chiellini aber offensichtlich gesehen. Indem er auf Freistoß für Italien und keine persönliche Strafe für Suarez entschied, hat er sie auch abschließend bewertet. Die Tür, um nachträglich aktiv zu werden, ist damit eigentlich zu. Oder will irgendjemand unterstellen, Rodriguez habe einen Zweikampf abgepfiffen, den er gar nicht gesehen hat?

Der Schiedsrichter hat seine Aufgabe erfüllt - wenn auch offensichtlich nicht mit den korrekten Schlussfolgerungen. Nach den offiziellen FIFA-Regeln hat der Unparteiische unter anderem die Aufgabe ...

... "das schwerer wiegende Vergehen zu bestrafen, wenn ein Spieler zur gleichen Zeit mehrere Vergehen beging."

... "disziplinarische Maßnahmen gegen Spieler zu ergreifen, die ein verwarnungs- oder feldverweiswürdiges Vergehen begangen haben. Dies muss nicht sofort geschehen, spätestens aber wenn der Ball das nächste Mal aus dem Spiel ist."

Offenbar hat der Schiedsrichter also in dieser Situation kein schwerer wiegendes Vergehen erkannt und darum auch keine Strafe ausgesprochen.

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Das Warten auf den Schiedsrichterbericht

Viele Interpretionen des Sachverhalts lauten: Es kommt jetzt einzig darauf an, ob Schiedsrichter Marco Rodriguez die strittige Szene in seinem Spielbericht erwähnt oder nicht. Hat er sie übersehen, wird eine Sperre erwartet. Hat er sie gesehen, ist Suarez aus dem Schneider.

Allerdings wird in einem Spielbericht ja kaum stehen: "Ich habe den Biss von Suarez nicht gesehen." Es hat ja auch kein Schiedsrichter jemals geschrieben: "Ich habe die Hand Gottes leider nicht mitbekommen." Und wird ein normaler Freistoß ohne weiterführende Konsequenz (Verwarnung etc.) im Spielbericht erwähnt?

Ein Referee trifft seine Entscheidungen mit der Pfeife und mit den Karten. Und Rodriguez hat bei Suarez zwar gepfiffen, aber die Karten eben stecken lassen. Natürlich hat er den Biss nicht gesehen, sonst hätte er ja einen Platzverweis ausgesprochen. Suarez hat unten geschoben und oben gleichzeitig zugeschnappt - der Unparteiische hat die Szene als Ganzes wahrgenommen und leider falsch bewertet. 

So wäre eine Sperre für Suarez zwar gerecht, aber nicht den Regeln der FIFA entsprechend.