ran checkt die Bundesliga
Der 1. FC Köln im ran-Check: Mit Jugend und Ungewissheit ins zweite Jahr
- Aktualisiert: 03.09.2020
- 14:28 Uhr
- ran.de/ Tim Althoff
Vor dem Start der Bundesliga-Saison 2020/21 nimmt ran.de die 18 Teams unter die Lupe. Diesmal: der 1. FC Köln
München – Zwei Abstiege und eine Europapokal-Qualifikation. In der Gefühlswelt der Fans des 1. FC Köln lässt sich so ungefähr die Saison 2019/2020 beschreiben. Und so weit von der Realität ist das ausnahmsweise nicht entfernt.
Denn die erste Saison nach dem Wiederaufstieg in die Bundesliga war durchaus eine Achterbahnfahrt. Der Start mit Achim Beierlorzer ging komplett in die Hose, schon nach dem 11. Spieltag trennte man sich auf Tabellenplatz 17 liegend von dem neuen Trainer und auch Geschäftsführer Sport Armin Veh verließ den Klub.
Das Duo Horst Heldt/Markus Gisdol wurde kurzerhand installiert und plötzlich konnten wieder Siege gefeiert werden. Die Geißböcke kletterten die Tabelle in Windeseile hoch und schnupperten sogar an Platz 7 – dann das Unerwartete.
Die Corona-Krise stoppte die Kölner Aufholjagd, der Rückenwind verflog und plötzlich glichen die Ergebnisse wieder denen des ersten Saisondrittels. Nach dem 25. Spieltag konnte kein einziger Sieg mehr gefeiert werden, am Ende rettete sich der FC auf den 14. Platz und beendete die kuriose Spielzeit mit einem erbärmlichen 1:6 bei Werder Bremen.
Mit wenig Euphorie und etwas Skepsis gehen die Fans in die neue, ebenso außergewöhnliche Saison und werden hoffen, dass der Klub trotz einiger Fragezeichen im Kader an die Leistungen vom Frühjahr anknüpfen kann. Kann das gelingen? ran.de macht den Check vor dem Start.
Das ist neu
Ehrlicherweise nicht viel. Noch nicht. Horst Heldt hat sich trotz der schwachen Restart-Performance dazu entschlossen, mit Markus Gisdol als Trainer weiterzumachen. Der Kader, der zu Beginn des neuen Vertragsjahres viel zu aufgebläht war, muss, unter anderem aus finanziellen Gründen, zuerst ausgedünnt werden bevor Neuzugänge verpflichtet werden können.
Externer Inhalt
Da jedoch auch alle anderen Klubs im Jahr 2020 auf ihr Budget gucken müssen, gelang Heldt das bisher nur durch Leihgaben. Sieben Spieler wurden bereits an andere Vereine verliehen, darunter Marcel Risse an Viktoria Köln.
Drei weitere Spieler wurden ablösefrei abgegeben. So verzeichnet der Verein zwar bereits zehn Abgänge, hat jedoch keinen einzigen Cent eingenommen. Ganz im Gegenteil: Simon Terodde bekam sogar eine Abfindung in Höhe von einer Million Euro ausgezahlt, damit er zum Hamburger SV in die geliebte 2. Liga wechseln kann.
Der einzige Neuzugang, der nicht aus der eigenen Jugend stammt oder von einer Leihe zurückkehrt, ist Weltmeister Ron-Robert Zieler, der ablösefrei verpflichtet wurde und Druck auf Stamm-Torhüter Timo Horn ausüben soll.
Heldts Plan: Den Kader auf eine Wunsch-Größe von 23 bis 26 Spielern zu verkleinern. Ist das geschafft, will er sich Neuzugängen widmen. Zwei Offensiv-Namen werden bereits gehandelt: Paderborns Streli Mamba und U21-Nationalspieler Robin Hack vom 1. FC Nürnberg.
Das macht Mut
Die Jugend. Schon im vergangenen Jahr kamen Noah Katterbach (19), Jan Thielmann (18), Ismail Jakobs (21) und Tim Lemperle (18) aus dem eigenen Nachwuchs zu ihren ersten Bundesliga-Einsätzen und mit Robert Voloder (19), Sava Cestic (19) und Jens Castrop (17) schnuppern die nächsten Rohdiamanten Trainingsluft beim FC.
Auch Innenverteidiger-Entdeckung Sebastiaan Bornauw ist erst 21 und machte mit seinen sechs Toren auch auf der offensiven Seite des Spielfeldes auf sich aufmerksam. Mit ein bisschen mehr Erfahrung auf dem Buckel kehren außerdem Jannes Horn (23) und Salih Özcan (22) von ihren Leih-Ausflügen aus der 2. Liga zurück.
Garniert werden die Talente vom gestandenen Kern des Kaders. Mit Timo Horn im Tor, Kapitän Jonas Hector und Ellyes Skhiri im defensiven Mittelfeld und dem Sturm-Duo Jhon Cordona/ Anthony Modeste befindet sich unumstrittene Bundesliga-Qualität in der Mannschaft, die mit zwei, drei Neuzugängen komplettiert werden muss.
Das bereitet Sorgen
Im Kader hapert es noch in der Innenverteidigung und auf der Zehn. Bornauw hat sich im Abwehrzentrum schnell etabliert, jedoch wird noch ein Nebenmann gesucht. Mit Rafael Czichos, Frederik Sörensen und Jorge Mere stehen zwar drei Spieler im Kader, die bereits Bundesliga-Erfahrung sammeln konnten, allerdings konnte sich noch keiner langfristig festspielen. Auf eine feste Verpflichtung Toni Leistners hat man verzichtet.
Auf der Zehn war im letzten Halbjahr der ausgeliehene Mark Uth gesetzt, der entgegen seines angeblichen Willens wohl nicht mehr von Schalke 04 loszueisen ist. In 15 Spielen lieferte er elf Scorer-Punkte und war vor allem vor der Corona-Pause Dreh-und Angelpunkt der kölschen Offensive.
Die Kaufoption in Höhe von zehn Millionen Euro war für den klammen FC jedoch nicht zu stemmen – und angesichts seiner schwachen Leistungen nach dem Restart fast nicht zu rechtfertigen.
Jetzt baggert Heldt an Nürnbergs Robin Hack, der die Rolle aufgrund seiner Flexibilität im Angriff durchaus ausfüllen könnte. Es scheitert jedoch noch an der Ablöse-Forderung der Franken. Mit dem Spieler soll sich Köln laut dem "Express" schon einig sein.
Elvis Rexhbecaj wäre ebenfalls eine Option für den Platz hinter der Spitze. Die Ausleihe vom VfL Wolfsburg zeigte bereits gute Ansätze, war aber bislang nur ein Rollenspieler von der Bank.
Auch die Vertragssituation von Jhon Cordoba macht Sorgen. Der Kontrakt des Top-Stürmers läuft im kommenden Jahr aus, eine Verlängerung ist schon lange Thema, es steht aber auch ein Wechsel in die Premier League im Raum.
Ein Transfer des Kolumbianers würde zwar Geld in die Kasse spülen, es bliebe aber die Frage, wer den bulligen Kämpfertypen auf dem Platz ersetzen soll.
Darauf kommt es an
Der erste Schritt ist die Kaderplanung. "Es bleibt bei der Vorgabe, den Kader zu reduzieren. So wollen und müssen wir im ersten Schritt agieren. Der erste Schritt ist noch nicht abgeschlossen, aber wenn wir zuschlagen können, schlagen wir auch zu", so Horst Heldt.
Die Mannschaft muss weiter geschmälert und anschließend gezielt verstärkt werden. Robin Hack wäre beispielsweise ein Kandidat für die Startelf, Streli Mamba ein Mann für die Breite, der gut ins aggressive Pressing-System von Markus Gisdol passen könnte.
Dazu braucht es wohl noch einen Innenverteidiger, dem man regelmäßige Auftritte in der Bundesliga zutrauen kann.
Im zweiten Schritt, wenn es auf den Saisonstart zugeht, ist die Mannschaft gefragt. Dass es in beide Richtungen gehen kann, hat man 2019/2020 eindrucksvoll gesehen.
Schaffen es Spieler wie Bornauw, Katterbach, Jakobs, Ehizibue und Rexhbecaj sich weiterzuentwickeln, wird es für die Domstädter wohl eher Richtung Mittelfeld als Abstiegskampf gehen.
Den Beweis, dass Gisdol seine Spieler an diesen Punkt kriegen kann, ist er allerdings noch schuldig. Das Auftreten nach der Corona-Pause, besonders gegen Gegner aus den unteren Tabellenregionen, war teilweise inakzeptabel, die Stagnation im Gegensatz zum starken Frühjahr nicht zu erklären.
Der Schwabe muss jetzt zeigen, dass er mehr ist, als nur ein Feuerwehrmann. Es gilt, die Spieler, die er so mutig in schwierigen Lagen ins kalte Wasser geschmissen hat, zu entwickeln und besser zu machen.
Das sagen die Verantwortlichen
Für Geschäftsführer Horst Heldt sind aktuell "Geduld und Demut" gefragt. "Ich hoffe natürlich jeden Tag auf die dementsprechenden Verstärkungen. Wir arbeiten intensiv daran. Auch wenn heute oder morgen noch nichts veröffentlicht wird: Wir haben vieles vorbereitet, müssen aber auch abwarten", so Heldt am Rande des verlorenen Tests gegen den VfL Wolfsburg.
Vor allem fehle ihm aber "das Festgeldkonto des FC Bayern", das vieles vereinfachen würde. Das wirkt sich auch auf Trainer Markus Gisdol aus, der das Trainingslager in Donaueschingen ohne gewünschte Neuzugänge leiten musste. Dabei präferiert er eigentlich eine kompakte Vorbereitung, die alle Spieler auf ein Level bringt.
"Die Jungs gehen an den Ball und dann legen wir richtig los. Wir brauchen kein Schonprogramm." Gisdol sei kein Fan von langen Vorbereitungen, damit habe er schlechte Erfahrungen gemacht. "Ich mache das gerne kompakt und konsequent mit hartem Training. Ganz klar: Es wird eine harte Zeit für die Jungs."
Hart dürfte es dann auch für Neuen werden, das Programm, wenn überhaupt, kurz vor Saisonstart aufzuholen und sich einzugewöhnen.
So läuft die Saison
Für den 1. FC Köln kann es mal wieder nur um den Klassenerhalt gehen. Ein Abstieg wäre für den finanziell angeschlagenen Klub ein heftiger Schlag. Darüber hinaus gilt es abzuwarten, wie sich der Verein verstärkt und wie der Saisonstart verläuft.
Im Gegensatz zum vergangenen Jahr, ist der Spielplan zu Beginn etwas gnädiger.
Findet die Mannschaft schnell ihren Groove, ist ihr ein Lauf wie im Frühjahr genauso zuzutrauen, wie eine Niederlagen-Serie, sollten die jungen Spieler schnell mit schlechten Ergebnissen in der Medienstadt Köln konfrontiert werden. Ein Blick ins gesicherte Tabellen-Mittelfeld wäre zwar wünschenswert, ob der vielen Fragezeichen im Verein allerdings noch zu früh.
Es könnte erneut auf eine Achterbahnfahrt hinauslaufen. Ob der Verein allerdings ein weiteres Mal zwei gefühlte Abstiege überlebt, ist dann eine Frage der Konkurrenz im Tabellenkeller.
Tim Althoff
Infos zum 1. FC Köln
Voraussichtliche Aufstellung: Horn - Ehizibue, Bornauw, Czichos, Katterbach - Skhiri, Hector, Kainz, Rexhbecaj, Jakobs - Cordoba
Du willst die wichtigsten Fußball-News, Videos und Daten direkt auf Deinem Smartphone? Dann hole Dir die neue ran-App mit Push-Nachrichten für die wichtigsten News Deiner Lieblings-Sportart. Erhältlich im App-Store für Apple und Android.