Bundesliga
FC Bayern München – Kommentar: Joshua Kimmich als Rechtsverteidiger? Da droht Ärger
- Aktualisiert: 08.01.2024
- 15:08 Uhr
- Justin Kraft
Weil Konrad Laimer und Noussair Mazraoui nicht zur Verfügung standen, gab es beim FC Bayern München ein Revival: Joshua Kimmich musste gegen den FC Basel als Rechtsverteidiger ran. Eine Übergangslösung, welche funktionieren, den Abschied des Führungsspielers aber auch forcieren könnte. Ein Kommentar.
In der ersten Halbzeit des Testspiels zwischen dem FC Basel und dem FC Bayern München (1:1) gab es eine Szene, die Thomas Tuchel zum Nachdenken bringen sollte: Joshua Kimmich, seit einiger Zeit mal wieder als Rechtsverteidiger eingesetzt, wird vom 19-jährigen Anton Kade einfach so überlaufen.
Zwar entsteht aus der Szene nicht mal ein Abschluss, doch die Leichtigkeit, mit der der Teenager an der routinierten Nummer 6 des FC Bayern vorbeizieht, ist bemerkenswert.
Neu ist diese Problematik nicht. Schon beim WM-Debakel 2018 wirkte Kimmich mit den Defensivaufgaben dieser Rolle überfordert. Sein Stellungsspiel und sein Tempodefizit auf der einen Seite und die nachvollziehbaren Anweisungen, dass er andererseits seine Stärken in der Offensive ausspielen soll, führten mehrfach dazu, dass er defensiv nicht mehr eingreifen konnte.
Kimmichs Hochzeit als Rechtsverteidiger begann in seinen ersten Bayern-Jahren. Zahlreiche Torbeteiligungen und passgenaue Flanken ließen das Publikum über einen potenziellen Ersatz für Philipp Lahm staunen.
Doch es dauerte nicht lange, bis man beim DFB und auch bei den Münchnern feststellte, dass Kimmich nicht der Rechtsverteidiger ist, zu dem er gemacht wurde.
Nun soll er diese Position wieder bekleiden – und das könnte viel Ärger zur Folge haben.
Das Wichtigste in Kürze
FC Bayern und DFB-Team: Kimmich als beste RV-Lösung?
Vielleicht ist er die beste Option, die die Bayern und auch das DFB-Team aktuell haben. Vielleicht ist er der bestmögliche Kompromiss.
Zumindest bei der Nationalmannschaft gibt es Alternativen im Mittelfeldzentrum, nicht aber auf der Rechtsverteidiger-Position. Mit Blick auf die EM 2024 würde es Julian Nagelsmann wohl freuen, wenn er Kimmich auch bei den Bayern häufiger wieder auf dieser Position begutachten kann.
Beim Rekordmeister wiederum ist man auf der Suche nach einem neuen Sechser. Joao Palhinha galt als Wunschlösung.
Denn auch im Zentrum ist Kimmich defensiv nicht immer sattelfest. Stellungsspiel und Zweikampfverhalten machen ihm hier ebenfalls Probleme, wenngleich sein Tempodefizit deutlich weniger auffällt.
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Kimmich zählt bei vertikeln Pässen zur Spitze
Anders als beim DFB gibt es beim FC Bayern allerdings nicht so viele Spieler, die die Qualitäten mitbringen, die Kimmich im Ballvortrag hat. Im Jahr 2023 gab es in den Top-5-Ligen nur sehr wenige Mittelfeldspieler, die mehr Pässe mit vertikalem Raumgewinn von rund zehn Metern in den vorderen 60 Prozent des Spielfelds spielten.
Toni Kroos ist laut "FBref" nach wie vor Meister dieser Kategorie, kam auf 10,9 solcher Zuspiele pro 90 Minuten. Kimmich zählt mit 9,47 zu den besten zwei Prozent.
In Deutschland kassiert er bei jedem Fehlpass, bei jeder missglückten Aktion, vor allem aber bei jeder nicht angekommenen Ecke unverhältnismäßig viel Kritik. Es mag stimmen, dass er im Jahr 2023 nicht die beste Form seines Lebens hatte. Allerdings ist es umso beeindruckender, dass er auf vielen Ebenen immer noch zu den besten tiefen Spielgestaltern der Welt zählte.
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FC Bayern München: Es droht Kimmich-Ärger
Auf diese Qualität kann der FC Bayern im Mittelfeld nicht verzichten. Letztendlich sollte es darum gehen, Kimmich den richtigen Partner an die Seite zu stellen. Goretzka war und ist das nicht. Palhinha könnte es mit seinen Defensivqualitäten sein.
Gleichzeitig müssen auch die Bayern gucken, wie sie die Wochen überbrücken, in denen Mazraoui beim Afrika Cup ist. Kommt Laimer wieder in Form und bleibt er fit, gäbe es eine Lösung. Fällt er allerdings wie aktuell aus, ist Kimmich die beste Wahl.
Die Transferaktivitäten der Münchner deuten darauf hin, dass eher ein Innenverteidiger und ein Sechser kommen sollen. Auch hier ist also kein Neuzugang zu erwarten, der viel an der Kimmich-Situation ändert.
Doch die Bayern haben ein weiteres Problem: Kimmichs Vertrag läuft 2025 aus. Immer wieder wird er von großen Klubs wie dem FC Barcelona umworben, auch Ex-Trainer Pep Guardiola wurde in der Vergangenheit mit ins Spiel gebracht.
Die Kritik, die ihm im Deutschland entgegenschlägt, könnte eine Entscheidung gegen den FC Bayern befeuern. Eine Degradierung auf die Rechtsverteidiger-Position, die über Notnagel-Einsätze hinausgeht, ebenfalls. Wenngleich Tuchel Letzteres im Gespräch mit "DAZN" entschärft hat. "Wir hoffen, dass Konni zurückkommt", erklärte der Trainer mit Blick auf die kommenden Wochen. Kimmich sei allerdings die einzige verfügbare Option gewesen. Und das könnte noch häufiger passieren. Dann droht Kimmich-Ärger.
Kimmich kann rechts hinten sein Potenzial nicht ausschöpfen
Kimmich weiß um seine Schwächen und er weiß auch darum, dass er dem Spiel im Zentrum mehr geben kann. Manche sagen, er wäre stur und egoistisch, weil er ungern auf dem Flügel spielt. Andererseits ist es nur konsequent, dass jemand sein Potenzial gern voll ausschöpfen würde. Das kann Kimmich rechts nicht.
Zuletzt, so ehrlich muss man bei aller Argumentation für ihn im Mittelfeld sein, gelang ihm das häufig auch im Zentrum nicht. Und doch ist er auf einer sehr wichtigen Position der beste Mann, den die Bayern haben. Und immer noch deutlich besser als alle, die verfügbar wären. Eine Lösung, bei der Kimmich von einer defensiven Absicherung profitiert, wäre für den FCB verlockender.
Es könnte ein interessantes Halbjahr in dieser Causa werden, die nun Fahrt aufnimmt. Vielleicht eines, das ihn auf einen ähnlichen Weg bringt wie einst Kroos.