Champions League
FC Bayern München: Thomas Tuchel mit Endspiel in der Champions League gegen Lazio Rom
- Aktualisiert: 05.03.2024
- 08:58 Uhr
- Martin Volkmar
Nachdem späten Punktverlust in Freiburg ist der Frust einmal mehr groß beim FC Bayern. Gegen Lazio Rom steht die komplette Saison auf dem Spiel – und vermutlich auch der Job von Thomas Tuchel.
Aus Freiburg berichtet Martin Volkmar
Nur schnell weg.
Fast schon fluchtartig verließen die Münchner die Stätte des nächsten Rückschlags. Kurz vor Schluss hatte Freiburgs Lucas Höler (87.) den Bayern mit seinem Treffer zum 2:2-Endstand den schon sicher geglaubten Sieg in Folge geraubt und für einen heftigen Stimmungskiller vor dem extrem wichtigen Champions-League-Duell am Dienstag gegen Lazio Rom (21 Uhr im Liveticker auf ran.de) gesorgt.
Danach verweigerten sämtliche FCB-Profis mit Verweis auf den drängenden Rückflug nach München den wartenden Journalisten die Auskunft, nur Jamal Musiala und Eric Dier sprachen kurz im TV.
Thomas Tuchel kam dagegen gezwungenermaßen seinen Verpflichtungen nach, war aber sehr kurz angebunden und deutlich genervt von dem nicht mehr erwarteten Verlust von zwei Punkten, durch den Bayer Leverkusen seinen Vorsprung an der Tabellenspitze am Sonntag sogar auf zehn Zähler ausbauen kann.
Die Gründe dafür lagen neben der kollektiven Unaufmerksamkeit beim späten Ausgleich vor allem an der Schlafmützigkeit in der ersten halben Stunde, als die zuletzt schwächelnden Gastgeber den Rekordmeister herspielten und auch höher hätten führen können als durch das 1:0 von Christian Günter (12.).
Das Wichtigste in Kürze
Tuchel über Bayern: "Teilweise Harakiri"
"Es war teilweise Harakiri. Dafür gibt es keine Erklärung aus meiner Sicht. Wir konnten froh sein, dass es nur 0:1 stand", zeigte sich Tuchel einmal mehr völlig ratlos. Und der Trainer ging zum wiederholten Mal in der bisher so enttäuschenden Rückrunde hart mit seiner Mannschaft ins Gericht.
"Wir haben komplett ohne Struktur gespielt, waren viel zu undiszipliniert und überhaupt nicht in unseren Positionen", schimpfte er: "Wir haben Dinge gemacht, die haben wir noch nie trainiert, über die haben wir noch nie gesprochen. Wir haben sehr, sehr früh so gespielt, als wäre es die 85. Minute und wir wären 0:1 zurück. Es lag nicht am Willen oder dem Aufwand - wir haben die erste halbe Stunde kopflos gespielt."
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Bayern: Große Kluft zwischen Tuchel und Mannschaft
Worte, die bei seinen ohnehin spürbar verunsicherten Spielern vermutlich einmal mehr zeigten, wie groß die Kluft mittlerweile zwischen ihnen und ihrem spätestens im Sommer scheidenden Chefcoach geworden ist.
Was auch an Tuchels für alle sichtbarem nonverbalen Auftreten am Spielfeldrand liegt, vom permanenten Kopfschütteln bis zum verzweifelten Abwinken.
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Tuchel: Scharfe Kritik von Hummels
Entsprechend scharf fiel die Kritik von DAZN-Experte Jonas Hummels aus.
"Wenn ich ganz böse wäre, sage ich, er wirkt ein bisschen planlos", meinte der Ex-Profi am Spielfeldrand: "Warum tun sie sich in so einem Spiel so schwer, die Struktur selbst hinzukriegen? Warum muss man bis zur Halbzeit warten, um eine Dreierkette zu bilden. Die Körpersprache: Er bleibt bei den Toren sitzen. Alle jubeln, er bleibt sitzen. Mir persönlich gefällt es nicht. Es ist die richtige Entscheidung gewesen, sich zum Saisonende zu trennen."
Eine Analyse, die inzwischen auch die Vereinsbosse teilen. Nach wie vor will man bis zum Sommer an Tuchel festhalten, vor allem, weil es weder im Verein noch außerhalb sofort verfügbare Alternativen gibt, mit denen ein Turnaround garantiert wäre.
Eberl zum Tuchel-Nachfolger: "Weniger Suche, mehr Abklären"
Tuchel-Verbleib bei Aus gegen Lazio höchst fraglich
Gleichwohl kann sich das nach dem Achtelfinal-Rückspiel gegen Lazio Rom am Dienstag ändern, denn nach dem frühen Aus im DFB-Pokal und dem wahrscheinlichen Verlust der Meisterschaft würde ein K.o. gegen den Außenseiter aus Italien sämtliche Treueschwüre über den Haufen werfen.
"Darüber brauchen wir heute Abend nicht sprechen", sagte Sportdirektor Christoph Freund über die Chancen auf die Titelverteidigung: "Wir müssen schauen, dass wir mehr Konstanz reinbringen."
Zumal man Ansicht von Max Eberl auch gegen Rom nach dem 0:1 im Hinspiel "in der Verfolgerrolle" sei: "Wir wollen weiterkommen. Darauf liegt der ganze Fokus. Alles andere steht hinten an."
Gelingt das nicht, sind die Verantwortlichen danach aber wohl zum Handeln gezwungen. Denn sonst müssten sie sich bei einem Festhalten an Tuchel vorhalten lassen, die Saison komplett abzuschenken.
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Tel, Musiala, Kimmich: Tuchel macht sich angreifbar
Auch weil sich der Trainer nicht nur mit seinem Auftreten und seinem In-Game-Coaching angreifbar macht. In Freiburg stellte er den starken Torschützen Mathys Tel (35.) erstmals überhaupt in der Bundesliga in die Startelf, was er schon viel früher hätte machen müssen.
Gleichzeitig nahm er zehn Minuten vor Schluss in Jamal Musiala, dem Torschützen zum 2:1 (75.), den besten Bayern-Profi vom Platz - wodurch Entlastung fehlte und Freiburg nochmal spürbar aufkam.
Derweil zeigte der offenbar vollkommen verunsicherte Joshua Kimmich auf der ungeliebten Rechtsverteidiger-Position eine unterirdische Leistung, worauf Tuchel erst nach über einer Stunde mit der Auswechslung reagierte.
Tuchel: Geschönte Analyse und Zweckoptimismus
Und schließlich machte es sich der Coach auch in seiner Analyse nicht zum ersten Mal recht einfach, als er die Gründe für den verpassten Sieg analysierte: "Das wir nicht gewinnen liegt an einem Glückstor nach einer Standardsituation, die wir auch besser verteidigen können. Ansonsten haben wir die zweite Halbzeit komplett dominiert."
In dieses Bild passte sein etwas aufgesetzt wirkender Optimismus mit Blick auf die Partie gegen Lazio. "Das Auf und Ab begleitet uns schon sehr lange. Deshalb ist eine Topleistung von uns am Dienstag nicht ausgeschlossen. Und wir werden eine brauchen. Wir werden positiv pushen - dann müssen wir liefern."
Wobei das Wort "positiv" in Verbindung mit Tuchel gerade nicht wirklich passend wirkt.