Champions League
FC Bayern München: Kim und Upamecano leiden im Kompany-System
- Aktualisiert: 11.12.2024
- 15:45 Uhr
- Andreas Reiners
Der 5:1-Sieg des FC Bayern München gegen Schachtar Donezk war souverän, zu hoch hängen sollte man ihn aber auch nicht. Der Abend lieferte aber einige Erkenntnisse.
Aus Gelsenkirchen berichtet Andreas Reiners
Vincent Kompany kann die Frage wahrscheinlich nicht mehr hören. Ziemlich sicher sogar.
"Wo geht die Reise hin in dieser Saison?" wurde der Trainer des FC Bayern nach dem 5:1 gegen Schachtar Donezk bei "Amazon Prime Video" gefragt. Mit dem am Ende sehr souveränen Sieg haben sich die Bayern am sechsten Spieltag der Champions League in Reichweite der Top acht gespielt – mehr aber auch erst einmal nicht.
Für mutige Kampfansagen oder Titelausrufe war dieser Dienstagabend in Gelsenkirchen nach dem deutlichen Erfolg gegen einen aber auch deutlich unterlegenen Gegner denkbar ungeeignet.
Kompany blieb diplomatisch, entgegnete clever: "Wir beim FC Bayern sagen: Die Fans dürfen träumen."
Das Wichtigste in Kürze
Die Anhänger wissen die Situation inmitten der Ligaphase sowieso realistisch einzuschätzen, und auch sonst wird Kompany diese Aussage nicht auf die Füße fallen.
Doch selbst wenn der Sieg nicht nachdrücklich gezeigt hat, wo die Reise hingeht, hat das Spiel wichtige Erkenntnisse geliefert. ran nennt sie.
Offensiv geht es auch ohne Kane
Die Bayern waren personell angeschlagen, außerdem fehlte ganz vorne Top-Torjäger Harry Kane – trotzdem zeigten die Münchner eine der besten Offensivleistungen ohne ihren Superstar.
Was zum einen an Jamal Musiala lag, der sowieso seit Wochen in Topform ist, die generischen Abwehrreihen vor unlösbare Probleme stellt und zudem selbst trifft. Aber auch an Thomas Müller, der zu einigen schönen Spielzügen beitrug und ebenfalls ein Tor erzielte.
Aber auch an Michael Olise, der sich die Auszeichung "Man of the Match" redlich verdiente, zwei Treffer erzielte und hier und da sehenswert mit Musiala zauberte. Es geht also durchaus auch ohne Kane. "Es war sehr schön. Wir sind nicht so gut gestartet und haben ein Tor kassiert. Aber wir haben den Kopf nicht hängen lassen und weiter gemacht. Und dann kann jeder ein bisschen Spaß haben", sagte Musiala.
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Ein Problem bleibt jedoch Leroy Sane. Bei ihm geht es auch um seine Zukunft, sein Vertrag läuft im kommenden Sommer aus. In der aktuellen Form ist es aber fraglich, ob die Bayern ihn überhaupt halten wollen. Vor allem zu den aktuellen Konditionen, immerhin gehört er mit einem kolportierten Gehalt von 20 Millionen Euro pro Saison zu den Topverdienern.
Doch konstant ist bei ihm weiterhin nur die unglaubliche Unbeständigkeit. Gegen Donezk zeigte er zwar mal wieder in Ansätzen, wie wichtig er sein kann. Ein nachhaltiges Ausrufezeichen wie seine Nebenleute setzte er aber nicht, sondern traf in einigen aussichtsreichen Situationen vielmehr nicht die richtigen Entscheidungen. Haben die Bayern weiter Lust auf diese Leistungsschwankungen?
FC Bayern ohne Pavlovic und Palhinha: Löchriges Mittelfeld
Joshua Kimmich hatte gegen defensiv eingestellte Ukrainer alle Freiheiten, um in der Schaltzentrale zu walten, wie er wollte. Das tat er über weite Strecken auch sehr ordentlich. Leon Goretzka neben ihm fiel da schon deutlich ab.
Der FC Bayern war im Mittelfeld zeitweise sehr löchrig, was Schachtar zu gefährlichen Kontern verhalf. Die Spielkontrolle hatte der FC Bayern zwar, wirklich zwingend wurde es aber vor allem erst hinten heraus.
Kompany fand das Spiel seiner Mannschaft "stabil. Wir waren dominant und hatten viele Möglichkeiten, aber in dem einen oder anderen Moment müssen wir immer besser werden als Mannschaft. Ich will einfach meiner Mannschaft sagen, dass es immer besser geht, aber dennoch haben wir viel gezeigt, wo ich sage, dass wir weitermachen können".
Die gute Nachricht: Aleksandar Pavlovic, dessen Fähigkeiten als Strippenzieher neben Kimmich schmerzlich vermisst werden, steht vor seinem Comeback. Gegen Donezk stand er im Kader, blieb aber auf der Bank, da seine Dienste nicht gebraucht wurden. Noch nicht.
Denn ein löchriges Mittelfeld führt automatisch zu einem weiteren Problem.
Kim und Upamecano haben den härtesten Job im Kompany-System
Das sah man sehr deutlich an Dayot Upamecano, der sich immer mal wieder lautstark beschwerte, dabei gestikulierte. Seine Verärgerung war nachvollziehbar: Die Löcher, die sich gegen offensiv eigentlich harmlose Ukrainer im Mittelfeld der Bayern auftaten, waren teilweise haarsträubend.
So wurden Konter ermöglicht, die bei besserer Chancenverwertung der Gastgeber das Spiel unnötig hätten verkomplizieren können.
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Was in der Form gegen einen stärkeren Gegner definitiv der Fall sein wird. Upamecano bügelte einige Patzer der Vorderleute aus, machte seine Sache gut (ran-Note: 2).
Anders Kim. Der Südkoreaner unterstrich, wie gefährlich es sein kann, wenn man im risikoreichen Kompany-System auf eine fehlerfreie Darbietung des Innenverteidiger-Duos setzen muss. Was zeigt, dass die Bayern im Moment auch zu sehr davon abhängig sind, dass beide tatsächlich ohne Patzer abliefern.
Kim erwischte einen gebrauchten Abend (ran-Note: 4), weil er im Grunde selten eingreifen musste, dann aber entweder zu zaghaft oder zu fehlerhaft war.
Torhüter-Position kann ein Problem werden
Daniel Peretz hat nichts falsch gemacht, trotzdem war es irgendwie ein unbefriedigender Abend für ihn. Denn gegen offensiv harmlose Ukrainer hatte der israelische Nationaltorhüter kaum Gelegenheiten, sich wirklich auszuzeichnen.
Nach fünf Minuten war er beim 0:1 chancenlos, in der Schlussphase rettete er dafür stark gegen Pedrinho, als er schnell abtauchte und den Schuss um den Pfosten lenkte.
Viel mehr musste er nicht machen. Zwei weitere Spiele bekommt er noch, da Manuel Neuer mindestens noch bis Jahresende ausfällt. Auch Sven Ulreich fehlt aus persönlichen Gründen weiterhin. Für die Bayern erst einmal kein Problem.
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Peretz sei ein "herausragender Vertreter" der Nummer eins, betonte Sportvortand Max Eberl vor dem Spiel bei "Amazon Prime Video". Auch Konrad Laimer hatte in der Mixed Zone nach der Partie nur lobende Worte für den Keeper: "Das war sehr souverän. Er ist ein sehr guter Torwart und ein guter Typ. Er beweist das immer wieder."
Trotz allem ist die Torwart-Situation bei den Bayern knifflig, denn gegen Donezk standen als Ersatz die Youngster Max Schmitt (18) und Leon Klanac (17) im Kader. Würde sich Peretz verletzten, könnten die Bayern schnell ein Problem bekommen.
Doch trotz der potenziellen Unsicherheit will der Rekordmeister im Winter nichts auf dem Transfermarkt machen. Vor dem Spiel hatte die "Bild" berichtet, die Bayern würden über die Verpflichtung eines weiteren Torhüters nachdenken.
"Wir haben gar keine Sorge", versicherte Eberl: "Außerdem wird Manu zurückkommen. Klar ist eine Rippe bei einem Torwart doof, aber Manu ist noch immer einer der besten Torhüter der Welt." Wenn er denn fit ist.