FC Schalke 04
FC Schalke 04 - Ben Manga: Ein Koch ohne Rezept
- Aktualisiert: 02.11.2024
- 11:58 Uhr
- Mike Stiefelhagen
Viele Worte, wenig Malocher. Auf Schalke sucht der tiefe Fall den Boden. S04-Boss Ben Manga nutzt für die Richtung den Autopiloten. Eine kommentierende Analyse zum königsblauen Absturz.
"Lasst Manga kochen", "Ben Manga kocht", "Der kluge Ben Manga kocht uns was Feines" - Kommentare dieser Art fluteten das Netz seit der Amtsübernahme des Kaderplaners, dessen Ankunft beim FC Schalke 04 fast so gefeiert wurde, als hätte der Leibhaftige die Geschicke in Gelsenkirchen übernommen.
Die "Koch"-Metapher soll im jungen, hippen Fußball-Jargon Zeugnis einer cleveren Führung und Transferstrategie sein.
Doch zieht man bei Ben Manga nun ein halbes Jahr später Bilanz, muss man feststellen: wenn der Schalke-Boss ein Koch ist, dann hat er trotz vieler Zutaten kein Rezept.
Oder zumindest eines, das keinem schmeckt.
Auch im DFB-Pokal nicht. Mit dem Aus beim Bundesligisten FC Augsburg am Dienstag war zwar zu rechnen, die Situation wird dadurch aber nicht angenehmer. Zumindest die kämpferische Einstellung stimmte, Schalke hielt wacker dagegen.
Doch das Problem liegt ja viel tiefer.
Das Wichtigste in Kürze
Schalke 04: Der Manga-Weg
Ein kurzer Rückblick: Ex-Trainer Karel Geraerts rettete den Verein im Mai noch vor dem Abstieg in die 3. Liga.
Zur neuen Saison legte Vorstandsvorsitzender Matthias Tillmann (selbst erst seit 01.01.2024 im Amt) den Verein nach langem Ringen in Mangas Hände. Schalke-Fans brachen in Jubelstürme aus, obwohl dieser mehr als Scout (Eintracht Frankfurt) denn als echter Manager eines Vereins (FC Watford) Erfolge feiern durfte.
Schalke erlebte traditionell den nächsten Umbruch. Viele vertraute Gesichter, teils Fan-Lieblinge wie Mike Büskens oder Gerald Asamoah wurden abgesägt.
Säulen wie Marius Müller und Keke Topp verließen den Verein, Manga habe ihnen ein Angebot vorgelegt, "bei dem man sich verarscht gefühlt hat". Das zumindest sagte Topp bei "Sky".
Manga jedoch benötigte für seine neue Vision des S04 Geld. Der Kader sollte verjüngt werden, es sollte perspektivisch gearbeitet werden. Tillmann und Manga sprachen vor der Saison häufig zu den Fans, in diversen Videos oder beim Schalke-Tag.
Es wurde "Vertrauen" und "Geduld" eingefordert. Nur "Gemeinsam schafft man diesen Weg". 16 Spieler verließen den Verein, mit neu integrierten Jugendspielern bekamen die Profis 26 (!) neue Spieler. Der Koch besorgte sich viele Zutaten.
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Schalke 04 versinkt im Machtkampf
Bei den Verhandlungen war der eigentliche Sportdirektor Marc Wilmots wohl mehr eine Randfigur. Manga installierte im gesamten Verein seine eigene Gefolgschaft. Außer auf der Trainerposition. Es wäre schwierig gewesen, im Sommer den Helden der Vorsaison zu entlassen, der sich selbst lange offen gehalten hatte, ob er auf Schalke bleiben will.
Vielleicht ahnte Geraerts damals schon, dass sich der Wind auf Schalke drehen würde.
Es entbrannte ein Machtkampf: Manga und Tillmann gegen Wilmots und Geraerts. Statt für den Verein zusammenzuarbeiten, "Gemeinsam" den Neuanfang zu wagen, wirkte es oft wie ein "Gegeneinander".
Geraerts stellte lieber Justin Heekeren ins Tor, als Manga-Neuzugang Ron-Thorben Hoffmann. Lieber gab man Tobias Mohr und Ibrahima Cisse den Vorzug, als auf Manga-Talente Felipe Sanchez oder Anton Donkor zu setzen. Moussa Sylla war mit Adrian Gantenbein trotz des Mega-Umbruchs die einzige Veränderung in der ersten Elf.
Nach teils guten Spielen mit bitterem Ausgang, wahlweise verursacht durch krasse individuelle Fehler vor Gegentoren oder haarsträubenden Schiedsrichter-Entscheidungen (Nürnberg), stand Schalke mit einer der besten Offensiven der Liga und der schwächsten Defensive unter Geraerts im Tabellenkeller.
Manga war unzufrieden. Doch anstatt die sportliche Talfahrt intern mit dem Trainer aufzuarbeiten, wählte der "Koch" ein Interview mit der "Bild", um Geraerts zwischen den Zeilen für dessen Aufstellungen zu kritisieren. Nur um dann für mehrere Tage in den Urlaub zu fahren, sodass Geraerts das intern nicht aufarbeiten konnte. Unruhe aus den eigenen Reihen, statt "Geduld" und "Vertrauen".
Dabei erläuterte Manga, das Spieler wie Sanchez in Argentinien gegen Boca Juniors und River Plate im jungen Alter performten und daher auch sofort gegen Magdeburg, Darmstadt und Co. einsetzbar wären. Den kulturellen Unterschied, die Sprache, die Spielweise ignorierte der "kluge Ben Manga" dabei.
Eben jener von Manga so hoch gelobte Sanchez war übrigens bei der jüngsten königsblauen Schreckens-Darbietung gegen Fürth an drei von vier Gegentoren beteiligt und flog nach 47 Minuten vom Platz.
Große Worte, wenig Maloche
Nach einem desolaten 3:5 gegen Darmstadt entließ Schalke am 6. Spieltag Geraerts, welcher öffentlich nie gegen Manga schoss. Sein Befürworter Marc Wilmots musste ebenfalls gehen, beiden stehen hohe Abfindungen zu. Schalkes Nettofinanzverbindlichkeiten liegen aktuell ja "nur" bei 114 Millionen Euro.
16 Abgänge, 26 neue Spieler - es wurden "Vertrauen" und "Geduld" gepredigt, nur damit nach sechs Spielen die radikale Reißleine gezogen wird. U23-Coach Jakob Fimpel übernahm nach dem Geraerts-Aus interimistisch, holte aus zwei Spielen vier Punkte, durfte aber nicht länger coachen, da die Lizenz fehlt.
Manga scoutete seinen neuen, seinen eigenen Trainer. Er kochte. Und wählte die Zutat "Kees van Wonderen". Ein defensiv-denkender Niederländer, der hierzulande unbekannt ist, im eigenen Land für destruktiven Fußball steht.
Manga wollte offenbar "Atletico Madrid-Fußball" spielen lassen. Nur eben mit Tomas Kalas, Ron Schallenberg und Paul Seguin, statt mit Jose Maria Gimenez, Koke und Rodrigo de Paul.
Der neue Coach wirkt von Beginn an etwas blass. Nicht wie ein Diego Simeone. Schalke muss nun wieder ein neues System lernen, soll taktisch defensiver stehen. Die ersten Ergebnisse gegen Hannover (0:1) und Fürth (3:4) lassen Böses erahnen. Gegen Fürth stellten die frustrierten Fans den Support ein, verließen kurz nach der Halbzeit die Arena. Van Wonderen bekräftigte, er könne nicht zaubern, sei "kein Harry Potter".
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Ben Manga bei Schalke 04: Ein Koch, aber kein Restaurantleiter
Manga hingegen nahm vor dem Pokalspiel in Augsburg die Mannschaft in die Pflicht und soll in einer lautstarken Kabinenansprache getobt haben.
Die Wirkung? Ein Stück weit verpufft, zumindest ergebnistechnisch.
Dabei echauffierte er sich angeblich, es fehlten "die Arturo Vidals", die "Anführer". Es waren wieder große Worte des Kochs. Jedoch war er es, der den Kader zusammenstellte, dem es ach so plötzlich an "Vidals" fehle. Es ist nur bezeichnend, wenn mit Max Grüger (19) und Taylan Bulut (18) die besten Spieler aus der eigenen Knappenschmiede stammen.
"Vielleicht haben wir den einen oder anderen Spieler überschätzt", soll Manga weiter gesagt haben. Ein Satz, der vielleicht auch auf ihn selbst passt.
Schalke setzte alles auf die Karte Manga und steht jetzt an einem kaum für möglich gehaltenen Tiefpunkt. Es droht der Absturz in die 3. Liga. Auf Schalke unter Manga wird viel gesprochen, aber wenig malocht. S04 ist die laufschwächste Mannschaft der Liga, lief gegen Fürth allein in der ersten Halbzeit drei Kilometer weniger als der Gegner.
Statt Leistung zu liefern, geht Schalke den Schritt zur Fördergenossenschaft. Es liegt wieder an den Fans und deren Geld, um den Verein vor dem totalen Kollaps zu retten. Man soll Anteile kaufen, damit Manga weiter kreativ arbeiten kann.
Aber um auf Schalke einen kreativen Manga zu finden, müsste man wohl aktuell eher in den Comic-Laden gehen.
Vielleicht ist Ben Manga noch immer ein Koch, aber bestimmt kein Restaurant-Leiter. Denn den Fans ist der Appetit endgültig vergangen.
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