Wettskandal und mehr
Felix Zwayer: Warum ist der Schiedsrichter bei England vs. Niederlande so kontrovers?
- Aktualisiert: 11.07.2024
- 11:02 Uhr
- Chris Lugert
Kaum ein deutscher Schiedsrichter polarisiert so stark wie Felix Zwayer. Ein Blick auf die Karriere des Immobilienkaufmannes aus Berlin.
Von Chris Lugert
Wenn Fußballfans in Deutschland den Namen Felix Zwayer hören, bleiben teils harsche Emotionen oft nicht aus.
Der Schiedsrichter, der auch bei der laufenden EM im Einsatz ist und dort sogar das Halbfinale zwischen den Niederlanden und England pfeifen darf, ist für viele Fans ein rotes Tuch, fast schon ein Hassobjekt.
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Obwohl der inzwischen 43-Jährige seit Jahren auf internationaler Bühne pfeift, sieht er sich immer wieder Anfeindungen und Kritik ausgesetzt. Aber woher kommt diese teils extreme Abneigung?
Um das zu verstehen, muss man einige Jahre zurückgehen. Zu einem der schlimmsten Manipulationsskandale in der deutschen Fußballgeschichte, an dem auch Zwayer nicht unbeteiligt war.
ran wirft einen Blick auf die Laufbahn von Felix Zwayer und seine größten Kontroversen.
Felix Zwayer: Die wichtigsten Stationen seiner Karriere
Felix Zwayer wurde 1981 in West-Berlin geboren und ist seit seiner Jugend als Schiedsrichter tätig.
"Mich hat ein Schiedsrichter in der Jugend fasziniert. Als dann letztendlich mein eigener Bruder Schiedsrichter wurde, wollte ich das auch. Als 13-Jähriger schrieb ich in Eigeninitiative an den Verband an und so wurde ich Schiedsrichter", berichtete Zwayer in einem Format auf "YouTube".
Hauptberuflich ist Zwayer als Immobilienkaufmann tätig, sein Heimatverein ist der SC Charlottenburg. Seit 2004 wird er auf DFB-Ebene eingesetzt.
In der Saison 2007/08 wurde Zwayer im Alter von 26 Jahren einer der Hauptschiedsrichter für die 2. Bundesliga, zwei Jahre später folgte der Aufstieg zum Bundesliga-Referee. Sein Debüt im Oberhaus feierte er am 15. August 2009.
Seit 2012 gehört Zwayer zum Kreis der FIFA-Schiedsrichter. Die EM 2024 ist sein erstes Turnier im Seniorenbereich, das er als Hauptschiedsrichter begleiten darf. Zuvor sammelte er im Europapokal und bei Länderspielen aber schon viel internationale Erfahrung.
Felix Zwayer und der Wettskandal um Robert Hoyzer
Ein einschneidendes Erlebnis in seiner damals noch jungen Karriere war der Wettskandal um Robert Hoyzer, der 2005 ans Licht kam. Hoyzer hatte mehrfach Spiele der 2. Liga, der damals drittklassigen Regionalliga und im DFB-Pokal verschoben. Zwayer war in dieser Zeit Hoyzers Assistent.
Zwar war Zwayer einer der Schiedsrichter, die maßgeblich zur Aufdeckung des Skandals beitrugen. Doch auch er sah sich unschöner Anschuldigungen ausgesetzt. Das DFB-Sportgericht sperrte ihn für sechs Monate, weil er die Manipulation von Hoyzer über einen längeren Zeitraum nicht gemeldet hatte und sogar selbst Bestechungsgeld angenommen haben soll.
Laut offiziellem Urteil des DFB habe Zwayer vor einem Spiel zwischen dem Wuppertaler SV und den Amateuren von Werder Bremen 300 Euro von Hoyzer erhalten, um "als Schiedsrichter-Assistent kritische Situationen für den Wuppertaler SV zu vermeiden". Tatsächliche Manipulation konnte Zwayer aber nie nachgewiesen werden.
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Zwayer selbst bestritt zudem, jemals Geld von Hoyzer angenommen zu haben. "Mir wurde niemals Geld angeboten. Mir wurde niemals offenkundig berichtet von einer beabsichtigten oder durchgeführten Spielmanipulation. Ich habe von Robert niemals Geld für irgendeine Beteiligung an irgendeiner Manipulation eines Spiels erhalten", sagte er Anfang 2022 bei "Sky".
Bis heute haftet dieses Kapitel wie ein dunkler Fleck an seiner Karriere, wohl auch deshalb, weil der DFB erst 2014 öffentlich machte, dass auch Zwayer damals bestraft wurde. In der Zwischenzeit hatte sich der Berliner längst auf die große Bühne gebracht.
Felix Zwayer und die Fehde mit Jude Bellingham
Noch einmal prägend an die Öffentlichkeit kam Zwayers Verstrickung in den Wettskandal infolge des Bundesliga-Topspiels zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München im Dezember 2021, das Zwayer leitete.
Zwayer traf in diesem Spiel zwei wichtige Entscheidungen, beide gegen den BVB. Während er den Dortmundern nach einem vermeintlichen Foul an Marco Reus einen Elfmeter verweigerte, gab er auf der Gegenseite nach Handspiel von Mats Hummels sofort Strafstoß. Die Dortmunder verloren die Partie und kochten vor Wut - vor allem der damals 18-jährige Jude Bellingham.
"Man gibt einem Schiedsrichter, der schon mal Spiele verschoben hat, das größte Spiel in Deutschland. Was erwartest du?" Diese Worte posaunte der Engländer damals im Interview mit "Viaplay" hinaus. Zwayer reagierte ungehalten und bezeichnete die Aussagen als "verunglimpfend und respektlos", Bellingham musste 40.000 Euro Geldstrafe zahlen.
Die Fehde wurde zum Politikum, Zwayer pfiff bis heute kein Spiel des BVB mehr. Eine Aussprache zwischen dem Referee und Bellingham gab es nie.
Felix Zwayer: Leistungen ließen zu wünschen übrig
Grundsätzlich machte Zwayer in den vergangenen Jahren auch rein sportlich oft keine gute Figur. In der Noten-Rangliste des Fachmagazins "kicker" gehörte Zwayer über viele Jahre bestenfalls zum Mittelfeld der deutschen Bundesliga-Schiedsrichter, in der Saison 2015/16 war er sogar der nach Noten schlechteste Referee.
Seine durchwachsenen Leistungen in Kombination mit seiner fragwürdigen Vergangenheit machten Zwayer für die Anhängerschaft nahezu aller Vereine zum leicht angreifbaren Ziel. Nach besagtem Spiel zwischen Dortmund und Bayern erhielt er Morddrohungen.
"Auf meinem dienstlichen E-Mail-Account sind zahlreiche Nachrichten eingegangen, die unglaublich sind und mit denen auch sehr schwer umzugehen ist", schilderte Zwayer bei "Sky": "Das sind Dinge, die ich meiner Frau nicht verheimlichen konnte, insbesondere weil sie mir unheimlich nahe gegangen sind."
Zuletzt war bei Zwayer ein deutlicher Fortschritt seiner Leistungen zu erkennen. In der abgelaufenen Saison 2023/24 gehörte Zwayer zu den besten Schiedsrichtern der Bundesliga, sein "kicker"-Notenschnitt von 2,58 war der zweitbeste seiner Bundesliga-Karriere. Von den Schiedsrichtern mit mehr als einem Einsatz waren nur Deniz Aytekin und Patrick Ittrich besser.