Nations League
DFB-Team: Erkenntnisse nach Bosnien-Gala – Nagelsmann hat ein Monster erschaffen
- Aktualisiert: 17.11.2024
- 13:28 Uhr
- Tobias Hlusiak
Deutschland fegt Bosnien-Herzegowina mit 7:0 aus dem Stadion und feiert den angestrebten Gruppensieg in der Nations League. Für Bundestrainer Julian Nagelsmann bringt die Partie viele wichtige Erkenntnisse.
Vom DFB-Team aus Freiburg berichtet Tobias Hlusiak
Wie das DFB-Team beim 7:0-Erfolg über Bosnien-Herzegowina aufgetreten ist, wusste zu imponieren. Obwohl Julian Nagelsmann viele Ausfälle zu beklagen hatte, verstand es die Mannschaft sehr gut, das Spiel zu kontrollieren.
Der Bundestrainer konnte aus der einseitigen Partie am Samstagabend einige wichtige Erkenntnisse für die Zukunft ziehen.
Die Erwartungen waren rund um die letzten beiden Auftritte der Nationalmannschaft in diesem Heim-EM-Jahr dann doch etwas gedämpft worden.
Rund um die Nominierung seines Kaders erreichte Julian Nagelsmann eine Flut von Absagen. Langzeitverletzte und Kurzzeit-Invaliden dünnten die vom Bundestrainer angedachte Gruppe immer weiter aus. Also griff er auf einige Rückkehrer, Sorgenkinder oder zwischenzeitlich ins zweite Glied gerückte Akteure zurück.
Das Wichtigste in Kürze
Der Qualität des Spiels tat dies keinen Abbruch. Weil der 37-Jährige etwas Beeindruckendes geschafft hat.
Nagelsmann hat seiner Mannschaft ein Spielsystem, eine Philosophie und Herangehensweise übergestülpt, die sie in nahezu jeder Besetzung ohne bedeutenden Qualitätsverlust umsetzen kann.
Jeder Spieler weiß zu jedem Zeitpunkt, was er zu tun hat. Automatismen sind da. Kombinationen im dicht besetzten Zentrum des Spiels, geschickte Verlagerungen, hoch stehende Außenverteidiger, bissiges Gegenpressing.
Hinzu kommen – auch das sollte man nicht verschweigen – die individuellen Glanzstücke der "Wunderkinder" Jamal Musiala und Florian Wirtz.
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Fertig ist das von Nagelsmann erschaffene Monster. Im kommenden Jahr greift es nach dem Titel in der Nations League.
"Gier" ist das Zauberwort
Es gab Zeiten, da hätte eine deutsche Nationalmannschaft mit einem tiefstehenden Gegner, wie die Bosnier am Samstagabend einer waren, so ihre Probleme gehabt.
Das fühlt sich wie graue Vorzeit an.
Den Kontrahenten zu knacken, ihn zu distanzieren und bis zum Abpfiff nicht mehr ins Spiel kommen zu lassen – für all das lieferte die DFB-Elf in Freiburg eine Blaupause.
Über die gesamten 90 Minuten schnürte Deutschland die wacker kämpfenden Bosnier ein, beschäftigte sie, ließ sie laufen.
Und wenn der Ball dann doch mal weg war, holte man ihn sich postwendend zurück.
"Ich finde, das Gegenpressing war das beeindruckendste", schwärmte der Bundestrainer bei "RTL". Man habe sogar einige "Kontertore gemacht, nach Ballgewinnen". Diese Entwicklung war ihm nach der EM besonders wichtig gewesen.
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Dass die Umsetzung bereits vier Monate nach dem Turnier fast in Perfektion funktioniert, schien Nagelsmann fast selbst zu überraschen: "So eine gierige Mannschaft im November zu sehen, ist nicht selbstverständlich."
Musialas Limit verschiebt sich weiter
Wer einem jungen Mann dabei zusehen möchte, wie er zum Weltstar wird, der sollte in diesen Wochen Spiele des FC Bayern München oder eben der DFB-Elf anschauen.
Denn Musiala macht gerade eine beeindruckende Entwicklung durch. Der 21-Jährige ist längst kein Talent mehr – er ist der Fixpunkt der Teams, in denen er spielt.
Auch gegen Bosnien unterstrich er diesen Status mit geradezu beängstigender Leichtigkeit.
Sein Führungstor nach zwei Minuten war schon das vierte in dieser Spielzeit, das er mit dem Kopf erzielte. "Er wird zu einem kompletten Stürmer", schwärmte Lothar Matthäus bei "RTL".
Die neugewonnene Abschlussstärke, die überbordende Kreativität am Ball, aber auch der Einsatz und Wille, sich dem Gegner in der Defensive entgegenzustellen – all das macht den gebürtigen Stuttgarter schon jetzt zum besten deutschen Fußballer.
"Bei ihm können sich viele junge Spieler, die Profi werden wollen, was abschneiden. Er hört extrem zu, er will immer alles wissen, holt sich Szenen, will besser werden. Er hat nicht das Statusdenken, dass er der Superstar ist und nichts mehr lernt, er ist extrem offen und am Ende belohnt er sich selbst", sagte Nagelsmann nicht ohne Stolz.
In einem Interview mit dem "RND" unterstrich Musiala selbst vor einigen Tagen seine persönliche Zielsetzung, Weltfußballer werden zu wollen.
Entwickelt er sich auch nur annähernd so weiter, wäre dies viel mehr logische Konsequenz als Utopie.
Die "Neun" wird zum Luxusproblem
Niclas Füllkrug war lange unumstritten in der deutschen Sturmmitte. Zum einen, weil "Lücke" zuverlässig Leistung und Tore lieferte.
Andererseits war die Konkurrenz aber auch nicht besonders groß. Das hat sich geändert.
Gegen Bosnien stand Tim Kleindienst ganz vorne drin seinen Mann. Ein Spieler, der vor zwei Jahren noch zweite Bundesliga gespielt hat und nun für Borussia Mönchengladbach die Schuhe schnürt.
Er traf zwei Mal!
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Füllkrug hingegen ist seit zwei Monaten verletzt, kämpft bei seinem neuen Verein West Ham United um sein Comeback. Ob er bei den nächsten Länderspielen im März wieder in Top-Form dabei sein wird, bleibt abzuwarten.
Und selbst wenn es nicht so wäre, dürfte dem Bundestrainer nicht bange sein.
Kleindienst macht seinen Job. Dazu kommt der schon etablierte Deniz Undav und Kai Havertz, der die Position bei der Europameisterschaft ausfüllte.
Die "Neun" ist längst kein Problemkind mehr.
Deutschland ist zurück in der Weltspitze
Nach den schwachen Turnieren 2018, 2021 und 2022 schien die Spitze des internationalen Fußballs enteilt.
Deutschland hat die Konkurrenz nun aber in Windeseile eingeholt.
Schon bei der EM im Sommer gehörte die DFB-Elf unbestritten zu den spielerisch besten Teams, scheiterte nur unglücklich am späteren Turniersieger Spanien.
Nun ist man noch näher herangerückt. Das wollte auch der Bundestrainer nicht verneinen. "Es gibt viele gute Signale. Wir sind aber noch nicht fertig und müssen noch einige Schritte gehen“, bemerkte er.
Matthäus hingegen war kaum zu halten. "Das ist Traumfußball. Wir gehören zu den top drei, vier Mannschaften in Europa - und das heißt Weltspitze", sagte er.
Man möchte ihm nicht widersprechen…