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Vom Westen sanktioniert: Russland ernennt neuen NOK-Chef
Russland hat einen vom Westen sanktionierten Spitzenpolitiker zum neuen Vorsitzenden des Nationalen Olympischen Komitees ROC ernannt und will trotz dieser widrigen Voraussetzung die internationale Isolation beenden. Michail Degtjarjow, seit Mai bereits Sportminister, wurde am Freitag ohne Gegenkandidaten zum Nachfolger des viermaligen Fecht-Olympiasiegers Stanislaw Posdnjakow gekürt, der im Oktober zurückgetreten war.
"Heute steht der russische Sport unter einem noch nie dagewesenen Druck von außen. Tausende unserer Athleten werden diskriminiert", wurde Degtjarjow vom ROC in einer Rede vor seiner Ernennung zitiert. Es sei daher "an der Zeit, dass wir die aggressive Rhetorik gegen unsere internationalen Kollegen beenden". Viele von ihnen, darunter auch Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), hätten "erkannt, dass der globale Sport ohne Russland nicht funktioniert", führte der 43-Jährige aus: "Bei zahlreichen inoffiziellen Kontakten sagten sie ausdrücklich, dass sie sich eine Rückkehr Russlands in die internationale olympische Bewegung wünschen."
Der russische Sport sieht sich seit Jahren mit einer Vielzahl von Krisen und Skandalen konfrontiert. Aufgrund staatlich geförderten Dopings wurden dem Land Dutzende olympische Medaillen aberkannt, Russlands Athletinnen und Athleten wurden wegen des Angriffskrieges gegen die Ukraine von der Teilnahme an den Sommerspielen in Paris im vergangenen Sommer ausgeschlossen. Nur wenige von ihnen, die verschiedene Auflagen erfüllt hatten, waren als neutrale Einzelathleten startberechtigt, 15 von ihnen waren letztlich in Frankreich am Start.
Moskau verschärfte im Vorfeld der Spiele von Paris seine Rhetorik gegenüber dem IOC, zog Vergleiche mit Nazi-Deutschland und kündigte an, eigene "Freundschaftsspiele" zu veranstalten, die mit denen in der französischen Hauptstadt konkurrieren sollten. Diese Pläne wurden mehrmals verschoben, bis der russische Präsident Wladimir Putin Anfang Dezember ankündigte, dass dieses Vorhaben auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt wird.
Degtjarjow war 2014 von der Europäischen Union wegen seiner Unterstützung der separatistischen Rebellen in der Ostukraine mit Sanktionen belegt worden. 2023 setzten ihn die Vereinigten Staaten auf die schwarze Liste, weil er russische Staatsbürger für den Kampf gegen Kiew rekrutiert hatte.