Formel 1
Max Verstappen droht mit UK-Boykott nach Buhrufen beim F1-Launch
Der F1-Launch in London hat bei Red Bull Racing um Weltmeister Max Verstappen für Nachwehen gesorgt.
Erstens, weil die Buhrufe gegen Teamchef Christian Horner intern die Frage aufwerfen, ob die Horner-Affäre der Marke nicht doch einen nachhaltigen Schaden zugefügt haben könnte. Und zweitens, weil in der Heimat von seinem Erzrivalen Lewis Hamilton auch Max Verstappen ausgebuht wurde - und dem viermaligen Weltmeister das offenbar mehr stinkt, als man ihm am Dienstagabend auf der Bühne ansehen konnte.
Die Reaktion des Londoner Publikums auf seinen Sohn sei "beschämend" gewesen, sagt Jos Verstappen in einem Interview mit dem YouTube-Kanal "racexpress": "Man ist dort, um den Sport zu fördern, und wird dann vom Publikum ausgebuht. Ich finde das inakzeptabel. Ich verstehe es zwar, denn Max ist der Einzige, der den Engländern Druck macht und genau sagt, wie es ist. Aber ich finde es wirklich enttäuschend, was dort passiert ist."
Nicht ausgeschlossen, dass Verstappen jun. aus dem Vorfall für sich Konsequenzen zieht. Zumindest kündigt sein Vater diese an: "Max hat keine Lust, vor 25.000 Menschen (offiziellen Angaben zufolge waren es 15.000; Anm. d. Red.) ausgebuht zu werden. Er sagt auch: 'Wenn das nächstes Jahr wieder in England ist, werden sie mich dort sicher nicht sehen.'"
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"Ich gebe ihm vollkommen recht. Man ist dort, um den Sport zu fördern, die neuen Autos und Farben zu präsentieren. Und wenn sie dann so reagieren, was soll man dort dann machen? Er muss sich darauf vorbereiten, dorthin zu gehen, und wird dann so ausgebuht. Ich denke, sie müssen das gründlich überdenken. Das gehört nicht zu diesem Sport."
Dabei steckt der Teufel im Detail. Während Horner mutmaßlich ausgebuht wurde, weil ihm Teile des Publikums sein Verhalten in der Horner-Affäre nicht verziehen haben, als er vor rund einem Jahr der sexuellen Belästigung beschuldigt (und später in einer Red-Bull-internen Untersuchung entlastet) wurde, dürften es bei Verstappen eher Hamilton-Fans gewesen sein, die ihn ausbuhten.
Wie die Buhrufe intern besprochen wurden, ist außerhalb des Teams nicht bekannt. Der beim F1-Launch anwesende Red-Bull-CEO Oliver Mintzlaff flog unmittelbar nach dem Event weiter und nahm Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko mit. Möglich, dass auch die beiden irritiert waren über die feindselige Reaktion des Publikums.
FIA reagiert mit Statement auf Buhrufe der Fans
Indes ermahnt die FIA die Fans der Formel 1 dazu, alle Wettbewerber mit Respekt zu behandeln, ungeachtet ihrer Herkunft, denn: "Große Rivalitäten in der Geschichte des Motorsports haben dazu beigetragen, ihn für die Fans zu einem so aufregenden Erlebnis zu machen", heißt es in einem Statement des Verbands, der die Buhrufe in London beim nächsten Meeting seines Motorsport-Weltrats am Mittwoch diskutieren wird.
"Aber was den Sport auf allen Ebenen untermauert, ist eine Kultur des Respekts. Daher war es enttäuschend, die tribalistische Reaktion des Publikums auf Formel-1-Weltmeister Max Verstappen und seinen Red-Bull-Teamchef Christian Horner beim F1-Launch in London zu hören. Max und Christian haben beide erheblich zu dem Sport beigetragen, den wir lieben. In der kommenden Saison sollten wir das nicht aus den Augen verlieren."
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"Im Rahmen des Engagements der FIA zum Schutz der Integrität des Sports führen wir eine Koalition an, die unter dem Banner unserer Kampagne 'United Against Online Abuse' Online-Missbrauch im Sport bekämpft. Wir stehen zu all unseren Wettbewerbern, Offiziellen, Freiwilligen und Fans, um uns gegen diese wachsende Bedrohung zu vereinen. Wir fordern die Sportgemeinschaft auf, die Auswirkungen ihrer Handlungen sowohl online als auch offline zu bedenken."
Interessanter Nebenaspekt: Neben Horner und Verstappen wurden an dem Abend auch die FIA und deren Präsident Mohammed bin Sulayem ausgebuht, als diese von Laura Winter, einer der Moderatorinnen des Abends, nur erwähnt wurden. Was, ausgerechnet auf einer Liberty-Veranstaltung, wohl kaum zur Verbesserung der Beziehungen zwischen Rechteinhaber Liberty Media und der FIA beitragen wird.
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Marko: F1-Launch könnte in Zukunft jährlich stattfinden
Trotzdem findet Helmut Marko, bekanntermaßen rein persönlich betrachtet kein Fan von Glitter & Glamour, dass der Event als solcher grundsätzlich gelungen war: "Dass man so eine Arena mit 15.000 Leuten füllt, ist ein Zeichen, dass das in England ein Erfolg ist. Es ist ein Beispiel für neue Vermarktungswege, die die Formel 1 geht. Und mit so viel Publikum kann man nur sagen, dass es ein Erfolg war."
Ihm selbst, grinst Marko im Interview mit Motorsport-Total.com, habe die Show "unterschiedlich" gefallen, aber: "Das Faszinierendste war die Begeisterung des Publikums. Man muss zur Kenntnis nehmen, wenn 15.000 Leute derart euphorisch auf einen Auftritt von Lewis Hamilton oder Lando Norris reagieren."
Marko empfindet den F1-Launch als weiteren "Schritt in die richtige Richtung, die Liberty mit Netflix und Social Media angefangen hat. Ich kann mir vorstellen, dass man das in Zukunft als eigenständigen Event vermarkten wird. Aber wenn man das weiterhin macht, dann muss man, denke ich, schon einiges ändern und zum Beispiel wirklich die neuen Autos zeigen."
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Bei der Premiere am vergangenen Dienstag ist Liberty Media in Vorleistung gegangen. Branchenkenner halten es aber für denkbar, dass der F1-Launch, 2025 abgehalten zum 75-jährigen Jubiläum der Formel-1-Weltmeisterschaft, in Zukunft jedes Jahr stattfinden - und an den meistbietenden Austragungsort verkauft - wird.
Es gilt als denkbar, dass vor allem Staaten wie Saudi-Arabien, Katar oder Bahrain im Nahen Osten dazu bereit wären, dafür zu zahlen, einen F1-Launch zu hosten - ähnlich wie sie das auch für ihre Grands Prix tun. Und Liberty Media könnte so eine zusätzliche Einnahmequelle erschließen. Zumal ein solcher F1-Launch mit neuen Autos auch logistisch Sinn ergeben würde, wenn ein paar Tage später ganz in der Nähe ohnehin Wintertests stattfinden.
Doch das ist aktuell Zukunftsmusik. Aktuell sind seitens Liberty Media keine Pläne offiziell bekannt, so einen Event jährlich abzuhalten. Doch eins scheint klar zu sein: Sollte der nächste F1-Launch wieder in England stattfinden, würde es wohl einiges an Überzeugungskraft kosten, Max Verstappen zum Kommen zu überreden ...