Uli Hoeneß' Kritik an Thomas Tuchel ist in der Sache durchaus nachvollziehbar, sie kommt aber zum wiederholten Mal zur Unzeit und sorgt vor dem Real-Kracher für unnötige Unruhe. Ein Kommentar.
Am Freitag sprach er auf einem Kongress wieder mal in epischer Länge über Gott, die Welt und den FC Bayern. Oder wie Spötter meinten, wie "der liebe Gott" Uli Hoeneß über die Welt des FC Bayern denkt.
Widerspruch quasi zwecklos, wenn der nach wie vor mächtigste Mann beim deutschen Rekordmeister klar sagt, dass die von ihm installierten Bosse Max Eberl und Christoph Freund in der Trainerfrage eigentlich nur entscheiden können, wenn er und seine Mitstreiter im Aufsichtsrat vollständig zustimmen.
Oder nicht nur das Interesse an Ralf Rangnick als erster aus dem Klub bestätigt, sondern diesen zudem zur dritten Wahl nach den Absagen von Xabi Alonso und Julian Nagelsmann erklärt.
Auch Thomas Tuchel pickte sich Hoeneß heraus und traf einen empfindlichen Punkt: Dessen nach seiner Ansicht fehlende Bereitschaft, mit jungen Spielern zu arbeiten: "Wenn es nicht klappt, sollte man einen anderen kaufen", das sei Tuchels Meinung.
Der scheidende Chefcoach ließ das nicht auf sich sitzen und konterte am Samstag.
"Meilenweit von der Realität entfernt" seien Hoeneß‘ Vorwürfe, weswegen er sich gekränkt und in seiner Trainerehre verletzt fühlte, so Tuchel, unter dem Aleksandar Pavlovic immerhin für die deutsche Nationalmannschaft nominiert wurde.
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Hoeneß-Frage: Müller schießt zurück
Hoeneß hat in der Sache durchaus Recht
Dabei kann man Hoeneß in der Sache durchaus zustimmen.
Denn monatelang sah Tuchel Pavlovic nur als "Notnagel" und forderte vehement, für mehr als 100 Millionen Euro Declan Rice als "Holding Six" zu kaufen, weil seine Mannschaft eben keinen klassischen "Sechser" im Kader habe.
Erst das extreme Verletzungspech spülte Pavlovic in die Mannschaft, in der sich der 19-Jährige durch starke Leistungen in den Vordergrund spielte.
Schon zuvor hatte Tuchel die Eigengewächse Josip Stanisic, Paul Wanner und Frans Krätzig weggeschickt, weil er sie nicht für gut genug befunden hatte, und stattdessen für viel Geld unter anderem die Verpflichtungen von Sacha Boey und Bryan Zaragoza forcierte.
Hoeneß‘ Kritik ist also durchaus nachvollziehbar – und dennoch kommt sie nicht zum ersten Mal zum völlig falschen Zeitpunkt.
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Die Gründe für Tuchels Scheitern in München sind nicht nur schon mehrfach von allen Seiten beleuchtet worden, sie bringen den Rekordmeister auch nicht mehr weiter, weil der Trainer den Verein ohnehin nach der Saison verlässt.
Dann wäre immer noch Zeit gewesen für Hoeneß, auf diese und andere Defizite hinzuweisen.
Hoeneß hinterlässt Schneise der Zerstörung
Stattdessen agiert der Ehrenpräsident einmal mehr wie der Elefant im Porzellanladen und hinterlässt ausgerechnet vor dem wichtigsten Spiel der Saison eine Schneise der Zerstörung.
Wo die "Abteilung Attacke" früher zielgerecht bei den Gegnern vor entscheidenden Partien für Unruhe sorgte, erledigt Hoeneß das heute in schöner Regelmäßigkeit im eigenen Haus.
Sollten am Ende nur ein paar Prozent Fokussierung und Konzentration bei Tuchel und seinem Team zum Erfolg über Real fehlen, hätte Hoeneß mit seinem unkontrollierten Rundumschlag einen erheblichen Anteil daran.