WM 2022 - Urs Meier über Schiedsrichterin Stephanie Frappart: "Es geht um Leistung"
- Aktualisiert: 01.12.2022
- 13:32 Uhr
- ran.de
Die Französin Stephanie Frappart wird das entscheidende Gruppenspiel zwischen Deutschland und Costa Rica leiten. Wer ist die 38-Jährige und wie leitet sie ihre Spiele? ran sprach mit Ex-FIFA-Schiri Urs Meier über die erste Unparteiische bei einer WM.
Von Kai Esser
München/Doha - Kaum ein Spiel der deutschen Nationalmannschaft in den letzten vier Jahren wurde mit so viel Spannung erwartet, wie das letzte Gruppenspiel der WM 2022 gegen Costa Rica.
Dabei sorgt auch die Schiedsrichter-Ansetzung für Aufsehen.
Die Französin Stephanie Frappart wird die erste Frau, die ein Spiel bei einer Weltmeisterschaft der Männer leitet.
"Historisch", nannte das die Sportzeitung "L'Equipe".
Doch ist Frappart der Aufgabe gewachsen? Der ehemalige FIFA-Schiedsrichter Urs Meier meint: Ja!
Urs Meier: "Es geht nicht um Mann oder Frau, es geht um Leistung"
Zuerst hatte er Zweifel an der Nominierung Frapparts. Für wichtige Spiele brauche "es einen Spitzenschiedsrichter", hatte Meier in seinem eigenen Podcast erklärt. Im Gespräch mit ran-Gespräch relativiert der Schweizer aber seine Aussagen.
"Sie hat gezeigt, dass sie auch schwierige Spiele pfeifen kann. Und Spiele in der Ligue 1 sind deutlich schwieriger zu leiten. Zudem hat sie auch schon Einsätze in der Champions League", sagte der 63-Jährige. "Sie ist ja keine schlechte Wahl. Es geht nicht um Mann oder Frau, es geht um Leistung."
Bezugnehmend auf seine Aussage, er glaube nicht, dass die 38-Jährige in wichtigen Spielen eingesetzt werde, sagte Meier: "Ich täusche mich gerne. Bei einer Weltmeisterschaft gibt es ohnehin keine unwichtigen Spiele. Und ihr kein Spiel zu geben, wäre ein schlechtes Zeichen gewesen."
Urs Meier über Frappart: "Sie hat eine klare und genaue Linie"
Zum entscheidenden Faktor wird die Französin am Donnerstag nicht werden, glaubt der ehemalige Top-Referee. "Schiedsrichter gewinnen keine Spiele und sie verlieren auch keine. Deutschland tu gut daran, sich auf sein eigenes Spiel konzentrieren und während des Spiels wenig zu lamentieren. Frappart hat eine sehr klare und genaue Linie in ihrem Spiel", beschreibt Meier ihren Stil der Spielleitung.
Frappart kann auf über 200 Spiele Erfahrung im Spitzen-Fußball zurückgreifen, sowohl national als auch international. Neben 52 Spielen in der Ligue 1 und 82 Spielen in der Ligue 2 seit dem Debüt im April 2019 kann sie zwei Einsätze in der Champions League vorweisen, darunter einer im Estadio Santiago Bernabeu in Madrid.
Schon 2019 leitete sie das UEFA Supercup-Finale zwischen Liverpool und Chelsea, vor eineinhalb Jahren war sie zudem die erste Frau, die ein WM-Qualifikationsspiel pfiff.
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Lob von Hansi Flick und Lukas Klostermann
Hansi Flick sieht, analog zu Meier, ebenfalls keine Probleme bei der Ansetzung. "Ich habe 100 Prozent Vertrauen in sie. Sie hat es aufgrund ihrer Leistung verdient. Wir freuen uns auf dieses Spiel und hoffen, dass sie sich und ihr Team sich auch auf das Spiel freut", sagte der Bundestrainer auf der Pressekonferenz am Mittwoch.
Ähnlich äußerte sich Lukas Klostermann: "Für mich ist es das Normalste der Welt, ich habe noch nie darauf geachtet, ob ein Mann oder eine Frau pfeift."
Die DFB-Auswahl wurde bereits vor einem Jahr im WM-Qualifikationsspiel gegen Liechtenstein (9:0) von einer Frau gepfiffen, der Kroatin Ivana Martinčić.
Frapparts Nominierung wurde auch von den ehemaligen deutschen Nationalspielerinnen Almuth Schult und Tabea Kemme begrüßt. "Ich freue mich darauf, dass jetzt eine Frau zum Einsatz kommt", sagte Schult in der "ARD". Und Kemme ergänzte bei "Magenta TV": "Es wäre schön, wenn wir irgendwann zu einer gewissen Normalität kommen."
Frappart: Mit elf Jahren schon Schiedsrichter-Ausbildung
Frappart selbst ist voller Vorfreude. "Es ist sehr emotional, denn die WM ist die wichtigste Sportveranstaltung der Welt. Ich fühle mich sehr geehrt, ausgewählt worden zu sein", sagte sie.
Bereits im Kindesalter ließ sie sich als Schiedsrichterin ausbilden, parallel zu ihrer Karriere als Freizeitfußballerin. "Ich wollte einfach die Regeln besser verstehen", erklärte sie.
Neben Frappart sind zwei weitere Schiedsrichterinnen bei der Weltmeisterschaft in Katar im Kreise der Unparteiischen: Salima Mukansanga aus Ruanda und Yoshimi Yamashita aus Japan kamen bisher jedoch nur als vierte Offizielle zum Einsatz.
Laut Schiedsrichter-Chef Pierluigi Collina sollen alle Referees mindestens zwei Bewährungschancen bei der WM erhalten. Auf eine Ansetzung als Spielleiterin warten Mukansanga und Yamashita noch.