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Bennetts Protest-Aktionen sorgen für Wirbel

"Black Power"-Geste: Wie der "Fall Bennett" in der NFL immer brisanter wurde

  • Aktualisiert: 23.09.2017
  • 11:53 Uhr
  • ran.de / Andreas Reiners
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© Twitter/Michael Bennett

Michael Bennett hat den Kampf einiger NFL-Profis gegen Polizeigewalt und Rassendiskriminierung erstmals auf das Spielfeld gebracht. Doch worum geht es genau? Und wie hat alles angefangen? ran.de klärt auf.

München - Man musste schon genau hinschauen. Sonst hätte man den Moment sicher verpasst. Zwei Sekunden waren es nur, eine kurze Geste, doch sie wirkt nach.

Sie sorgt in einem in der Kontroverse um Polizeigewalt und Rassendiskriminierung sowieso schon zerrissenen Land für noch mehr Diskussionen, für Wirbel. Doch vor allem zeigt sie: Der Protest der NFL-Profis ist im Spiel selbst angekommen.

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Die Gunst des Moments

Michael Bennett von den Seattle Seahawks hatte die Gunst des Moments genutzt. Es passte alles so wunderbar. Ein Sack gegen Brian Hoyer, den weißen Quarterback der San Francisco 49ers. Dem Ex-Team von Colin Kaepernick also.

Es steckte aus Bennetts Sicht so viel Politik in dieser einen Szene, so viel Brisanz. So viele Möglichkeiten, auf die vergangenen Monate aufmerksam zu machen, auf den unermüdlichen Kampf, dass er abrupt stehenblieb und die Faust in die Luft reckte, um seinen Sack zu feiern.

Klar wusste Bennett, was er mit dem "Black-Power"-Gruß "anrichten", besser gesagt auslösen würde. Sein Plan ging auf, er verschaffte sich mal wieder Gehör. Und erklärte auf Twitter, dass dies eine Geste sei, um Solidarität mit unterdrückten Menschen zu demonstrieren.

Das Thema wird in den US-Medien rauf und runter gespielt. Doch worum geht es genau? Und wie hat alles angefangen? ran.de gibt einen Überblick.

Auslöser der Bewegung, wenn man das so nennen mag, ist Colin Kaepernick. Als damaliger Quarterback der San Francisco 49ers hatte er im August 2016 angefangen, sich während der US-Hymne hinzuknien und so gegen Polizeigewalt und Rassendiskriminierung zu protestieren.

"Ich werde mich nicht hinstellen und stolz auf eine Flagge sein, die für ein Land steht, das Schwarze und andersfarbige Menschen unterdrückt. Für mich ist dieses Thema größer als Football und es wäre selbstsüchtig, wenn ich einfach wegschauen würde", rechtfertigte er sich damals. Viele Profis folgten ihm, knieten während der Hymne, später auch weiße Spieler, solidarisierten sich mit den Knieenden und reckten auch die Faust zum "Black-Power"-Gruß.

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Kaepernick das Gesicht des Protests

Kaepernicks Problem: Als Initiator war er das Gesicht des Protests. Und diese Rolle lief ihm fortan hinterher. Denn nachdem er seinen Vertrag mit den 49ers im März 2017 aufgelöst hatte, war er als Free Agent auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber. Das ist er bis heute. Einige sagen, weil er seine beste Zeit hinter sich hat. Viele sagen, wegen des Protest-Skandals.

Doch er hatte da bereits längst eine Welle losgetreten, die in der NFL immer weiter um sich griff, immer mehr Akteure ermutigte, auch zu protestierten. Wie Bennett, der noch nie ein Blatt vor den Mund genommen hat. Und die Missstände in den USA offen ansprach, darauf hinwies, den Finger in die Wunde legte. Immer wieder.

Erst recht während der Preseason im August 2017, nach den Nazi-Krawallen in der Stadt Charlottesville, als Bennett den Sitzprotest medienwirksam wieder einführte: "Mein Vater ist im Militär. Ich liebe Hotdogs wie jeder andere Amerikaner. Ich liebe Football wie jeder andere Amerikaner. Aber ich mag keine Rassentrennung. Ich mag keine Krawalle oder Unterdrückung."

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"Sterbe ich, weil ich schwarz bin?"

Zusätzliche Brisanz erhielt das ganze Thema, als Bennett Ende August nach dem Boxkampf zwischen Floyd Mayweather und Conor McGregor in Las Vegas selbst Opfer von Polizeigewalt und –willkür wurde. Das berichtete der Defensive End in einem emotionalen Statement in den sozialen Medien. Er war mit hunderten Menschen nach dem Kampf weggerannt, als sie "etwas hörten, was nach Schüssen klang". Polizisten hätten ihn wegen seiner Hautfarbe isoliert und gewaltsam festgehalten. Ein Beamter habe gedroht, "meinen verdammten Kopf wegzuschießen", schrieb Bennett. "Alles, woran ich denken konnte, war: "Sterbe ich jetzt aus keinem anderen Grund als dem, dass ich schwarz bin und meine Hautfarbe irgendwie eine Bedrohung darstellt?"". Erst nachdem seine Identität als Football-Profi geklärt war, sei er ohne Erklärung entlassen worden.

Die Polizeigewerkschaft hat den Vorwurf später zurückgewiesen und von der NFL sogar eine Untersuchung gegen Bennett verlangt. NFL-Commissioner Roger Goodell jedoch betonte, dass Bennett "das Beste der NFL repräsentiert - ein Anführer in seiner Mannschaft und in seiner Gemeinde".

Inzwischen sind auch Videoaufnahmen der besagten Nacht aufgetaucht, einen exakten Aufschluss darüber, was genau passiert ist, geben aber auch sie nicht.

Dafür bleibt das Thema omnipräsent. Und hat durch Bennetts jüngste Geste nicht nur Einzug ins Spiel gefunden. Mehr noch: Auch Prominente machen nun rund um den Sport auf die Missstände aufmerksam. Und sind dabei einfallsreich.

Denn nachdem Pearl-Jam-Gitarrist Mike McCready vor dem Spiel der Seahawks gegen die 49ers die US-Hymne zum Besten gab, drehte er seine Gitarre um und hob sie in die Luft. Bennetts Rückennummer 72 war nicht zu übersehen.

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