Chancen standen nie besser
Buffalo Bills: Jetzt oder nie! Die Faktoren für den Aufschwung in Richtung Super Bowl
- Aktualisiert: 19.01.2024
- 19:59 Uhr
- Kai Esser
Die Buffalo Bills haben die letzten sechs Spiele gewonnen und sind das heißeste Team der Playoffs. Viel spricht auf dem Weg in den Super Bowl nach Las Vegas für die New Yorker - aber längst nicht alles.
Von Kai Esser
Es ist noch gar nicht lange her, da hatten sich die Fans der Buffalo Bills von dem Traum einer erfolgreichen Saison eigentlich schon verabschiedet.
Nach dem herzzereißenden 34:37 nach Overtime bei den Philadelphia Eagles standen die Bills bei einer Bilanz von 6-6 und Head Coach Sean McDermott wurde nicht nur von Fans in Frage gestellt. "Wenn die Bills gewinnen, dann loben alle das Coaching von McDermott", stellte Pat McAfee etwa nach der Eagles-Niederlage heraus. "Aber wenn sie verlieren, dann redet niemand über ihn. Das sollte sich ändern."
Nicht nur sportlich geriet der 49-Jährige ins Kreuzfeuer. Bei einer seiner Ansprachen zog er einen 9/11-Vergleich, gerade bei einem Team aus dem Bundesstaat New York höchst fragwürdig. "Ich weiß nicht, was mir da durch den Kopf gegangen ist. Ich habe einen großen Fehler begangen", entschuldigte er sich später.
Mit einer Niederlage bei den Kansas City Chiefs - ausgerechnet dem Erzrivalen der Bills seit 2020 - wären die Bills praktisch aus dem Playoff-Rennen geflogen. Und so ging es ihnen im Grunde vor jedem Spieltag. Eine Niederlage hätte das Aus bedeutet. Buffalo spielt bereits länger in einem Playoff-Modus als jede andere Mannschaft. Sechs Siege in Folge sind es mittlerweile.
Das Wichtigste zu den Playoffs
So wackelig und teilweise wirklich schlecht die Leistungen in den ersten Wochen der Saison waren, so überzeugend waren die Mannen von der kanadischen Grenze seit genanntem Eagles-Spiel.
Dass die Bills während dieser Siegesserie gegen vier Teams gewannen, die es auch am Ende in die Postseason schafften, unterstreicht noch einmal die Schwierigkeit dieser Aufgabe.
Die anderen beiden Gegner, Bill Belichicks New England Patriots sowie die Los Angeles Chargers, die gerade erst ihren Coach gewechselt hatten, waren zum Zeitpunkt des Aufeinandertreffens ebenfalls kein Fallobst. Das Mindset, dass man quasi kein Spiel mehr verlieren darf, hat das Team und die Coaches geschärft.
Neue Ausrichtung: Bills spielen Playoff-Football
Bis Woche zwölf hieß der Offensive Coordinator der Buffalo Bills Ken Dorsey. Anderthalb Jahre war er als Offensive Coordinator im Westen des Bundesstaats New York aktiv. Er wurde im Zuge der Ergebniskrise entlassen - als einziger Coach musste er seinen Hut nehmen, für ihn rückte Joe Brady nach.
Seitdem hat sich nicht nur formell der Name auf der Website der Bills unter dem Reiter "Offensive Staff" geändert, sondern auch die gesamte Spielweise der Offense.
Lange hatte Buffalo kein Laufspiel. Wobei das nicht ganz richtig ist, das Laufspiel wurde von Quarterback Josh Allen geschultert, und das beinahe alleine. Spiele, in denen der Quarterback bester Ballträger der Mannschaft nach Yards ist, waren eher die Regel statt die Ausnahme.
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Und jetzt? Gefühlt hat Allen von Brady (klingt komisch, ist aber korrekt) ein Verbot bekommen, den Ball unnachsichtig umherzutragen wie ein loses Stück Brot auf dem Heimweg vom Bäcker. Allen läuft zwar noch, aber deutlich vorsichtiger.
Deutlich sichtbarer wird die Umstellung des Gameplans an James Cook, dem besten Running Back der Bills. Unter Dorsey war sein Höchstwert an Läufen pro Spiel 14, unter Brady übertraf er diese 14 Läufe in sechs von acht Spielen! Kaum ein Team sagte seit seiner Übernahme mehr Laufspielzüge an.
Und das tut den Bills sichtlich gut. Nicht nur spiegelt sich das in der Siegesserie wider, dieser Spielstil ist vor allem in den kalten Monaten, und damit in den Playoffs, erfolgversprechender, als auf tiefe Pässe zu setzen. Nicht umsonst haben die Chiefs - ein physisches Team mit gutem Laufspiel - die Miami Dolphins - ein Team mit mehr Big Play Ability durch die Luft - bei weniger als -20 Grad Celsius geschlagen.
Buffalo Bills: Endlich geräuschlos nach außen
Neben den harten Faktoren wie den Statistiken haben sich auch die weichen Faktoren in Orchard Park verbessert. Namentlich Stefon Diggs.
Tatsächlich hat die statistische Produktion des Star-Receivers abgenommen. Seitdem das neue Regime in der Offense da ist, hat Diggs erst einen einzigen Touchdown geholt - und das bei der einzigen Niederlage. Auf ein 100-Yards-Spiel unter Joe Brady wartet Diggs bis heute.
Man sollte meinen, dass er - oder wahlweise sein Bruder Trevon von den Dallas Cowboys - mindestens mal einen kryptischen Tweet abgesetzt hätten, der seine Unzufriedenheit darlegt. Allerdings ist das letzte öffentliche Zitat von ihm bereits mehrere Wochen alt. Der AFC-East-Champion scheint seinem Superstar einen Maulkorb verpasst zu haben. Das tut seinem Spiel zwar weh, aber seinem Team dafür sehr gut.
Der Knackpunkt: Verletzungen in der Defense
Das einzige, das den Bills zum Verhängnis werden könnte, sind die vielen Verletzungen in der Defense. Safety Taylor Rapp, die Linebacker Terrel Bernard, Baylon Spector, Tyrel Dodson sowie die Cornerbacks Rsul Douglas Taron Johnson und Christian Benford sind alle angeschlagen. Von den Langzeitverletzten Tre White und Matt Milano ganz zu schweigen.
Die Lage war gar so schlimm, dass Buffalo den ehemaligen Linebacker A.J. Klein anrief und damit aus dem Urlaub holte.
"Ich habe die Pläne dann sofort auf Eis gelegt und mich auf das Spiel vorbereitet", erzählte Klein nach der Playoff-Partie gegen die Pittsburgh Steelers. Die Vorbereitung lief erfolgreich, keiner machte an diesem Nachmittag mehr Tackles als der 32-Jährige.
Beim Duell mit den Kansas City Chiefs in der Divisional Round kommt es also zum Rematch aus Woche 13 - der Start von Buffalos ganz eigenen Playoffs.
Und wenn es nach ihnen geht, dann soll das nicht das Ende sein. Das Ende der Fahnenstange ist für die Bills in Las Vegas - und es ist so erreichbar für sie wie lange nicht.