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Von der GFL in die NFL?

Christopher Ezeala im Interview: “Sie versuchen, mit mir einen neuen Spielertypen zu erschaffen"

  • Aktualisiert: 29.03.2018
  • 22:12 Uhr
  • ran.de/Marco Kieferl
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© instagram.com/blxckgrizzlychris

Christopher Ezeala war Linebacker in der German Football League, als die NFL auf ihn aufmerksam wurde. Im ran-Interview spricht der 22-Jährige über das Training mit Moritz Böhringer, Gespräche mit Drew Brees und seinen Pro Day bei den Tampa Bay Buccaneers.

Bradenton – Christopher Ezeala spielte im letzten Jahr noch bei den Ingolstadt Dukes in der GFL. Nun will sich der 22-jährige Deutsche als Undrafted Free Agent einen Platz in der NFL erarbeiten. In der IMG Academy und bei einem Pro Day in Tampa machte der einstige Linebacker auch NFL-Scouts auf sich aufmerksam - und das als umgeschulter Fullback!

Im Interview mit ran.de spricht Ezeala über seinen NFL-Traum, seinen Mitbewohner Moritz Böhringer und ein Treffen mit Drew Brees.

Regeländerungen, die Gerüchte um OBJ und der neue Deutsche in der NFL – am Sonntag, 23:10 Uhr mit Jan Stecker in MAXXsports. ran am Sonntag auf ProSieben MAXX.

ran.de: Herr Ezeala, Sie sind derzeit an der IMG Academy in Florida und werden beim Training für die NFL sogar von Kameras verfolgt. Worum geht es dabei?

Christopher Ezeala: Die NFL dreht eine Dokumentation über internationale Spieler, die versuchen, in die Liga zu kommen. Dabei wurden vier Spieler ausgewählt, die derzeit an der IMG Academy in Florida trainieren. Das ist eine Highschool für Topathleten, die so groß ist, dass wir am Tag über zehn Kilometer mit dem Fahrrad fahren, um zu allen Trainings zu kommen. Hier werden wir ausgebildet und dürfen uns den 32 Teams zeigen. Es ist ein Experiment und so wie es aussieht, mache ich mich ziemlich gut.

ran.de: Wie kam der Kontakt zu Ihnen zu Stande?

Ezeala: Die Verantwortlichen wurden wegen meinem Highlight-Tape aus der GFL auf mich aufmerksam und haben mich vor einem Jahr kontaktiert. Bereits damals wollte man mich nach Amerika bringen, aber ich habe noch kein Visum bekommen. Deswegen musste ich warten und habe in der Zwischenzeit für die Ingolstadt Dukes gespielt. Zum Glück hat es jetzt geklappt.

ran.de: Wie kam es bei Ihnen überhaupt dazu, dass Sie mit dem Football begonnen haben?

Ezeala: Zum Football bin ich über einen Schulfreund gekommen. Erst dachte ich, der Sport wäre viel zu hart für mich, aber er hat mich überredet. Damals konnte ich keine fünf Liegestützen machen, aber der Sport hat mir so gefallen, dass ich damals eben beim Flag Football dran geblieben bin. Später bin ich dann über die München Rangers zu den Allgäu Comets und von dort eben nach Ingolstadt.

ran.de: Bis hin zur IMG Academy. Wie dürfen wir uns Ihr Leben dort vorstellen?

Ezeala: Ich war jetzt fast zehn Wochen bei der IMG Academy. Als ich hierher gekommen bin, dachte ich mir, dass es hart werden würde, aber das ist das Krasseste, was ich jemals gemacht habe! Man ist weit weg von zu Hause, trainiert den ganzen Tag und stellt die gesamte Ernährung um. In meiner Gruppe sind fünf weitere Spieler, mit denen ich zusammen wohne. Darunter sind Moritz Böhringer und Ex-GFL-Spieler Anthony Dable, aber auch die ehemaligen Rugby-Spieler Christian Scotland-Williamson und Jordan Mailata.

ran.de: Sie haben Moritz Böhringer bereits erwähnt. Wie ist ihr Verhältnis zu ihm?

Ezeala: Moritz redet nicht viel, aber er ist ein sehr cooler Typ. Wir sind bereits seit über zehn Wochen in einer riesigen Wohnung hier an der IMG beisammen. In dieser Zeit sind wir alle zu einer kleinen Familie geworden. Er konnte mir viel helfen, weil er selbst ja in Minnesota war. Wir nennen ihn "The German Viking", weil er so extrem hart an sich arbeitet. Ich selbst habe erst gemerkt, wie gut er ist, seitdem wir gemeinsam trainieren und ich bin mir sicher, er wird bald allen zeigen, dass er in die NFL gehört.

ran.de: Wie sieht ein typischer Tag in Ihrem Trainingscamp aus?

Ezeala: An einem normalen Montag stehe ich um 6:30 Uhr auf, frühstücke und gehe dann zum Aufwärmen. Das ist so intensiv, dass es sich für viele Leute schon wie richtiges Workout anfühlen würde. Im Anschluss haben wir dann circa eine Stunde Sprinttraining. Dabei machen wir auch typische Drills für den NFL Combine. Danach müssen wir mit dem Fahrrad fast zwei Kilometer ins Gym fahren und haben dort nochmals eine Einheit. Nach dem Mittagessen haben wir dann Teammeetings, analysieren anderthalb Stunden Tape mit den Coaches, dann habe ich als Fullback nochmal anderthalb Stunden Positionstraining.

ran.de: Gibt es darüber hinaus weitere Veranstaltungen?

Ezeala: Abends haben wir oftmals Regenerations-Einheiten. Manchmal kommen noch Massagen, Medientraining oder "NFL Life" hinzu. Da sind Ex-NFL-Spieler zu Gast, die ihre Geschichte erzählen und uns erklären, worauf wir achten müssen.

ran.de: Bleibt bei all dem Training überhaupt Zeit, um etwas gemeinsam zu unternehmen?

Ezeala: Am Anfang waren wir mal kurz beim Pro Bowl in Orlando und haben uns dort das Training angesehen. Ich durfte mit Drew Brees, Michael Bennett und vielen anderen NFL-Spielern sprechen, die mir auch gute Tipps gegeben haben. Das war total cool, aber grundsätzlich ist unser Zeitplan so eng, dass kaum Luft bleibt. Nach der sechsten Woche fühlt man sich wie tot. Aber ich habe hier gelernt, dass der Kopf eine große Rolle spielt und dass man sich immer weiter pushen muss. Das habe ich gut hinbekommen.

ran.de: In der GFL haben Sie hauptsächlich als Linebacker gespielt. Warum hat man Sie an der IMG Academy umgeschult?

Ezeala: Ich habe in Deutschland sehr viele Positionen gespielt, war Running Back, Linebacker und Defensive End. Hier haben mir meine Coaches gesagt, dass es zwar viele Linebacker wie mich gibt, aber keinen Fullback, der so athletisch und so schnell ist. Also versuchen Sie, mit mir einen neuen Spielertypen zu erschaffen.

ran.de: Viele junge Spieler erarbeiten sich ihren Platz im Roster über die Special Teams. Ist das auch Teil ihres Trainings?

Ezeala: Auf jeden Fall! Wir sagen immer: "Wenn du es ins Special Team schaffst, schaffst du es ins Team." Es gibt so viele Spezialisten, die jedes Jahr Millionen verdienen, weil sie einfach so unglaublich intensiv spielen. Ich liebe es, im Special Team zu spielen. Der Kickoff ist da ein gutes Beispiel. Mir ist es egal, wer links oder rechts neben mir ist, ich will einfach das Feld hinablaufen und den Returner umhauen. Das ist mein Instinkt und ich glaube, genau deswegen bin ich der NFL auch aufgefallen.

ran.de: Wie würden Sie sich denn grundsätzlich als Spieler beschreiben?

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Combine in Tampa: Böhringer kämpft um NFL-Traum

Moritz Böhringer kämpt weiter um seine NFL-Chance. Wir haben die Bilder seines International Combine in Tampa.

  • Galerie
  • 29.03.2018
  • 22:19 Uhr
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Ezeala: Ich bin ein Offensive Guy, ich liebe es zu scoren, aber genauso gerne blocke ich auch. Ich bin ein extrem physischer Spieler, deshalb wurde ich auch für das Programm ausgewählt. Hier nennen Sie mich "Silver Back" (Silberrücken-Gorilla), weil ich so stark bin. Von daher passt die Umstellung auf Fullback meiner Meinung nach ganz gut.

ran.de: Im Vergleich zu vielen anderen Spielern an der IMG haben Sie keine Vergangenheit am College, sondern in der GFL. Wo liegt für Sie der große Unterschied zwischen den beiden Ligen?

Ezeala: Die Geschwindigkeit am College ist deutlich höher. Natürlich hat man auch in der GFL einige gute Athleten, ehemalige Division-I-Spieler, aber eben nur in begrenzter Anzahl. In den USA lernt man diesen Sport nochmal vollkommen neu. Hier ist das Niveau der Trainer einfach höher als in Deutschland. Mein Coach ist beispielsweise Earnest Byner, er hat über zehn Jahre in der NFL gespielt. Bei ihm habe ich so viel gelernt. Das wäre in Deutschland nicht möglich gewesen.

ran.de: Ende März waren Sie beim International Pro Day auf dem Gelände der Tampa Bay Buccaneers. Wie verlief der Tag dort aus ihrer Sicht?

Ezeala: Ich bin am ersten Tag in einem Hotel angekommen und musste gleich in einen Raum mit richtig vielen Scouts. Also stand ich dort halbnackt und hatte nur meine Kompressionshose an. Man hat mich gewogen und meine Körpermaße gemessen. Ich kam mir vor wie auf dem Viehmarkt. Wenig später habe ich mit ein paar Teams gesprochen, die auch schon ein wenig Interesse gezeigt haben. In der darauffolgenden Nacht konnte ich kaum schlafen, weil ich nur an den Pro Day am nächsten Tag gedacht habe.

ran.de: Wie ging es Ihnen beim sportlichen Teil des Pro Days?

Ezeala: Es ging sofort los mit dem 40-Yard-Dash. Ich bin direkt hinter Moritz Böhringer gelaufen und der ist für seine Größe schon richtig schnell. Ich darf leider nicht genau sagen, wie schnell ich war, aber meine Zeit war richtig, richtig gut. Die Scouts waren regelrecht geschockt. Weil ich bei den Position Drills auch gut dabei war, habe ich im Anschluss mit einigen Teams gesprochen. Dabei wurde mir gesagt, dass sie wirklich positiv überrascht von unseren Leistungen waren. Leider darf ich wegen der Dokumentation nicht verraten, um welche Mannschaften es sich handelt.

ran.de: Sie selbst haben sich bewusst gegen den Draft entschieden. Inwiefern hat er Einfluss auf ihre NFL-Zukunft?

Ezeala: Erst nach dem Draft wird sich entscheiden, wo es für mich hingeht. Nur zwei Spieler aus unserer Gruppe wurden oder konnten dafür gemeldet werden, die anderen müssen warten, bis die Teams nach dem Draft ihre Lücken im Kader mit den Undrafted Free Agents angehen.

ran.de: Verfolgt man den Draft unter diesen Vorzeichen anders?

Ezeala: Ich muss zugeben, ich habe mir den Draft vorher nie angesehen. Natürlich möchte man, dass die Teams nicht zu viele Fullbacks holen, aber mir geht es vor allem darum, dass meine Jungs gepickt werden. Ich habe beispielsweise auch einen Running Back von Alabama State kennengelernt, dem ich als Freund alles Gute wünsche.

ran.de: Welches Team müsste Sie im besten aller Fälle verpflichten?

Ezeala: Natürlich hat jeder so sein Lieblingsteam, aber ich will einfach nur spielen. Ich möchte ein paar Leute hitten und den Sport genießen.

ran.de: Wäre für Sie eine Rückkehr in die GFL denkbar, wenn sich der NFL-Traum in Amerika nicht erfüllt?

Ezeala: Nein, denn jetzt habe ich Blut geleckt. Ich möchte in die NFL und mir dort einen Namen machen. Ich hatte ein Angebot von einem Coach aus der Canadian Football League, doch für's Erste bin ich guter Dinge, dass ich meinen Weg in die NFL machen werde. Später könnte ich mir gut vorstellen, nach Deutschland zurückzukommen und den Football hier größer zu machen.

Das Interview führte Marco Kieferl

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