Von den Rams vom Hof gejagt
Detroit Lions - Jared Goff: Vom ungewollten Trade-Objekt zum Top-Quarterback
- Aktualisiert: 19.10.2023
- 17:41 Uhr
- Kai Esser
Die Detroit Lions sind aktuell das wohl heißeste Team der NFL. Das liegt auch an der Top-Form von Jared Goff. Dabei war der Quarterback gar nicht als langfristige Lösung geplant.
Von Kai Esser
Es gibt in der NFL traditionell erfolgreiche Teams. Dazu zählen die Pittsburgh Steelers oder auch die San Francisco 49ers. Die Detroit Lions sind dagegen eher für ihre Erfolglosigkeit bekannt.
Dazu "verbrannten" sie in den Augen vieler die beiden Hall of Famer Barry Sanders und Calvin "Megatron" Johnson. Auch Dick "Night Train" Lane erlebte bei den Lions keine glückliche Zeit.
Im Jahr 2023 jedoch scheint alles anders zu sein. Die Lions haben mit 5-1 die beste Bilanz der gesamten Liga. Tatsächlich ist die Franchise aus Michigan gar das einzige Team, das noch ohne Niederlage nach 60 Minuten ist. Die einzige Pleite gab es gegen die Seattle Seahawks nach Overtime, als die Offense der Lions den Ball nicht berühren durfte.
Doch warum sind die Lions in dieser Saison eines der stärksten, wenn nicht sogar das stärkste Team der NFL oder zumindest NFC? Neben Head Coach Dan Campbell und der Defense, die sich massiv steigern konnte, liegt das vor allem an einem: Quarterback Jared Goff.
Dass Goff über herausragendes Talent verfügt, steht außer Frage. Nicht umsonst wurde er - und das vergessen viele oft - 2016 an erster Stelle von den Los Angeles Rams ausgewählt.
Allerdings war die Last auf den Schultern Goffs damals schlichtweg zu groß. Die Rams waren gerade frisch zurück nach Los Angeles gezogen und die Erwartungen an den damals jungen Spielmacher waren höher, als sie es als First Overall Pick ohnehin sind. "Es ging damals sehr viel durch meinen Kopf", sagte Goff später. Zu viel womöglich.
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Jared Goff: Im größten Moment der Karriere der größte Rückschlag
Zusammen mit Sean McVay als Head Coach erreichte er 2018 den Super Bowl. Und das Team, das in der Regular Season im Schnitt 30 Punkte erzielte, kam in jenem Super Bowl nur auf mickrige drei. Klar, gegen Bill Belichick, den wohl besten Defensiv-Coach der NFL-Historie, kann das mal passieren.
Und es war seinerzeit noch mehr im Argen als nur der QB. Aber im größten Moment seiner Karriere konnte Goff nicht liefern. Ein - wie man damals vermutete - irreparabler Schaden an seiner Reputation und seinem Selbstbewusstsein.
Danach fand Goff nicht mehr in die Spur. Seine Statistiken verkamen zum Durchschnitt und nach der Saison 2020 wollten die Rams ihn loswerden. Und das ließen sie ihn auch wissen. "Das ist natürlich kein schönes Gefühl", so Goff. "Wenn man nicht mehr gewollt ist, beruht das natürlich irgendwann auf Gegenseitigkeit."
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Jared Goff: Vom Overthinker zum Macher
Im Austausch für Matthew Stafford wechselte der heute 29-Jährige mitsamt Draft Picks zu den Detroit Lions. Eine Transaktion, die sich bis heute als die beste seiner Karriere herausstellen sollte.
Auch wenn er etwas Anlaufzeit benötigte. 2021 sowie die erste Hälfte der Saison 2022 war keine Steigerung bei Goff zu erkennen. Allerdings nahm ihm das niemand so recht übel. Viele Experten wie Fans sahen in ihm einen Brücken-Quarterback, der zwei oder drei Jahre die Offense anführt, ehe ein vielversprechender Rookie das Kommando übernimmt.
Nicht jedoch mit dem gebürtigen Kalifornier. Seit Spieltag neun der vergangenen Saison kommt er auf bärenstarke 26 Passing Touchdowns und nur drei Interceptions. Was eine sogenannte TD/INT-Ratio von knapp neun ergibt. Das ist herausragend. Mal ganz abgesehen davon, dass es zwölf Siege aus 15 Spielen gab. Goff denkt nicht mehr nach, Goff macht einfach sein Ding.
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Womöglich auch, weil die Erwartungshaltung eine andere ist. Die Lions-Fans sind - so dumm das klingen mag - Enttäuschungen gewohnt und daher hat niemand ernsthaft erwartet, dass ausgerechnet der 29-Jährige sie nach zwölf Jahren der Ära Matthew Stafford in die Playoffs führen würde. Jenem Stafford gelang das nur drei Mal, ein Sieg blieb ihm verwehrt.
In Los Angeles dagegen waren die Menschen an einem neuen alten Football-Standort mehr als erwartungsfroh. Und selbst wenn sie es nicht gewesen wären, hätte Goff die hohen Erwartungen an sich selbst gehabt. "Diesen Leuten Football zurückzugeben, das war das Größte. Ich wollte sie nicht enttäuschen", gab er preis. Nachhaltig glücklich machte er sie aber auch nicht.
Detroit Lions: Ben Johnson, das Mastermind im Ohr
Analog zu McVay bei den Rams hat der Quarterback nun auch bei den Lions ein offensives Mastermind im Ohr: Offensive Coordinator Ben Johnson designt und callt die Spielzüge der Lions. Nicht, dass es etwas von Goffs Leistungen wegnehmen würde, aber es gäbe durchaus Offenses, in denen es schwieriger wäre, so gut auszusehen.
Das belegen auch die Zahlen. Viertmeiste Punkte pro Spiel (28), drittmeiste Total Yards (2.302), fünftmeiste Passing Yards (1.618) sowie Platz sieben bei den wenigsten Turnovern der Liga (sechs). Dazu das ein oder andere Trick Play, mit dem die Lions bereits erfolgreich waren.
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Der 37-Jährige hat eine gute Verbindung mit seinem nur unwesentlich jüngeren Spielmacher. "Er spielt mit unglaublich viel Selbstbewusstsein und das sieht man auch. Wir versuchen ihn einfach in die beste Position zu bringen, erfolgreich zu sein", sagte Johnson.
Dass das nicht nur leere Worte sind, zeigen auch die Akquisitionen, die die Lions nicht nur für ihr Team, sondern auch für ihre Offense und speziell ihren Quarterback gemacht haben. Amon-Ra St. Brown, Jahmyr Gibbs, Sam LaPorta, Penei Sewell, Jameson Williams. Alles teils hochkarätige Namen, die in den letzten Jahren gedraftet wurden.
Detroit ist nicht festgefahren in altertümlichen Herangehensweisen, wie beispielsweise die Pittsburgh Steelers oder New England Patriots. Vor allem stellen sie ihre Offense nicht trotz Goff zusammen, sondern für ihn. Zwar ist der Quarterback zweifelsfrei die wichtigste Position auf dem Feld, alleine kann er im ultimativen Teamsport American Football jedoch nicht erfolgreich sein.
Jared Goff: Das vielversprechende dritte Jahr - Parallelen zur Rams-Zeit
Aktuell ist Goff einer der am stärksten performenden Quarterbacks der Liga. Folgerichtig sollte er auch im MVP-Rennen sein. In den Kategorien Pässe über 20 Yards, Passer Rating, Touchdowns, Yards pro Pass, angebrachte Bälle und Passing Yards ist Goff überall in den Top fünf.
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Der einzige Grund, warum so wenig über ihn gesprochen wird, ist seine Reputation. Würde Patrick Mahomes - der nebenbei in keiner relevanten Kategorie außer angebrachte Bälle (absolut, nicht relativ) vor Goff liegt - diese Zahlen auflegen, würden diese anders wahrgenommen werden. Dass Goff in Woche eins auswärts das direkte Duell gewann (21:20 für Detroit), kommt noch dazu.
Aber vielleicht ist das gar nicht so schlecht für den eher bescheidenen California Boy Jared Goff. Und wenn man Parallelen zu seiner Zeit in Los Angeles ziehen will, dann sticht eine besonders ins Auge: Wie bei den Rams performt Goff in seinem dritten Jahr am stärksten. Die Offense läuft wie geölt und mit Ben Johnson im Ohr kann eigentlich gar nichts schief gehen.
Damals ging es für die Rams wie angesprochen in den Super Bowl - und vielleicht ist Goff der Grund, wieso die Lions-Fans nach langer Zeit mal wieder Hoffnungen haben dürfen.