NFL Divisional Playoffs
Houston Texans krasser Außenseiter bei den New England Patriots: "Wenn du zu viele Fehler machst, begraben sie dich"
- Aktualisiert: 14.01.2017
- 14:07 Uhr
- Heiko Oldörp
Die Houston Texans benötigen wohl schon ein Wunder, um die übermächtigen New England Patriots in den Divisional-Playoffs zu schlagen (ab 02:30 Uhr live in SAT.1 und auf ran.de). In den USA gibt es keinen Experten, der den Texans auch nur den Hauch einer Chance einräumt. Selbst Houston-Coach Bill O'Brien ahnt Böses.
Boston/München - Stell' dir vor, es ist Playoff-Zeit. Jene Phase der Saison, in der die Spannung mehr denn je steigt. In der man es kaum erwarten kann, dass die Partie endlich beginnt. Vorfreude die ganze Woche über. Bei der Arbeit, beim Sport, in der U-Bahn, im Taxi, in den Bars und Restaurants oder daheim in der Familie – überall gibt es kein anderes Thema als das Football-Spiel am Wochenende.
So ist es derzeit in Pittsburgh, Kansas City, Atlanta, Seattle, Dallas und Green Bay. Und dann stell' dir vor, du wohnst in Boston oder Houston. In zwei Städten, in denen irgendwie so gar keine Playoff-Stimmung aufkommen mag – obwohl die New England Patriots und die Houston Texans in der K.o.-Runde stehen (ab 02:30 Uhr live in SAT.1 und auf ran.de).
Doch alle wissen: das Duell der Patriots gegen die Texans ist keines. Zu klar ist New England favorisiert, zu viel Außerplanmäßiges müsste passieren, damit es ein Miracle mitten in Massachuetts gibt und die Gäste heute Nacht das Feld in Foxborough als Sieger verlassen.
Patriots haushoher Favorit
Einige Wettanbieter sehen die Patriots mit bis zu 17 Punkten vorne. So klar war in der NFL-Playoff-Geschichte seit dem Spiel der Minnesota Vikings 1999 gegen die Arizona Cardinals kein Team mehr favorisiert. Beim Bostoner Fernsehsender "Comcast Sports Net New England" sprachen sie bereits von einer "zweiten Bye-Week". Die Pats hatten ja schon am vergangenen Wochenende frei.
Tony Massarotti, der zusammen mit Michael Felger von 14 bis 18 Uhr in Boston die tägliche Radio-Show "Felger & Mazz" moderiert, stönte bereits vor den Wild Card games: "Oh Gott, ich hoffe, die Patriots spielen nicht gegen Houston. Was willst du über die eine Woche lang sagen?"
Die Tageszeitung "Boston Globe" fragte gestern, ob es jemals "weniger Drama, Hype und Antizipation für ein Playoff-Spiel" gegeben habe? Und selbst John McClain, der Doyen der NFL-Berichterstattung in Houston und seit 1977 für den "Houston Chronicle" vor Ort, sieht die Patriots 34:16 vorn. "Niemand hier gibt den Texans eine Chance. Und jeder, der klar im Kopf ist, weiß das auch", so McClain. Neben ihm haben fünf seiner Zeitungs-Kollegen einen Tipp abgegeben – alle sehen New England vorn.
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Schwachstelle Osweiler
Ein Blick in die neutralen nationalen Medien gefällig? "Foxsports" schreibt auf seiner Internetseite von einem "historisch einseitigen Playoff matchup". Egal, wer was zu diesem Spiel sagt, niemand traut den Texans etwas zu. Selbst deren Trainer, Bill O'Brien, warnt: "Wir müssen guten, einwandfreien, elementaren Football spielen. Wenn du zu viele Fehler machst, begraben sie dich."
Natürlich haben die Texaner eine der besten Abwehrreihen der Liga. Aber sie haben eben auch Brock Osweiler. Der Quarterback hat in dieser Saison mehr Interceptions (16) geworfen, als Touchdowns (15). Und dann war da ja noch der 22. September.
Houston gastierte am dritten Spieltag in New England, Tom Brady war aufgrund der Deflategate-Sanktionen gesperrt, sein Ersatzmann, Jimmy Garoppolo, verletzt. So musste Jacoby Brissett gegen Houston ran, New Englands Spielmacher Nummer drei. Dennoch gewannen die Gastgeber 27:0. Es war eine Demonstration des perfekt eingespielten Patriots-Systems. New England hatte gezeigt, dass man einen Neuling auf der Playmaker-Position nicht überfordern braucht und dennoch Gegner wie die Texans locker besiegt.
Kein Säbelrasseln zwischen Patriots und Texans
Für gewöhnlich werden in den Tagen vor einem Playoff-Spiel die Muskeln geflext, Sprüche geklopft, Animositäten ausgetauscht. Doch zwischen den Patriots und Texans blieb das aus. Keine Provokationen zwischen den Spielern, selbst die jeweiligen Medien zogen die andere Seite nicht auf. Keine Sticheleien, keine Frotzeleien, nichts. Es ist Januar, die entscheidende Phase der Meisterschaft – doch in Boston und Houston fühlt es sich an wie März.
Brady versuchte auf seiner Mittwochs-Pressekonferenz etwas Spannung zu erzeugen. Man müsse sich die nächste Woche verdienen, betonte er. Doch der 39-Jährige hatte sich in seiner gesamten Karriere noch nie zu weit aus dem Fenster gelehnt, immer respektvoll über den Gegner gesprochen – auch wenn dieser noch so chancenlos sein mag.
New England hat von acht Spielen gegen Houston sieben gewonnen – die vier in Foxborough im Schnitt mit 25 Punkten Vorsprung. Die Ausgangslage ist also klar. Gibt es eigentlich etwas Schlimmeres als in ein Playoff-Spiel zu gehen, in dem man keine Chance hat und in dem selbst die heimischen Fans und Fachleute nichts von einem erwarten? "Ja", sagt Reid Laymance vom Houston Chronicle. "Wenn die Dallas Cowboys bei uns im Super Bowl stehen würden und wir deren Fans eine Woche lang bei uns in der Stadt hätten."