Draft-Prospect als Viertrunden-Pick gehandelt
James Conner: Aus der Krebs-Hölle zum NFL-Draft
- Aktualisiert: 04.08.2023
- 14:26 Uhr
- Rainer Nachtwey
Vor der College-Saison 2015 gilt Running Back James Connor als Erstrunden-Pick für den NFL-Draft. 14 Monate später ist allein die Anmeldung zum Draft ein wahres Wunder.
1765 Yards, 26 Touchdowns.
Nichts und niemand scheint James Conner in seiner zweiten Saison als Running Back der University of Pittsburgh aufzuhalten.
Sein Weg klar definiert: Eine weitere dominante College-Saison 2015, dann der NFL-Draft. Erst-Runden-Pick. NFL.
"The Sky is the Limit" heißt es dann gerne. Doch James Conners Weg führte ihn nicht in den Himmel, vielmehr war es die Hölle.
Erst der Innenbandriss im ersten Spiel der Folgesaison Anfang September gegen die Youngstown State.
Dann jener 26. November 2015. Der Tag, der sein Leben, seine Sicht auf die wichtigen Dinge im Leben verändert, auf den Kopf stellt.
Diagnose Krebs
Diagnose: Krebs. Morbus Hodgkin. Bösartiger Tumor im Lymphsystem.
"Als mir der Doc mitteilte, dass ich mir das Innenband gerissen hatte und die Saison aussetzen müsste, habe ich geweint. Wie ein kleines Kind. Als ich von der Krebsdiagnose erfuhr, war da nichts", erinnert sich Conner.
"Leere. Ich habe nichts mehr gehört. Das einzige was mir in den Kopf schoss, war: Menschen sterben deswegen."
Eric Berry als Vorbild
Für Conner geht es nicht mehr um Touchdowns, um Raumgewinn, um Siege mit dem Football-Team. Es geht nur noch um einen Sieg. Den Sieg im Kampf gegen den Krebs.
"Mit das Schlimmste war, meiner Familie, meinen Freunden, meinen Teamkollegen davon zu erzählen", sagt Conner.
In dieser Zeit klammert er sich vor allem an einen Gedanken, eine Person, die ihm als Vorbild dient: Eric Berry, Safety der Kansas City Chiefs.
"Als ich die Diagnose erhielt, dachte ich viel an Eric Berry. Ein großartiger Football-Spieler, der auch die Diagnose erhielt, den Krebs besiegte, zurückkam und eine Pro-Bowl-Saison spielte", führt Conner aus.
Externer Inhalt
Teamkollegen weinen
Kurz nach der Diagnose berufen sein Coach und er ein Teammeeting ein. Conner zeigt ein Video von Berrys Pressekonferenz, wie der NFL-Star über die Krankheit spricht, die Auf und Abs, wie er sich bei den Chemotherapien fühlt.
"Dieser Clip hat mich motiviert, mir gezeigt, dass ich den Krebs besiegen kann", führt Conner aus. Dennoch bringt er nach dem Video die Worte kaum heraus, spricht mit brüchiger Stimme.
Die Teamkollegen beginnen zu weinen, verstecken ihre Gesichter hinter den hochgezogenen T-Shirts. Er selbst beschreibt seinen Gemütszustand als verängstigt.
"Aber ich selbst musste sagen, dass ich es nicht bin. Sagen, dass alles wieder in Ordnung kommt. Stärke zeigen."
Stars sprechen ihm Mut zu
Stunden später stellt er sich den Pressevertretern, der Arzt spricht von einer Heilungswahrscheinlichkeit von 85 Prozent. Diese Zahl gibt ihm Hoffnung, er klammert sich daran, auch wenn er weiß, dass es keine Garantie ist.
Während der Chemotherapie und den Bestrahlungen erhält er viel Unterstützung, aufmunternde Zuschriften von Verwandten, Bekannten, Betroffenen. Von Bill Clinton, dem einst auch an Morbus Hodgkin erkrankten ehemaligen NHL-Superstar Mario Lemieux, von den NFL-Stars Larry Fitzgerald und Todd Gurley, den Konkurrenten Dalvin Cook und Christian McCaffrey.
Die größte Hilfe ist ihm aber Eric Berry. Der NFL-Star meldet sich bei ihm, spricht mit ihm über die Behandlung, Conners Sorgen. Er spricht ihm Mut zu. Gerade in den schwierigen Momenten.
"Ganz schlimm war es bei der sechsten Chemotherapie. Halbzeit des Zwölf-Behandlungszyklus", erinnert sich Conner. "Ich wollte nicht mehr in diesem Stuhl liegen, nicht mehr hier sein, wollte einfach nur die Augen schließen und entschwinden. Irgendwohin, wo es keine Nadeln gibt, keine Katheter, kein Krankenhaus."
Krebsfrei nach sechs Monaten
Am 9. Mai erhält er seine letzte Behandlung, sechs Monate und einen Tag nach Beginn. Zwei Wochen später erklärt ihn der Doc für krebsfrei, neun Tage später entfernen die Ärzte den Zugang.
Keine vier Monate später bestreitet er wieder sein erstes College-Spiel für Pitt. Er erzielt einen Touchdown beim 28:7-Sieg gegen Villanova.
"Es hätte keinen besseren ersten Touchdown geben können", meint Pitt-Quarterback Nate Peterman. "Mit einem Stiff-Arm in die Endzone." Ein typischer früherer James Conner eben.
Conner selbst sagt: "Ich weiß, dass es mein Comeback-Spiel war, aber es hat sich ganz normal angefühlt."
Als Viertrunden-Pick gehandelt
Die Saison beendet er mit 16 Touchdowns in 12 Spielen, nur gegen Georgia Tech bleibt er ohne Score. Vor dem Pinstripe Bowl, den er aufgrund eines Helmet-to-Helmet-Hits Ende der ersten Halbzeit nicht zu Ende spielt, meldet er sich zum Draft 2017 an.
Als Erstrunden-Pick handeln ihn die Experten nicht mehr. Die Draft-Prognosen sehen eine Wahl in der vierten oder fünften Runde vor. Aber aus der einst die Gegner überrollenden Maschine von einem Running Back ist eine noch stärkere Person James Conner geworden.
Die Anmeldung zum Draft sieht er nicht mehr als Sieg: "Gewonnen hatte ich schon zuvor, als ich den Krebs besiegte."