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Jordan Love: Der Gunslinger mit Riesen-Potenzial
- Aktualisiert: 06.04.2020
- 10:52 Uhr
- ran.de/Tim Rausch
Jordan Love, Quarterback der Utah State University, wird von zahlreichen Experten als potenzieller Top-10-Pick gehandelt. Der 21-Jährige, der bereits mit Patrick Mahomes verglichen wird, bringt zahlreiche Fähigkeiten eines Franchise-Quarterbacks mit. Auch wenn der Gunslinger mit dem Raketen-Arm noch etwas "Feinschliff" benötigen dürfte.
München - Utah State gegen Michigan State. Jordan Love weicht dem Druck der Defensive nach links aus, schaut, wirft im Lauf, ohne seine Füße richtig gestellt zu haben und entgegen seiner Körperbewegung, einen perfekten Pass, knapp 35 Yards auf den Receiver, der den Football nicht unter Kontrolle bringen kann.
Ein unvollständiger Pass, ja. Aber dieser Spielzug zeigt trotzdem das Potenzial von Love. Die nötige Athletik, um den gegnerischen Pass-Rushern davonzulaufen, das Wurftalent, um selbst in schwierigen Situationen genügend Kraft hinter den Pass zu kriegen, und die Genauigkeit, um den Ball trotzdem platziert über 35 Yards an die richtige Stelle zu werfen.
Eigenschaften, die die Coaches ihren Spielern nur schwer beibringen können.
Eigenschaften, die Russell Wilson oder Patrick Mahomes zu Superstars in der NFL machen, weil es ihnen eben gelingt, auch dann noch ein Play zu kreieren, wenn es eigentlich kein Play geben kann.
Eigenschaften, die Jordan Love zu einem der kniffligsten Quarterbacks in der kommenden Draft-Klasse machen.
17 Interceptions vergangene Saison
Knifflig, weil Love eben nicht in jedem Spielzug diesen besonderen Moment kreiert.
Die vergangene Saison verlief keinesfalls fehlerfrei. Er brachte 61,9 Prozent seiner Pässe an, warf für 3.402 Yards, 20 Touchdowns - aber auch 17 Interceptions. Für College-Verhältnisse eine mittelmäßige Statistik - und ein deutlicher Leistungsabfall im Vergleich zum Endergebnis im Jahr zuvor (64 Prozent, 3.567 Yards, 32 Touchdowns, 6 Interceptions).
Hintergrund: Loves Lieblingsanspielstation aus dem Vorjahr verließen allesamt die Universität, sein Head Coach beerbte Kliff Klingsbury (jetzt Arizona Cardinals) bei Texas Tech.
Utah State zählt nicht zu den größten College-Programmen und gilt nicht als NFL-Talentschmiede. Das Resultat: Love verfügte in der vergangenen Spielzeit nicht über die besten Receiver und musste gleichzeitig noch ein neues Playbook lernen.
Nun gehen aber nicht alle 17 Interceptions auf die Kappe der Receiver oder auf die des Play-Calling.
Love neigt dazu, zu viel in einem Play zu wollen. Anstatt den Ball ins Seitenaus zu schmeißen, wenn Druck in seinem Gesicht ist und keiner seiner Passempfänger sich freigelaufen hat, versucht er zu oft den Football trotzdem noch anzubringen - ein Risiko, welches besonders in der NFL, in der alle Spieler nochmal einen Tick athletischer und spielintelligenter sind, schnell zu Turnovern führen kann.
"Hätte die 17 Interceptions nicht werfen sollen"
Besonders für die Spieler, die aus dem Nichts ein sehenswertes Play kreieren können, ist es ein schmaler Grat. Sie müssen abwägen, ob sie ihren Instinkten, ihrem Wurfarm und ihrem Talent vertrauen - oder den Ball einfach ins Aus werfen. Ein Grat, den Love in manchen Situationen noch nicht gemeistert hat. Ihm fehlt noch der Feinschliff, das "richtige Gefühl", wann der Zeitpunkt gekommen ist, um etwas Magie zu erschaffen.
"Wenn ich nicht nach den 17 Interceptions gefragt werde: Ich hätte sie nicht werfen sollen", räumt Love im Rahmen des NFL Combine ein.
Der 21-Jährige sucht keine Ausreden, im Gegenteil: In der NFL müsse er sich auf ein neues Team, neue Coaches und neue Situationen einstellen, genau wie letztes Jahr. Er habe bereits seine Lehren aus dem Prozess gezogen, erzählt er in einem Interview mit Bucky Brooks und Daniel Jeremiah.
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Bestes Szenario: "Erhält Entwicklungszeit"
"Er weiß, mit Druck umzugehen und bewahrt selbst in kritischen Situationen einen kühlen Kopf. Ich denke, das beste Szenario wäre, wenn er von seinem neuen Team Entwicklungszeit erhält. Dann kann er sein volles Potenzial ausschöpfen", wird sein ehemaliger Head Coach, Gary Andersen, von Steve Smith zitiert.
Das Modell, den Rookie-Quarterback eine Weile als Backup einzusetzen, um ihn an das NFL-Tempo zu gewöhnen, ist keine Neuheit. Doch welches Team würde zu dem furchtlosen Gunslinger passen? Jahr für Jahr werden Quarterbacks im Draft früher gewählt, als erwartet. Kaum einer hatte wohl 2017 Patrick Mahomes an zehnter Stelle zu den Kansas City Chiefs auf dem Zettel - nicht einmal Coach Esume.
Doch das Team von Head Coach Andy Reid sah das außerordentliche Potenzial und ergriff die Chance. Ein Team wie die Indianapolis Colts, die Green Bay Packers oder die New Orleans Saints könnten Love ganz oben auf dem Zettel haben. Bei allen drei Teams gäbe es die Möglichkeit, hinter einem routinierten Quarterback zu lernen und in ein, zwei Jahren die Offensive zu übernehmen.
Jordan Love: Top-10-Pick?
Wann das Telefon des Quarterbacks am Tag des Drafts klingen wird, steht noch in den Sternen. Love benötigt das richtige Umfeld, den nötigen Feinschliff eines guten Offensiv-Coaches und ein wenig Zeit, um sich zu akklimatisieren. Kann ihm ein Team genau das bieten, könnte er, ähnlich wie Mahomes, die NFL in seinem zweiten oder dritten Jahr im Sturm erobern.
Denn, wie der Analyst Daniel Jeremiah bereits erkannte, "mit seinem Armtalent können nur die wenigsten mithalten. Ich denke, er hat viel Potenzial."
Tim Rausch
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