Erfolgreichste Dynastie der NFL-Geschichte
New England Patriots: Tom Brady oder Bill Belichick? Die ewige Frage nach dem "Patriot Way"
- Aktualisiert: 19.11.2022
- 12:26 Uhr
- ran.de/Tom Offinger
Zwei Jahrzehnte lang galt der "Patriot Way" als die große Erfolgsformel in der NFL. Nach Tom Bradys siebtem Super-Bowl-Sieg und dem gleichzeitigen Absturz von Bill Belichick und den New England Patriots ist die Frage nach dem Urheber des Erfolgs in Foxborough von Neuem entbrannt.
München - Der jüngste Super-Bowl-Sieg markiert ein Novum in der Karriere des Tom Brady. Der Triumph gegen die Kansas City Chiefs war nicht nur sein Erster mit den Tampa Bay Buccaneers, sondern auch gleichzeitig der erste Sieg ohne seinen langjährigen Head Coach Bill Belichick.
Die Namen der beiden Legenden sind für alle Zeit miteinander verbunden: Von 2000 bis 2020 formten sie in New England die erfolgreichste Dynastie der NFL-Geschichte und gewannen sechs Mal den Super Bowl.
Gerade nach Bradys jüngstem Meilenstein scheint an einer Frage kein Vorbeikommen mehr zu sein: Wer ist denn nun verantwortlich für die einmalige Erfolgsgeschichte der New England Patriots?
Bradys erstes Jahr in Tampa Bay
Die Debatte, die sowohl von Fans als auch Experten geführt wird, kennt dabei eigentlich nur zwei mögliche Antworten: Entweder gebührt der Ruhm Head Coach Bill Belichick, der Brady einst nach Foxborough holte, oder eben Tom Brady, der als Quarterback wie kein Zweiter die Erfolge auf dem Platz symbolisierte.
Mit Bradys siebtem Super-Bowl-Sieg scheint diese Frage für viele nun entschieden zu sein. Der 43-Jährige schloss sich im vergangenen März 2020 einer neuen Mannschaft an und musste dabei ein komplett neues Spielsystem verinnerlichen - ohne OTAs und Preseason-Spiele wohl gemerkt.
Mit acht Siegen am Stück marschierten die Buccaneers zielsicher in den Super Bowl und bezwangen dort in überlegener Art und Weise den amtierenden Titelverteidiger aus Kansas City.
"Fügst du ihn irgendeinem Team hinzu, hast du eine Chance und wirst automatisch zum Contender", machte Receiver Mike Evans nach dem Spiel deutlich. "Er ist einfach diese Art von Spieler."
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Neuaufbau in New England
Hinzu kommt, dass Belichick und die Patriots auf ihre schlechteste Saison seit 2008 zurückblicken. Mit einer Bilanz von 7-9 wurden die Playoffs frühzeitig verpasst, insgesamt verbuchten die Quarterbacks des Teams nur zehn Passing Touchdowns in 16 Spielen.
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Das Passspiel stand symptomatisch für den Abgang des zukünftigen Hall of Famers, generell ließ die Offense um den ehemaligen MVP Cam Newton das Big-Play-Potenzial der vergangenen Jahre vermissen.
Der Einbruch des Teams ist für viele ein weiterer Beleg dafür, dass ein Großteil des Erfolgs auf das Konto des 43 Jahre alten Brady gehen muss. Statt an die ruhmreichen Tage anknüpfen zu können, müssen sich Fans des Klubs nun wohl auf einen vollständigen Neuaufbau einstellen.
Das Risiko zahlt sich aus
Nichtsdestotrotz können die sechs Super-Bowl-Siege nicht alleine auf ein Konto übertragen werden.
Wie bereits erwähnt, sind Brady und Belichick für aller Zeiten miteinander verbunden. Ohne das Einschreiten des heute 68 Jahre alten Head Coaches wäre Brady im Jahr 2000 wohl nie nach Massachusetts gekommen.
"Es war die fünfte Runde des Drafts", erinnerte sich Robert Kraft, der Besitzer der New England Patriots, in der "ESPN"-Dokumentation "The Brady 6". "Belichick blickte auf das Draft-Board und meinte, 'Wow, dieser Brady ist immer noch zu haben'".
Obwohl der Klub aus Massachusetts bereits über drei Spielmacher verfügte, entschieden sich die Verantwortlichen für den damals 22-Jährigen. Ein Jahr später wurde das Risiko belohnt: Brady ersetzte den schwer verletzten Franchise-Quarterback Drew Bledsoe und führte die Patriots völlig überraschend zu ihrem ersten Super-Bowl-Sieg.
Defensiver Fokus führt zum Erfolg
Anders als bei den jüngsten Super-Bowl-Erfolgen definierte sich der Klub aus dem Nordosten der USA in den Anfangsjahren der Dynastie nicht durch ihre Offense.
Belichick, der als Defensive Coordinator bereits zwei Super Bowls mit den New York Giants gewonnen hatte, orchestrierte während der frühen 2000er-Jahre eine der besten Defensiven der NFL, die Brady besonders in engen Spielen den Rücken frei hielt.
Im Schatten von Richard Seymour, Willie McGinest und Hall-of-Fame-Cornerback Ty Law konnte sich Brady zu einem der besten Spielmacher der Liga entwickeln und übernahm ab der Saison 2007 endgültige die erste Rolle in Foxborough.
In den folgenden Jahren wurde die Defense keineswegs vernachlässigt. So gelang es Belichick immer wieder, eine solide Verteidigungsreihe zusammenzustellen, die die Offense in wichtigen Situationen entlasten konnte.
Dont'a Hightowers Stripsack in Super Bowl LI oder Malcolm Butlers Interception in Super Bowl XLIX sind beste Beispiele für diesen Gedanken.
2019 als Vorbote
Das Zusammenspiel aus solider Defensivarbeit und Bradys konzentriertem Offensivspiel brachte die Patriots letztlich an die Spitze der NFL, ließ sie in der abgelaufenen Saison aber auch zu Boden stürzen.
2020 war die Mannschaft qualitativ so ausgedünnt wie lange nicht. Durch Opt-Outs und die Free Agency waren im Roster der Patriots große Löcher entstanden, die nicht zu stopfen waren.
Ein ähnliches Problem hatte sich schon in der Vorsaison angedeutet: Die Offense wirkte gegen hochklassige Gegner wie ein Schatten ihrer Selbst. Im Passspiel standen Brady mit Ausnahme von Julian Edelman keine wirklich guten Optionen zur Verfügung und auch das Laufspiel wirkte mehr schlecht als recht.
Als de facto General Manager konnte Bill Belichick kein schlagfertiges Team mehr aufbieten und leitete so indirekt Bradys Abgang ein. Nach Jahren des Erfolgs mit einem Ensemble aus unverhofften Stars zahlten die Patriots einen fast beispiellosen Preis.
"Patriot Way" resultierte aus Zusammenspiel von Brady und Belichick
Eine Antwort auf die "ewige" Frage der Verantwortung für den Erfolg der New England Patriots wird auch weiterhin schwer formulierbar sein.
Einerseits beweist Bradys Sieg in Super Bowl LV die Größe und Qualität des 43-Jährigen, der ohne Zweifel einen großen Anteil an der erfolgreichsten Dynastie der NFL-Geschichte hat.
Andererseits brauchte es auch den Mut von Bill Belichick, das Schicksal eines gesamten Klubs in die Hände eines unerprobten Spielmachers zu legen, der letztlich auch von den defensiven Fertigkeiten seines Head Coaches profitierte.
Der sagenumwobene "Patriot Way" lässt sich nicht einer einzelnen Person zuordnen. Vielmehr resultiert er aus dem einmaligen Zusammenspiel von zwei ungleichen Akteuren, die gemeinsam eine nie für möglich gehaltene Erfolgsgeschichte schrieben.
Wie sehr man es auch dreht und wendet - Tom Brady und Bill Belichick stehen beide im gleichen Maße für die Triumphe der New England Patriots in den vergangenen 20 Jahren.
Tom Offinger
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