Markus Kuhn über die Philadelphia Eagles
NFL-Kolumne von Markus Kuhn: Das macht die Philadelphia Eagles so stark
- Aktualisiert: 29.10.2017
- 09:31 Uhr
- ran.de / Markus Kuhn
In seiner Kolumne auf ran.de schreibt Ex-NFL-Profi Markus Kuhn über das Team der Stunde in der NFL: die Philadelphia Eagles. Dabei verrät er, was die Eagles im Moment so stark macht und welche Rolle die Eagles-Fans dabei spielen.
Hi Football-Fans,
nachdem euch mein Freund Sebastian Vollmer in der vergangenen Woche in seiner Kolumne mit sämtlichen Insider-Infos zu seinem Kumpel und Ex-Teamkollegen bei den New England Patriots, Tom Brady, versorgt hat, werde ich mich dieses Mal mit dem Team der Stunde in der NFL beschäftigen: den Philadelphia Eagles.
Ich kenne die Eagles ja noch sehr gut aus meiner aktiven Zeit bei den New York Giants, da wir zusammen in der NFC East waren und zwei Mal pro Jahr gegeneinander antreten mussten. Aber ich muss sagen: So stark wie in dieser Saison haben ich Philadelphia schon sehr lange nicht mehr gesehen. Sie dominieren ihre Division mit 6:1-Siegen deutlich vor den Dallas Cowboys (3:3), den Washington Redskins (3:3) und den abgeschlagenen Giants (1:6). Diese Dominanz hätte vor der Saison wohl niemand für möglich gehalten. Ich auch nicht. Aber sie hat natürlich Gründe.
Wentz der größte Erfolgsgarant der Eagles
Der vielleicht größte Erfolgsgarant der Eagles ist natürlich Quarterback Carson Wentz. Was der Junge in seinem erst zweiten NFL-Jahr abliefert, ist sensationell. Zuletzt gegen die Redskins warf er erneut vier Touchdown-Pässe und führt die komplette NFL nun mit insgesamt 17 erfolgreichen Pässen in die Endzone an. Ein irrer Wert. Wentz erinnert mich mit seiner Spielweise immer ein bisschen an Aaron Rodgers von den Green Bay Packers oder Russell Wilson von den Seattle Seahawks. Er ist ein genau so mobiler Quarterback, der flink auf den Füßen ist und gefühlt aus jedem Getümmel lebend wieder herauskommt – und so oftmals schon misslungen geglaubte Spielzüge doch noch rettet. Eine Gabe, die nicht viele Spielmacher in der NFL haben.
Außerdem hat Wentz unglaubliche Nehmerqualitäten. Selbst wenn er mal einen richtig harten Hit kassiert, lässt er sich nichts anmerken und wirft im nächsten Spielzug gleich wieder einen erfolgreichen Pass über 60, 70 Yards. So ein Verhalten hat auch eine gewisse Vorbildfunktion für die richtigen schweren Jungs vor ihm in der Offensive Line – nach dem Motto: Also wenn Wentz solche Hits wegstecken kann, können wir das schon lange. Der Kopf und die Psyche spielt dabei eine große Rolle.
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Quarterback-Coach arbeitete schon mit Carr
Zudem hat Wentz mit seinem Quarterback-Coach John DeFilippo jemanden an der Seite, der weiß, wie man mit jungen Spielern umgeht und wie man sie formt. Denn vor seinem Engagement bei den Eagles arbeitete DeFilippo unter anderem bei den Oakland Raiders und trainierte dort Derek Carr in seiner Rookie-Saison – heute gehört dieser zu den besten Spielmachern der Liga. Wentz und sein Quarterback-Coach arbeiten bei den Eagles nun schon im zweiten Jahr zusammen und diese Kontinuität ist wichtig für so junge Spieler wie ihn – und sie trägt offenbar ja auch Früchte.
Ein weiterer Erfolgsgarant neben Wentz ist für mich Chris Long. Die Eagles haben in der Offseason wirklich einen richtig guten Job gemacht und ihr junges Team mit einigen erfahrenen NFL-Spielern ergänzt – wie Long. Der Defensive End kam von den Patriots nach Philly und sorgt auf dem Feld mit all seiner Erfahrung für viel Ruhe und Gelassenheit. Nicht zuletzt deshalb ist er im Team auch sehr anerkannt. Zumal er diese Saison quasi umsonst spielt, weil er jeden seiner Gehaltschecks direkt einer wohltätigen Einrichtung zur Verfügung stellt. Sowas kommt natürlich auch im Locker Room richtig gut an.
Chris Long mit großer Bedeutung fürs Team
Long ist ein Typ, der eine Mannschaft zusammenhält. Außerdem kommt er von einem Team wie den Patriots, wodurch er weiß, wie man sich in der Kabine verhält, wenn es richtig gut läuft. Und natürlich auch, wie man sich verhält, dass das so bleibt. Mir fällt in diesem Zusammenhang auch immer wieder auf, dass die Eagles in dieser Saison die engen Spiele allesamt gewinnen. Egal ob gegen die Carolina Panthers, die Los Angeles Chargers oder die Giants mit dem Field Goal aus 61 Yards in allerletzter Sekunde – immer verließ Philly den Rasen als Sieger. Das schweißt natürlich zusätzlich zusammen.
Die Eagles haben aber noch ein anderes, richtig großes Faustpfand auf ihrer Seite: die Fans. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass keiner von uns gerne in Philadelphia gespielt hat. Die Eagles-Fans sind extrem laut, schreien Dich an und pöbeln dauerhaft rum. Sie wollen es dem Gegner wirklich so schwer und unangenehm wie möglich machen. Dabei ist es auch nicht selten passiert, dass auf dem Weg in die Kabine mal ein Bierbecher geflogen kam. Ich sage es wie es ist: Die Eagles-Fans benehmen sich wie die Axt im Wald. Für die gegnerischen Teams ist das echt kein Spaß. Vielleicht sind sie ja auch deshalb diese Spielzeit zu Hause noch ungeschlagen ...
Eagles müssen mental stark bleiben
Für mich sind die Eagles in diesem Jahr auf jeden Fall ein Playoff-, wenn nicht sogar ein Super-Bowl-Kandidat. Aber: Es sind erst sieben Partien gespielt. Da kann noch viel passieren. Als nächstes kommen die noch sieglosen San Francisco 49ers nach Philadelphia. Die dürfen Wentz und Co. nicht auf die leichte Schulter nehmen, müssen mental stark bleiben.
Sie sind aus meiner Sicht auf einem richtig guten Weg, aber die Steine fallen am Ende der Saison. Philadelphia ist das einzige Team in der NFC East ohne Super-Bowl-Titel - da würde es also durchaus mal Zeit werden. Aber nicht, dass sich die Eagles-Fans jetzt zu früh freuen ...
Jetzt wünsche ich euch aber erst einmal viel Spaß beim langen NFL-Sonntag mit vier Spielen live auf ProSieben, ProSieben MAXX und ran.de
Wir lesen uns bald wieder!
Bis dann,
Euer Markus