Most Valuable Quarterback?
NFL: Diese MVP-Wahl ist respektlos gegenüber Christian McCaffrey und Co. - ein Kommentar
- Aktualisiert: 12.09.2024
- 11:29 Uhr
- Chris Lugert
Lamar Jackson wird zum MVP der NFL-Saison 2023 gewählt. Wirklich bedauernswert ist aber der generelle Umgang mit Nicht-Quarterbacks bei der Abstimmung. So kann man den Award auch gleich umbenennen. Ein Kommentar.
Von Chris Lugert
Am Ende blieb die Überraschung aus, Lamar Jackson ist der MVP der NFL-Saison 2023. Für den Quarterback der Baltimore Ravens ist es die zweite Ehrung zum wertvollsten Spieler der Saison nach 2019.
Dabei schlitterte der 27-Jährige nur knapp an einem Allzeit-Rekord vorbei. Nur eine Stimme fehlte ihm, und Jackson wäre wie bereits vor vier Jahren erneut zum einstimmigen MVP gewählt worden. Das hat noch kein Spieler mehrfach geschafft.
Allerdings ist dieses Abstimmungsergebnis auch ein Schlag ins Gesicht für Christian McCaffrey. Der Running Back der San Francisco 49ers galt lange Zeit als Mitfavorit auf den MVP-Award. Doch das Ergebnis drückte diese Stellung nicht aus.
Mit 147 Punkten landete McCaffrey sogar nur auf Platz drei der Wahl, knapp hinter Quarterback Dak Prescott von den Dallas Cowboys (152). Jackson war mit seinen 493 Punkten in anderen Sphären unterwegs.
Keine einzige Stimme für Platz eins bekam McCaffrey. Die eine Person, die Jackson nicht auf eins wählte, sah Josh Allen ganz vorne. Es ist ein trauriger Tag für alle Nicht-Quarterbacks in der NFL, mehr denn je hat sich jetzt das manifestiert, was schon lange offensichtlich war: Der MVP-Titel ist eine reine Quarterback-Auszeichnung.
Das Wichtigste zum Super Bowl
Dabei wäre es in diesem Jahr so einfach gewesen, diesen immer gleichen Trott zu durchbrechen. Denn die Saison 2023 war keine Quarterback-Saison.
Patrick Mahomes kämpfte bei den Kansas City Chiefs mit zweitklassigem Receiver-Material, Joe Burrow war früh verletzt raus, Justin Herbert steht halt bei den Chargers unter Vertrag. Prescott spielte teilweise überragend, allerdings meinte es der Spielplan auch gut mit ihm. Allen wiederum produzierte Turnover wie am Fließband.
Lamar Jackson war der beste QB - aber auch MVP?
Und Jackson? Der war tatsächlich der beste Quarterback der Saison. Daran gibt es keinen Zweifel. Die Debatte um Brock Purdy klammern wir hier einmal aus. Aber muss der beste Quarterback der Saison auch immer der MVP sein? Das ist die Grundsatzfrage, die sich immer mehr stellt.
MVP, der Most Valuable Player, bedeutet: der Spieler mit dem größten Wert in der NFL. Ein Spieler, der sein Team quasi allein auf ein Niveau befördert, das ohne ihn nicht im Ansatz erreichbar wäre. Wenn dieser Spieler ausfällt, verliert sein Team so viel Qualität, dass diese nicht zu ersetzen ist.
Natürlich kann diese Wahl nur auf einen Spieler eines Teams fallen, das in der Saison auch einen gewissen Erfolg vorzuweisen hat. Ein Playoff-Einzug oder zumindest die unmittelbare Nähe dazu wären hier etwa als Kriterien zu nennen.
Und natürlich genießt der Quarterback in jedem Team eine herausragende Stellung. Die erfolgreiche Suche nach einem Franchise Quarterback ist der Schlüssel zu langanhaltendem Erfolg. Ein schlechter Quarterback wird ein ansonsten gutes Team nicht zum Erfolg führen - Grüße gehen raus zu den New York Jets.
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NFL MVP? Benennt den Award doch einfach um!
Aber das allein darf nicht dafür sorgen, dass die Auszeichnung eines Quarterbacks bei der MVP-Wahl zum Automatismus wird. Der letzte Nicht-Quarterback, der diesen Award erhielt, war Running Back Adrian Peterson im Jahr 2012.
Der Blick auf die abgegebenen Stimmen lässt aber genau diesen Schluss zu. Man entschied sich auf Platz eins für den besten Quarterback und dahinter war man bereit, nach Leistung zu sortieren.
So macht diese Wahl aber keinen Sinn. Warum benennt man den Award dann nicht gleich um in MVQ - "Most Valuable Quarterback"?
NFL Honors 2024: Lamar Jackson, McCaffrey & Co. - Preisträger und Stimmverteilung
Keine Frage, natürlich hatte Jackson einen enormen Wert für die Ravens. Vermutlich auch den höchsten im gesamten Team. Er hat sich als Passer gesteigert und bringt zudem als Rusher eine Komponente hinein, die es in diesem Gesamtpaket in der NFL nur selten gibt. In der Saison 2023 zeigte er das eindrucksvoll.
Keine Argumente für dieses Ergebnis
Aber was ein McCaffrey bei den 49ers gemacht hat, war mindestens genauso beeindruckend. Mehr als 2.000 Scrimmage Yards in einer Offense, die auch noch Waffen wie George Kittle, Brandon Aiyuk und Deebo Samuel hat. Dazu sammelte er 21 Total Touchdowns und blieb in überhaupt nur drei Spielen gänzlich ohne Score - Woche 18, als er geschont wurde, einmal ausgeklammert. Eine unglaubliche Bilanz.
Im Laufe der Saison stellte er außerdem den Uralt-Rekord von Lenny Moore für die meisten Spiele in Folge mit mindestens einem Touchdown (17) ein. Mit seiner Präsenz, seiner Dynamik und schlicht seiner Qualität machte er auch Purdy das Leben einfacher.
Kein Wunder, dass sich schnell scheinbar ein Zweikampf zwischen McCaffrey und Jackson um die MVP-Krone entwickelte - zumindest dachte man das. Doch statt eines Kopf-an-Kopf-Rennens, an dessen Ende ein Jackson-Sieg auch durchaus vertretbar gewesen wäre, wurde es ein Erdrutschsieg. Aber für diese Deutlichkeit gab es keine Argumente.
Die Wahlberechtigten schickten damit ein Signal an alle offensiven Spieler der NFL, die nicht auf Quarterback spielen: Egal, was ihr macht und wie beeindruckend ihr auch abliefert, MVP werdet ihr niemals mehr.
Ein trauriger Tag für die NFL.
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