Neue Regel sorgt für Kontroversen
NFL: Neue Kickoff-Regeln sind ein Glücksfall für Spieler und Fans - Kommentar
- Aktualisiert: 01.04.2024
- 13:50 Uhr
- Kai Esser
Die Besitzer der NFL-Teams haben sich dazu entschieden, den Kickoff zu verändern. Das sorgt für viel Kritik. Allerdings wird diese Änderung am Ende allen zu Gute kommen. Ein Kommentar.
Von Kai Esser
Jeder, der schon mal ein NFL-Einzelspiel in voller Länge gesehen hat, kennt es. Nach dem Kickoff durch eines der beiden Teams liegt ein Spieler eines der beiden Special Teams verletzt am Boden und braucht eine Behandlungspause. Werbung. In einem Spiel, was von Momentum und Momenten lebt, mindestens mal nervig und vor allem unnötig.
Bei Kickoffs, das ist längst kein Geheimnis, ist die Verletzungsgefahr mit am größten. In Relation zu der Seltenheit, in der Kickoff-Plays stattfinden, verletzen sich ständig Spieler.
Nun hat die NFL beschlossen, dass Kickoffs in Zukunft nicht mehr wie gewöhnlich stattfinden werden. Das Kickoff-Team läuft nicht mehr mit dem Kickoff selbst los, sondern steht bereits dem "Receiving Team" gegenüber und muss warten, bis der Returner den Ball gefangen hat. Erst dann darf sich bewegt werden.
Was erst einmal ein wenig abstrus klingt und bei vielen Traditionalisten und "Früher-war-alles-besser"-Schreiern auf Ablehnung stößt, ist eigentlich eine längst überfällige Änderung eines eingestaubten Verfahrens, als Dinge wie CTE (chronisch-traumatische Enzephalopathie, Form der Demenz, ausgelöst durch wiederholte Stöße gegen den Kopf, Anm.d.Red.) noch am liebsten missachtet und unter den Teppich gekehrt wurden.
Das Wichtigste zur NFL
Die NFL versucht hier nicht etwa irgendwelchen alteingesessenen Fans ihr Spiel "wegzunehmen", indem sie es verändern. Sie versucht vor allem ihre Spieler zu beschützen.
Denn, da können Amazon, ESPN und wer auch immer noch so viele Milliarden in Übertragungsrechte investieren: Das Spiel und die gesamte NFL steht und fällt mit den Spielern. Und nicht nur den Starspielern, sondern auch und gerade den Rollenspielern.
Und genau diese Rollenspieler stehen auf dem Platz, wenn Kickoffs und Punts stattfinden. Spieler, für die die Special Teams eine Chance sind. Spieler, für die der NFL-Traum quasi jeden Tag auf der Kippe steht, weil er jeden Tag durch Entlassung oder eben Verletzung vorbei sein könnte. Spieler, bei denen NFL tatsächlich für "Not For Long" steht.
Neue Kickoff-Regel: Auch Fans werden profitieren
Aber nicht nur die Spieler an sich werden die Profiteure sein, sondern auch die Fans. Sowohl vor den heimischen Bildschirmen, als auch im Stadion.
Denn: Je weniger Verletzungen stattfinden, desto höher ist das Niveau der Spiele. Logisch, wenn sich die Stammspieler in den Special Teams nicht verletzen, dann müssen sie nicht durch weniger talentierte oder unerfahrenere Spieler ersetzt werden. Mehr Qualität auf dem Rasen bedeutet mehr Spektakel für die Zuschauer.
Zudem verspricht die neue Regel mehr Kickoff-Returns. Mit der alten Regel wurden die Mehrheit der Kicks zum Touchback in die erste Reihe der Tribüne geschossen. Zur vergangenen Saison wurde sogar eingeführt, dass ein Spieler einen Fair Catch anzeigen kann, damit der Ball auf die 25-Yard-Linie gelegt wird. Mal ehrlich, fand das irgendwer sonderlich spannend?
In der vergangenen Saison gab es sensationelle vier Kickoff-Return-Touchdowns. VIER. Bei 544 Spielen in der Regular Season ist das ganz schön ausbaufähig. Nur alle 136 Spiele gibt es einen Kickoff-Return-Touchdown. Die rund ein dutzend Kickoffs pro Spiel machen diese Quote nicht sonderlich besser.
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Neue Kickoff-Regel: Vorbild ELF
So ganz neu ist der stehende Kickoff aber dann doch nicht. In der XFL wurde diese Art der Spieleröffnung bereits getestet, ehe sie von der European League of Football übernommen wurde.
In 2024 geht die ELF, deren Commissioner Patrick Esume sich persönlich für eine andere Kickoff-Variante als die in der großen NFL einsetzte, in ihrer vierten Saison an den Start.
Zwar gibt es keine Jubelschwaden bezüglich des veränderten Kickoffs aus der Liga, allerdings auch wenig bis keine Kritik daran. Verletzungen bei so banalen Spielzügen wie eben jenem Kickoff sind ebenfalls kaum ein Thema. Dass die ELF davon noch einmal abrückt, ist ausgeschlossen.
Und wer weiß, vielleicht hat die so große NFL ja in diesem Fall etwas von den kleineren Ligen des American Football gelernt. Zugeschaut haben sie in jedem Fall.