Neuauflage des NFC Championship Games 2022
Philadelphia Eagles gegen San Francisco 49ers: Kräftemessen der NFC-Super-Bowl-Anwärter
- Aktualisiert: 01.12.2023
- 18:31 Uhr
- Kai Esser
Das Top-Spiel der NFL am 13. Spieltag findet in Philadelphia statt, wenn die Eagles die San Francisco 49ers empfangen. Dabei geht es um mehr als nur die Vormachtstellung in der NFC - die 49ers haben noch eine persönliche Rechnung offen.
Von Kai Esser
Es war der 29. Januar 2023 in Philadelphia. Erst acht Minuten sind gespielt im NFC Championship Game zwischen den Philadelphia Eagles und San Francisco 49ers, als Pass Rusher Haason Reddick von den Eagles durch die Offensive Line der 49ers schießt und Quarterback Brock Purdy strip-sackt.
Nicht nur verlieren die 49ers damit den Ballbesitz, sondern auch ihren Spielmacher.
Eine schwere Ellbogenverletzung wird später bei Purdy diagnostiziert, der bis dato noch kein Spiel verloren hatte. Am Ende steht es 31:7 für die Eagles, weil der 23-Jährige keinen Ball mehr werfen kann und auch Backup Josh Johnson sich verletzt hat.
"Wir haben das nicht vergessen", sagte Tight End George Kittle im Vorfeld der nun stattfindenden Neuauflage des NFC Championship Games von 2022.
Bereits damals gab er sich an den Seitenlinien kämpferisch. "Ich rolle mich doch jetzt nicht in die Ecke und gebe mich geschlagen", sagte er seinerzeit seinen Teamkollegen noch während der Partie. Wohlwissend, dass die 49ers ohne gesunden Passgeber de facto keine Chance haben würden, das Spiel für sich zu entscheiden.
Die Vorzeichen vor dieser Partie gleichen sich mehr oder minder, wenn man sie mit denen von vor rund zehn Monaten vergleicht. Während die Offense der Eagles stets im Stande scheint, einen Shootout mitzugehen, ist das Prunkstück der 49ers die Defense.
Das Wichtigste zur NFL
Die beinahe schon tragische Verletzung Purdys hat nicht nur die Fans im Stadion, sondern auch die NFL-Fans rund um den Globus eines tollen und ausgeglichenen Spiels zwischen den beiden besten Teams der NFC beraubt.
Rund ein Jahr später kommt die Football-Fangemeinde wohl doch auf ihre Kosten - nicht nur, weil die Teams ihre Mentalität und ihr Gesicht im Kern behalten, sondern sich personell sogar noch verstärkt haben.
Was hätte sein können: Das Brock Purdy Revenge Game
Nicht wenige - um nicht zu sagen die meisten - Fans der 49ers fragen sich wohl noch immer, wie das jüngste Aufeinandertreffen wohl ausgegangen wäre, wenn sich Brock Purdy nicht im ersten Drive des Spiels verletzt hätte.
Immerhin war Purdy bis zu diesem Zeitpunkt als Starter ungeschlagen - und das als Rookie. Acht Siege in Folge sammelte er dabei an. "Wir hätten es definitiv schaffen können", monierte Linebacker Dre Greenlaw damals. Er wäre der erste Rookie-Quarterback gewesen, der sein Team in den Super Bowl führt.
Hätte, wäre, wenn - der sogenannte Schmetterlingseffekt findet hier Anwendung, wenn auch natürlich keine Klärung der Frage.
Fakt ist nur, dass der letzte Pick im Draft 2022 bereit für die Revanche ist - seine persönliche, aber auch die des ganzen Teams. "Das wird ein großes Spiel auswärts. Ich weiß das, wir alle wissen das", erklärte Purdy zuletzt.
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Neuauflage von 2022 - und Vorbote für 2023?
Es passiert nicht oft, dass sich Teams, die nicht in derselben Division spielen, zweimal innerhalb eines Jahres treffen, so wie die Eagles und 49ers in diesem Fall.
Gut möglich jedoch auch, dass man sich sogar ein drittes Mal innerhalb von knapp zwölf Monaten trifft. Während die Mannen aus Santa Clara den zweiten Seed der NFC innehaben, hält Philadelphia den Top-Seed der National Football Conference - und könnten unter Umständen sogar die Playoffs am Sonntag klar machen.
Logisch, die Playoffs sind nochmal ihre eigene Saison und müssen auch erst einmal gespielt werden - aber die Dominanz der beiden Teams lässt auf ein Re-Rematch in den Playoffs der beiden schließen.
Schlüsselduelle auf dem Boden
Entschieden wird das Spiel dieser beiden Top-Mannschaften höchstwahrscheinlich auf dem Boden des Lincoln Financial Field - und zwar buchstäblich.
Das Prunkstück der Eagles ist nämlich das Laufspiel. Sei es über Quarterback Jalen Hurts oder Running Back D'Andre Swift.
"Jalen hat heute ein paar großartige Plays mit seinen Füßen gemacht", lobte Head Coach Nick Sirianni nach dem Overtime-Sieg gegen die Buffalo Bills. Und damit meint der noch junge Hauptübungsleiter nicht den ominösen "Tush Push", "Brotherly Shove" oder wie auch immer man den innovativen Quarterback Sneak der Eagles nennen mag.
65 Rushing Yards und zwei Touchdowns erlief der ehemalige Alabama-Absolvent alleine gegen die Bills. Insgesamt kommt er auf 410 Rushing Yards und elf (!) Touchdowns auf dem Boden. Und selbst wenn man den flinken Hurts unter Kontrolle hat, dann ist noch immer Running Back Swift eine absolute Gefahr, der mittlerweile auf 770 Yards und fast fünf Yards pro Lauf kommt.
Dagegen steht die Defensive Line der 49ers, die nicht nur in ihrer Gesamtheit die wenigsten Punkte ligaweit zulassen (15.5), sondern auch die zweitwenigsten Rushing Yards pro Spiel (82, nur die Bears weniger).
Das Spiel wird also mutmaßlich an der Line of Scrimmage entschieden, wenn eine der besten D-Lines auf eine der besten O-Lines der Liga trifft.
Jalen Hurts als X-Faktor: Nicht immer schön, aber (fast) immer erfolgreich
Was Hurts aber vor allem auszeichnet - und weswegen er im MVP-Rennen der NFL derzeit bei den meisten vorne liegt - ist gar nicht so sehr in Statistiken zu messen.
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Es ist das Gen, das Tom Brady zum GOAT gemacht hat. Statistisch war er nur selten die Nummer eins, aber Brady und seine New England Patriots oder später Tampa Bay Buccaneers haben oft einen Weg gefunden, am Ende als Sieger dazustehen.
Es ist eine Mentalität, die der heute 46-Jährige seinen Mitspielern vorgelebt hat, zu der auch Hurts aktuell Parallelen zeigt.
Sowohl gegen die Bills als auch gegen die Kansas City Chiefs und die Dallas Cowboys in den Spielen zuvor - die Eagles lagen zurück.
Gegen Buffalo zeigte Hurts eine seiner wohl schlechtesten Halbzeiten seiner noch jungen Karriere. Am Ende gewann Philly alle diese Spiele gegen hervorragend besetzte Teams. Nach dem "Wie" fragt allerspätestens eine Woche später keiner mehr.
Beinahe den genauen Kontrast gibt Brock Purdy ab. Der 49ers-Spielmacher hat zwar mit großem Abstand das beste Passer Rating (112.3), die beste Completion Percentage (70.2) und wirft die tiefsten Bälle (9.6 Yards Raumgewinn pro Pass) der Liga, aber das Brady-Gen - oder in dieser Saison eher das Hurts-Gen - hat er noch nicht unter Beweis gestellt.
Wenn die 49ers gewinnen - und das tun sie oft - dann meist von vorneweg. In seiner Karriere steht bisher ein Game Winning Drive zu Buche. Kann er es nicht oder muss er es nicht? An dieser Frage scheiden sich die Geister.
Wo sich jedoch alle einig sind ist die Hoffnung, dass Purdy diesmal die kompletten 60 Minuten verletzungsfrei wird durchspielen können.
Damit die NFL endlich das Matchup der Eagles und 49ers bekommt, das sie verdient hat und um das sie im Januar 2023 durch die frühe Verletzung gebracht wurde.