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Patriots at Dolphins heute ab 19 Uhr live auf ProSieben und ran.de

Sebastian Vollmer exklusiv: "Tom Brady nicht All-in? Sehr dreist und unfair"

  • Aktualisiert: 14.09.2022
  • 14:53 Uhr
  • ran
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© Getty Images

Sebastian Vollmer spricht vor dem 1. Spieltag der NFL im ran-Interview über seinen Saison-Geheimtipp, das Spiel seiner New England Patriots bei den Miami Dolphins (ab 19:00 Uhr live auf ProSieben und ran.de), den Wirbel um Tom Brady und die Zukunft des Football in Deutschland.

Von Andreas Reiners
München - Wenn es um die New England Patriots geht, sprudelt es aus Sebastian Vollmer nur so heraus. Der 38-Jährige ist immer noch nah dran an seinem Ex-Team, mit dem er zwei Mal den Super Bowl gewonnen hat. 

Aktuell ist Vollmer in Deutschland und wird am Sonntag in Düsseldorf auf einem Schiff rund um das Spiel seiner New England Patriots bei den Miami Dolphins (ab 19:00 Uhr live auf ProSieben und ran.de) mit einigen Patriots-Fans eine Watch-Party feiern.

Die Hoffnung dabei, dass die Patriots den Miami-Fluch ablegen und mit einem Sieg in die neue Saison starten können.

Vor der Party sprach Vollmer mit ran über das Spiel der Patriots, aber auch über den Wirbel um Tom Brady, seinen Geheimtipp, die Deutschen in der NFL und die Zukunft des Football in Deutschland gesprochen.

ran: Herr Vollmer, das war in der Nacht zu Freitag ein Statement-Sieg der Buffalo Bills bei den Los Angeles Rams. Haben wir da schon den Super-Bowl-Sieger gesehen?

Sebastian Vollmer: Ich habe in den Tagen vor dem Spiel die Bills schon sehr oft als Favorit genannt, weil sie in den letzten Jahren bereits sehr stark waren und in den Playoffs weiter hätten kommen können. Josh Allen hat nicht erst im Spiel bei den Rams gezeigt, wie gut er ist. Sie sind definitiv ein Titelanwärter.

ranWelche Favoriten sehen Sie in dieser Saison noch?

Vollmer: Trotz der Niederlage gegen die Bills muss man auch mit den Rams rechnen. Tom Brady wäre nicht zurückgekommen, wenn er nicht glaubt, dass er es mit den Tampa Bay Buccaneers schaffen kann. Klar: Die Packers mit Aaron Rodgers sind auch immer mit dabei. Und im Grunde die Teams, die letztes Jahr auch vorne mit dabei waren, wie zum Beispiel die Cincinnati Bengals.

ranGibt es einen Geheimtipp, auf den man achten sollte?

Vollmer: Die Las Vegas Raiders sind ein interessantes Team. Der neue Head Coach Josh McDaniels war mein Offensive Coordinator und auch Quarterback-Coach bei den Patriots, und ich weiß, wozu er in der Lage ist und was er kann. Für Quarterback Derek Carr zum Beispiel kann das nur gut sein. Sie sind ungeschlagen durch die Preseason gekommen, was für McDaniels im ersten Jahr als Raiders-Head-Coach auch gut ist. 

ranWelche Rolle wird Jakob Johnson bei den Raiders spielen?

Vollmer: Er wird eine sehr ähnliche Rolle einnehmen wie in New England. Josh hätte ihn nicht geholt, wenn er keine Pläne mit ihm hätte. Heißt: Tonesetter, harte Hits als Fullback in der Offense, aber auch in den Special Teams. Insgesamt wird es natürlich auch darauf ankommen, wie die Saison für ihn funktioniert.

ranEs gab viele Transactions in der Offseason. Welche Moves waren für Sie die wichtigsten, die mit dem größten Einschlag?

Vollmer: Tyreek Hill zum Beispiel. Er ist einer, der ein Team nach oben bringen kann. Oder Russell Wilson natürlich, Baker Mayfield. Du kannst meiner Meinung nach nicht über Jahre Titel gewinnen, wenn du keinen guten Quarterback hast. Wenn du keine Punkte auf das Scoreboard bringst, nützt dir auch die beste Defense nichts. Deshalb stehen vor allem die Quarterback-Wechsel im Fokus. Man muss sich nur die Bills anschauen: Sie dümpeln jahrelang im Nirgendwo herum, bekommen einen Josh Allen und drehen auf. Und jetzt sagt sich Von Miller, dass er mit den Bills vielleicht auch noch einen Ring holen kann. Daher sorgen vor allem die Quarterbacks für einen großen Ausschlag, weshalb das in der Regel die wichtigsten Wechsel sind.

ranWie besonders war diese Offseason? Gefühlt gab es jede Menge Blockbuster-Wechsel.

Vollmer: Das ist das Interessante an der Offseason und an der NFL generell: Es fühlt sich immer besonders an. Jedes Jahr ist es immer neu und speziell. Jede Fanbase sagt: 'Dieses Jahr ist das Jahr'. Und am Ende relativiert sich vieles. Die NFL ist grandios darin, das Medieninteresse zu wecken.

ranFrüher gehörte auch immer Ihr Ex-Team zu den Favoriten. Es hat sich bei den Patriots vor allem an der Seitenlinie viel verändert, das Playcalling bleibt etwas mysteriös. Was ist den Patriots zuzutrauen?

Vollmer: Es ist schwer vorstellbar, dass sie in der AFC East an den Bills vorbeiziehen können. Im Idealfall kämpfen sie um den Wildcard-Platz, und das traue ich ihnen auch zu. Mac Jones wird ein besserer Quarterback sein als letztes Jahr, Jakobi Meyers seine Nummer-eins-Anspielstation, Hunter Henry die Nummer zwei. Das ist eine gute Kombination.

Die Frage ist: Wie sehr lassen sie Mac los? Wie viel lassen sie ihn also werfen und das Spiel bestimmen oder beschützen sie ihn noch und setzen viel auf das Laufspiel? Es gehört auf jeden Fall noch etwas Sicherheit und Schubkraft in die Offensive Line. Da gibt es noch ein paar Fragezeichen. Wie auch bei den Coaches: Wer ist der Offensive Coordinator, wer der Defensive Coordinator, wer der Quarterback-Coach? Ich habe sie in der Preseason gesehen: Es ist von Viertel zu Viertel unterschiedlich. Ich glaube, dass sie es selbst noch nicht endgültig wissen.

ranIn welcher Phase der Nach-Brady-Ära befinden sich die Patriots?

Vollmer: Sie sind kein schlechtes Team, es ist kein Umbruch, immerhin waren sie 2021 in den Playoffs, auch wenn sie da gegen die Bills eine Klatsche kassiert haben. Aber es ist auf jeden Fall noch Luft nach oben. Mac Jones geht in sein zweites Jahr, er wird besser, auch die Receiver sollten besser spielen als letztes Jahr. Die Defense wird richtig gut sein und bis zur Hälfte der Saison das Team tragen, die Offense wird dann hoffentlich übernehmen, wenn jeder seine Rolle gefunden hat.

ranJones ist einer der Kapitäne: Ist das Bürde oder Boost für einen Quarterback im zweiten Jahr?

Vollmer: Am Ende ist es ein Titel. Er ist sowieso der unangefochtene Anführer der Offense und des Teams. Ein Quarterback ist von seiner Position her immer so hoch angesehen, dass er im Grunde immer als Kapitän gewählt wird. Die Mentalität eines Quarterbacks ist Verantwortung, Vertrauen, Druck - darin solltest du als Quarterback sowieso aufgehen.

ranWie wird seine Entwicklung durch den Abgang von Josh McDaniels beeinflusst?

Vollmer: Ein Vorteil ist es nicht. Es ist die erste Offseason gewesen, in der er sich voll konzentrieren konnte, auch was das Persönliche angeht. Du hast quasi keine Zeit, wenn du vom College kommst. Du hast Training, musst die Spielzüge kennenlernen, eine Wohnung finden, das Auto ummelden, eine Versicherung abschließen und so weiter. Du hast eineinhalb Jahre quasi keine Pause. Dann aber hast du das Playbook verinnerlicht, kannst Fragen stellen und dich weiterentwickeln. Der größte Sprung in der NFL erfolgt bei den meisten Spielern im zweiten Jahr. Wenn du diesen Flow unterbrichst, weil du anders gecoacht wirst, mit einer anderen Philosophie, kann das hinderlich sein. Es zieht sich einfach ein bisschen länger, als es normalerweise dauert. Er ist aber ein Vollprofi, da mache ich mir keine Sorgen.

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ranSorgen sollten sich die Patriots am Sonntag machen, wenn sie zum Auftakt bei den Miami Dolphins spielen, denn die Bilanz ist da ziemlich mies. Warum ist das so?

Vollmer: Das weiß keiner. Spiele in Miami sind für die Patriots immer schwierig. Verschiedene Coaches, verschiedene Spieler, mit Tom Brady, ohne Brady, mit einer guten Defensive Line, mit einer schlechten - am Ende bleibt wohl nur die Hitze als Grund. Das macht einem dort tatsächlich zu schaffen.

ranDie Patriots reisen diesmal deutlich früher an - macht das tatsächlich so einen großen Unterschied?

Vollmer: Bill Belichick kennt die Statistik auch. Da wird alles versucht. Er will sein Team an die Verhältnisse gewöhnen mit ein paar Trainingseinheiten in der Hitze. Du weißt dann, wie du dich ernähren musst, wie viele Salze du zu dir nehmen musst, wie viel Wasser du trinken musst. Dann ist der Schock am Spieltag vielleicht nicht ganz so groß.

ranBeim Gegner ist Tua Tagovailoa seit seinem Start umstritten - muss er es seinen Kritikern jetzt endgültig zeigen, auch wegen Tyreek Hill als Anspielstation?

Vollmer: Der größte Kritiker ist immer der Head Coach, dem musst du zeigen, dass du gut genug bist. Er ist jetzt aber lange genug in der Liga, hat in Tyreek Hill ist einer der besten und einer der schnellsten Receiver in der Liga. Beide müssen liefern, und ich glaube, das werden sie auch. 

ranEs gab zuletzt viel Wirbel um Tom Brady. Hat er den richtigen Moment verpasst, um aufzuhören? Oder wird er nochmal alle überraschen?

Vollmer: Tom Brady muss niemandem mehr etwas beweisen, er muss sich nicht rechtfertigen. Er wäre nicht zurückgekommen, würde er nicht glauben, dass er eine Meisterschaft gewinnen kann. Um den zweiten Platz spielt er nicht. Sie haben ein gutes Team. Dass sie vom Kader her das beste Team in der NFC sind, wage ich aber zu bezweifeln. Aber wir haben Super Bowls mit den Patriots geholt, als wir individuell gesehen nicht die stärksten waren, aber als Team gewonnen haben. Man hat allerdings auch von ihm in der Offseason nicht viel gesehen. Wir haben alle unsere Meinung, aber es ist wahrscheinlich wie jedes Jahr: Am Ende sehen wir alle doof aus, weil wir etwas sagen, was nicht eintrifft.

ranSein Privatleben ist seit Wochen das große Thema. Wie geht er damit um? Perlt das ab oder lenkt es ab?

Vollmer: Der Mann ist ein Vollprofi. Medien haben immer etwas zu sagen oder zu schreiben. Wir hatten in der Vergangenheit mit den Patriots auch Skandale, meistens sportliche. Wenn man ganz oben ist, sind die Geschichten immer ein bisschen krasser. Spielerisch wird ihn das nicht ablenken.

ranKönnen Sie verstehen, dass es vor allem aufgrund seiner Pause in der Preseason Diskussionen gibt um die Frage, ob er immer noch "All-in" ist?

Vollmer: Das ist sehr dreist und unfair. Ich kann es nicht gutheißen, bei einem Sportler so etwas in Frage zu stellen, ob es nun ein Spieler wie Tom Brady ist oder ein Rookie. Wir wissen gar nicht, warum er die Pause eingelegt hat. Ich kenne ihn ja, und er war nicht weg, weil er keine Lust hatte. Er liebt den Sport, seine Teamkollegen. Es ist wieder eine dieser Geschichten, die ein paar Wochen lang erzählt werden.

ranWas trauen Sie den beiden anderen deutschen Spielern Amon-Ra und EQ St. Brown zu?

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Vollmer: Amon-Ra hat im Vorjahr schon abgeliefert, und da man im zweiten Jahr immer besser wird, erwarte ich das bei ihm. Bei EQ erwarte ich das auch. Er hat alle Fähigkeiten, die Hände, die Athletik. Theoretisch sind auch ihm keine Grenzen gesetzt.

ranDrei Deutsche als Stammspieler, dazu das Deutschland-Spiel am 13. November in München: Wie wird sich der Football in Deutschland weiterentwickeln?

Vollmer: Ich erwarte eine noch größere Explosion, vor allem nach dem Spiel in München. Ich bin in der Woche in Deutschland unterwegs gewesen, habe mit Fans und Partnern gesprochen. Du spürst die Begeisterung, es fühlt sich mit jeder Rückkehr nach Deutschland krasser an. Es wächst immer weiter, und man entwickelt ein richtiges Standbein in Deutschland.

ranWas fehlt, damit es mehr deutsche Spieler in die NFL schaffen, damit das Schritt halten kann mit der Begeisterung?

Vollmer: Flag Football wird ein großes Thema bei der Entwicklung von jungen Spielern sein. Dass Kinder im jüngeren Alter anfangen und dass parallel das Football-Wissen weiter ausgebaut wird. Das ist die Hoffnung. Je mehr Kinder mit Football anfangen, desto größer sind die Chancen. Das ist aber kein Prozess, der in zwei Jahren beendet ist, das wird Zeit brauchen. Aber daran arbeiten wir mit der NFL.

ranAuch die Patriots sind erstmals in Deutschland und haben sich zum Spiel bei den Dolphins etwas einfallen lassen ... 

Vollmer: Wir machen mit ein paar hundert Leuten in Düsseldorf eine Watch-Party auf einem Boot. Es geht darum, 'Danke' zu sagen. Die meisten Tickets gingen an Fans, an Leute, die uns seit Jahren unterstützt haben. Aber das ist gerade einmal das erste Event, wir arbeiten schon am nächsten. Es kommt viel, viel mehr.

ran: Können Sie dazu Details verraten?

Vollmer: Noch nicht. Aber um das Deutschland-Spiel herum sind wir auf jeden Fall da. Hoffentlich bekommen wir in diesem Jahr noch ein weiteres Event hin. Und nächstes Jahr ist es der Plan, dass dann auch Spieler in der Offseason nach Deutschland kommen. Es passiert auf jeden Fall noch viel mehr.

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