NFL Kolumne von Sebastian Vollmer-Kolumne
Sebastian Vollmer zum Brown-Trade: "Gruden darf sich jetzt nicht auf der Nase herumtanzen lassen"
- Aktualisiert: 10.03.2019
- 20:06 Uhr
- ran.de / Sebastian Vollmer
In seiner Kolumne auf ran.de schreibt der Ex-NFL-Profi und zweimalige Super-Bowl-Champion Sebastian Vollmer über den Mega-Trade von Antonio Brown von den Pittsburgh Steelers zu den Oakland Raiders und erklärt, warum der Wide Receiver den Raiders sportlich zwar weiterhelfen, aber auch für einige Probleme sorgen kann.
Hi Football-Fans,
die Antonio-Brown-Saga ist endlich beendet, der Wide Receiver wird von den Pittsburgh Steelers zu den Oakland Raiders getradet. Im Gegenzug bekommen die Steelers aber nur einen Dritt- sowie Fünftrunden-Pick im diesjährigen Draft. Außerdem nehmen sie 21 Millionen Dollar "Dead Money" in Kauf, nur um Brown loszuwerden. Interessant: Bei einem Verbleib hätten sie Brown nur eine Million mehr, also 22 Millionen Dollar, an Gehalt zahlen müssen. Ein klares Zeichen, dass sie das Theater des ohne Zweifel elitären, aber auch extrem extrovertierten Passempfängers satt hatten. Aber auch trotz markigen Sätzen, dass er nur woanders spiele, wenn dort nach seinen Regeln gespielt werde, gibt es Teams, die sich nach wie vor um ihn reißen. Ganz einfach, weil er sportlich zu stark ist und das wiederum solche Sätze übertüncht.
Denn wer Brown holt, weiß letztlich, was er bekommt – nämlich unter Umständen einen Störenfried im Locker Room. Vielleicht könnt ihr Fans euch das nicht so recht vorstellen, aber in einer NFL-Kabine mit 60, 70 Spielern, herrscht immer eine stressige und angespannte Atmosphäre. Jeder ist mit sich selbst beschäftigt, hat Angst, entlassen zu werden, der Erfolgsdruck und somit die mentale Belastung sind enorm hoch. Da kann es für alle richtig anstrengend sein, wenn dauernd einer gegen den Strom schwimmt. Ich kann mich noch daran erinnern, als wir mit den New England Patriots mal gegen die Pittsburgh Steelers gespielt haben und Steelers-Head Coach Mike Tomlin nach der Partie eine Rede vor seinem Team hielt und die Patriots und all deren Spieler dabei beleidigte.
Woher ich das weiß? Brown postete genau diese Rede nach der Partie komplett live auf seinem Instagram-Account und sorgte damit in der Öffentlichkeit für mächtig Aufsehen. Auch für die Steelers-Veteranen war das natürlich eine Katastrophe. Denn sowas macht man einfach nicht, das sind Internas, die auch intern bleiben sollten. Es kostet einfach Energie, sich mit so etwas Unnötigem auseinanderzusetzen zu müssen. Sowas hätte es unter Bill Belichick bei den Patriots nie gegeben. Eine solche Verfehlung und der Spieler, egal wie groß der Name auch gewesen wäre, wäre rausgeflogen.
Brown brauchte nun also ein Team, das seinen Charakter und seine möglichen Eskapaden akzeptiert. Die Raiders scheinen bereit dazu zu sein. Wobei natürlich nicht verschwiegen werden darf, dass der 30-Jährige ein wirklich überragender Wide Receiver und sportlich über alle Zweifel erhaben ist. Es kann und wird Oakland definitiv helfen. Bleibt nur die Frage, zu welchem Preis? Für mich ist seine Verpflichtung auch ein cleverer Marketing-Schachzug der Raiders. Denn sie mussten ihren Fans nach der verkorksten vergangenen Saison endlich mal wieder etwas präsentieren, woran sie sich festhalten und erfreuen können.
Im vergangenen Sommer wurde Jon Grunden mit vielen Vorschusslorbeeren als neuer Head Coach geholt, während der Saison Khalil Mack und Amari Cooper weggeschickt, auf viele junge Talente gesetzt und trotzdem standen am Ende nur 4:12-Siege. Zu wenig für die eigenen Ansprüche. Und dann steht bald auch noch der Umzug nach Las Vegas bevor. Da kam der Brown-Trade genau zur richtigen Zeit, um in der Offseason eine gewisse Aufbruchstimmung zu entfachen. Zumal Oakland auch den nötigen Cap Space hat, um sich den Wide Receiver leisten zu können.
Es wird für Gruden nun die große Herausforderung sein, Brown in Oakland in den Griff zu bekommen. Denn wenn er ihm alles durchgehen und sich auf der Nase herumtanzen lässt, kann er ganz schnell den Locker Room und somit das Team verlieren. Im Normalfall regulieren die Spieler sich in der Kabine selbst, es gibt aber auch Situationen, in denen ein Head Coach dazwischenhauen muss, um ein Zeichen zu setzen. Ich gehe auch stark davon aus, dass Gruden bereits mit Browns Agent und ihm selbst gesprochen und ihnen dabei die Spielregeln erklärt haben wird. Möglicherweise wird der Raiders-Head Coach seinen neuen, exzentrischen Wide Receiver beim ersten gemeinsamen Teamtraining auch extra hart rannehmen und ihn vielleicht sogar von der Einheit rausschmeißen lassen wird – nur, um ein Exempel zu statuieren. Solche Maßnahmen können gegebenenfalls sogar vorher zwischen Gruden und Brown abgesprochen sein, damit das Team sieht, dass der Head Coach den als schwierigen Charakter geltenden Neuen im Griff hat.
Dass Brown nun bei den Raiders gelandet ist, kommt für mich nicht überraschend. Ich habe fest damit gerechnet, weil es für mich wirklich nur genau dieses eine Team gibt, zu dem der Wide Receiver aktuell passt. Oakland braucht sportlich Hilfe und verfügt über den nötigen Cap Space. Ein Deal, der durchaus auch funktionieren kann – aber nur, wenn Brown nicht nur nach seinen eigenen Regeln spielt. Rein sportlich gesehen hätte ich mir Brown auch bei den Buffalo Bills vorstellen können. Oder auch den New York Jets. Das sind beides Teams aus der AFC East und diese Franchises wappnen sich langsam aber sicher für die Zeit nach Tom Brady, damit sie dann möglichst die Vorherrschaft in dieser Division von den Patriots übernehmen können.
Soweit meine Meinung zum Trade von Antonio Brown von den Pittsburgh Steelers zu den Oakland Raiders. Wir lesen uns hier bestimmt schon bald wieder mit neuen spannenden Themen rund um die NFL.
Bis dahin,
Euer Sebastian
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