Anzeige
SB LII: Eagles triumphieren in Minneapolis

Von wegen Patriots-Dusel! Die kontroversen Entscheidungen in Super Bowl LII

  • Aktualisiert: 22.02.2018
  • 15:19 Uhr
  • Marco Kieferl / ran.de
Article Image Media
© 2018 Getty Images

Nicht erst seit dem AFC Championship Game gegen die Jacksonville Jaguars wird den New England Patriots in der NFL-Fangemeinde ein Schiedsrichterbonus unterstellt. Bei der Super-Bowl-Niederlage gegen die Philadelphia Eagles kann davon keine Rede sein. ran.de wirft einen genauen Blick auf fünf kritische Plays im Super Bowl LII und dabei stellt sich die allgegenwärtige Frage: Was ist eigentlich noch ein Catch?

Minneapolis/Unterföhring - Noch bevor auch nur der Kick-Off in Minneapolis erfolgte, wurden die sozialen Medien im Vorfeld des Super Bowls schon wieder von Verschwörungstheorien rund um die New England Patriots und vermeintlich vorteilhafte Schiedsrichterentscheidungen überflutet.

Was hierzulande im Fußball gerne als "Bayern-Bonus" bezeichnet wird, wird in der NFL-Fangemeinde gerne mal mit den "New England Refriots" oder "P.A.T.R.I.O.T.S. – Pay all the refs in order to succeed" umschrieben.

Anzeige
Anzeige

Steratore gelobt wie kritisiert

Gegen die Philadelphia Eagles war das Glück aber gleich in mehrfacher Hinsicht nicht auf Seiten der Pats. Wurden sie deswegen benachteiligt? Oder sind die Regeln mittlerweile tatsächlich so undurchsichtig, dass selbst angesehene Kommentatoren wie Cris Collinsworth den Überblick verlieren?

Fest steht: Referee Gene Steratore wurde von Experten und Fans ebenso scharf kritisiert wie gelobt. Wir zeigen euch, warum:

1. Szene: Malcolm Jenkins Hit gegen Brandin Cooks

Früh im zweiten Viertel verloren die New England Patriots Wide Receiver Brandin Cooks infolge eines harten Tackles von Malcolm Jenkins. Cooks hatte sich mit einem langen Catch für 23 Yards bis dahin als gefährliche Option im Passspiel der Patriots entpuppt, konnte nach einem Hit von Helm-zu-Helm aber mit Verdacht auf eine Gehirnerschütterung nicht ins Spiel zurückkehren.

Im Patriots-Lager war das Entsetzen nicht nur aufgrund von dessen Verletzung groß. Schließlich hätte das Play ihrer Meinung nach eine 15-Yard-Strafe wegen "Unnecessary Roughness" zur Folge haben müssen.

Anzeige
Anzeige

Andere Refs greifen zum Call

Cooks drehte sich in dieser Szene nach dem Catch um die eigene Achse und hatte bereits mehrere Cuts in seinen Laufwegen, in der Hoffnung eine Lücke zu finden. Er sah nicht, wie Jenkins auf Höhe seines geneigten Kopfes angeflogen kam. Der traf ihn mit dem Kopf voran in die obere Brust und Kinn-Gegend, konnte aber sehen, dass Cooks den Kopf seit einiger Zeit unten hielt.

Fazit: Mike Pereira, Schiedsrichterexperte von "FOX Sports", wertete das Play als Legal Hit. Er stufte Cooks nach dem Catch als Runner ein. Der Tackle ging für ihn in Richtung Brustgegend. Ebenso entschied das Schiedsrichtergespann um Steratore. Ein Call, der durchaus subjektiv ist, in dem Tempo der Aktion und der 180-Grad-Drehung von Cooks aber in Ordnung geht. Andere Schiedsrichter hätten sicherlich die Gelbe Flagge geworfen.

2. Szene: Eagles-Formation vor Foles Touchdown-Catch

Es ist eine der Szenen des Super Bowls 2018. 34 Sekunden vor der Halbzeit entschließen sich die Eagles, ein 4th & Goal an der 1-Yard-Linie auszuspielen und passen den Ball über Tight End Trey Burton zum freistehenden Nick Foles. Ein Trickspielzug zur 22:12-Halbzeitführung – mit einem entscheidenden Schönheitsfehler.

Alshon Jeffery stand beim Lineup nicht an der Line of Scrimmage. Dementsprechend hatten die Eagles zu dem Zeitpunkt strenggenommen nicht die erforderlichen sieben Mann an der Line. Unter diesen Umständen hätten die Referees dies als "Illegal Formation" werten müssen. Der Spielzug hätte eine 5-Yard-Strafe zur Folge gehabt und wiederholt werden müssen.

Externer Inhalt

Dieser Inhalt stammt von externen Anbietern wie Facebook, Instagram oder Youtube. Aktiviere bitte Personalisierte Anzeigen und Inhalte sowie Anbieter außerhalb des CMP Standards, um diese Inhalte anzuzeigen.

Fingerspitzengefühl gefragt

Referees messen die Position der Spieler an der Line of Scrimmage aber selbstverständlich nicht aus, daher ist in diesen Situationen Fingerspitzengefühl gefragt. Nicht selten versichern sich die Wide Receiver bei den Linienrichtern, ob ihre Position in Ordnung ist. Weil Jeffery dem Referee an der rechten Seitenauslinie mit den Händen zweimal ein Signal gab, ist davon auszugehen, dass das die Unparteiischen in diesem Fall mit der etwas ungenauen Positionierung einverstanden waren.

Fazit: Strenggenommen handelt es sich um einen Regelverstoß. Fälle wie dieser kommen aber in jedem Spiel mehr oder weniger deutlich vor und werden von den Referees toleriert. Infolge dessen ist auch dieser Call vertretbar.

3. Szene: Clements Touchdown-Catch

Catch oder nicht? Diese Frage beschäftigte Spieler wie Fans gleichermaßen im Laufe dieser Saison. Man denke nur an Jesse James vermeintlichen Touchdown-Catch im AFC-Schwergewichtsduell zwischen den Steelers und den Patriots. Eine ähnliche Situation ereignete sich auch im Super Bowl während des dritten Viertel – und wurde dieses Mal zum Nachteil der Patriots ausgelegt.

Corey Clement fing einen 22-Yard-Pass von Nick Foles in der Endzone, machte einen Schritt und ließ den Football dann für den Bruchteil einer Sekunde los. Das Leder war innerhalb der beiden Hände des Running Backs kurz frei, ehe Clement wieder zugriff, aber mit dem zweiten Schritt des "zweiten Catches" die Auslinie berührte.

"I give it up"

Die Defensive Backs der Patriots forderten eine Incompletion. Nichts Neues für den Titelverteidiger, der in dieser Saison in ähnlichen Szenen bereits dreimal davon profitierte, dass vermeintliche Touchdowns aufgrund eines kurzen Kontrollverlusts aberkannt wurden. Da der Pass von Foles bereits bei 3rd & 6 erfolgte, hätten die Eagles sich dementsprechend wohl mit einem Field-Goal-Versuch begnügen müssen.

Auch die Reporter der NBC waren sich aufgrund der Erfahrungen aus der Regular Season sicher, dass die Entscheidung revidiert werden müsste. Als die Entscheidung der Schiedsrichter den Catch bestätigte, gestand nicht nur Kommentator Chris Collinsworth: "I give up."

Anzeige

Ablauf okay - Entscheidung uneinheitlich

Für die FOX-Regelexperten Mike Pereira und Dean Blandino bewegte sich die Entscheidung im Rahmen der Regeln. Ihnen zufolge war der Beweis der Videobilder nicht ausreichend, um den Call nachträglich abzuändern.

Fazit: Ein Vorgehen, das vom Ablauf der Entscheidungsfindung nachvollziehbar ist, aufgrund der unterschiedlichen Regelauslegung in dieser Saison aber einen faden Beigeschmack hinterlässt. Im Sinne einer einheitlichen Linie hätten die Patriots auch zum vierten Mal in Folge von einer Incompletion profitieren müssen. Im Bestfall, so schwer es sein mag, hätte der Catch von vorneherein nicht anerkannt werden dürfen.

4. Szene: Ertz entscheidender Touchdown

Knapp zwei Minuten vor dem Ende entkommt Zach Ertz mit einem Cut nach innen seinem Bewacher Devin McCourty. Der Tight End fängt den Ball, läuft zwei Schritte und stolpert dann über den am Boden liegenden McCourty in die Endzone. Der Football prallt auf den Boden und springt aus den Händen des 27-Jährigen.

Würde man einen Steelers-Fan irgendwo auf dieser Welt fragen, ob dies ein korrekter Catch war, würde er mit Verweis auf den berüchtigten Jesse-James-Catch gegen New England auf das Gegenteil bestehen. Selbiges galt einmal mehr für die amerikanischen Kollegen, doch sie übersahen ein entscheidendes Detail.

Anzeige

Ertz wird zum Runner

James fing den Ball und fiel mit ihm in Richtung Endzone, Ertz machte zwei Schritte und sprang aus eigenen Stücken in Richtung Goal Line. Daher wurde er von Steratore als Runner gewertet. Der Catch war bereits regelkonform erfolgt, daher musste er beim Aufprall in der Endzone keine Kontrolle mehr über den Ball haben, da er ihn bereits in der Luft sicher in den Händen über die imaginäre Linie brachte.

Die Regelauslegung von Steratore bestätigten die Experten von FOX einstimmig. Für diesen Call wenige Minuten vor Schluss muss man den Referee loben.

5. Die geklaute Hail Mary

Mit dem letzten Spielzug legte New England alle Hoffnung in den Arm von Tom Brady und die Hände von Rob Gronkowski. Dennoch verwunderte es etwas, dass der 120-Kilo-Koloss als erster und einziger Spieler der Patriots in der Endzone ankam, um den Pass zu fangen.

Den Grund dafür liefert eine Videoaufzeichnung fernab des üblichen TV-Bildes. Chris Hogan wurde weit nach den ersten fünf Yards von einem Eagles-Defender zu Boden getackled. Hierbei hätte in jedem Fall eine Strafe und die Wiederholung des Plays folgen müssen.

Abhängig davon, ob Brady das Ei bereits in die Luft befördert hatte, hätte auf Pass Interference oder Illegal Contact entschieden werden müssen. In ersten Fall wäre der Ball an Philadelphias 36-Yard-Linie platziert worden, andernfalls wäre das letzte Play von der gegnerischen 46-Yard-Linie erfolgt.

Fazit:

Von einer klaren Bevorzugung der Eagles kann ebenso wenig die Rede sein wie von einer Schiedsrichterverschwörung zugunsten der Patriots. New England hatte schlicht und ergreifend Pech, dass die 50:50-Entscheidungen dieses Mal für den Gegner ausfielen. Eine letzte Hail Mary hätten Brady und Co. bekommen müssen, doch auch mit diesem Call ist ein anderer Ausgang des Spiels keineswegs garantiert.

Es bleibt nur zu hoffen, dass die NFL endlich die Catching Rule ändert. Ansonsten dürften wir Cris Collinsworth "I give it up" noch von so manchem Experten hören.

Du willst die wichtigsten NFL-News direkt auf dein Smartphone bekommen? Dann trage dich für unseren WhatsApp-Service ein unter http://tiny.cc/ran-whatsapp