Die Top-Quarterbacks im NFL Draft 2023 in der ran-Analyse
Will Levis im NFL Draft 2023: Die Detail-Analyse
- Aktualisiert: 28.04.2023
- 16:16 Uhr
- ran.de/Tim Rausch
Nach zwei Jahren bei den Penn State Nittany Lions wechselte Will Levis zu den Kentucky Wildcats, bei denen er sich in den vergangenen beiden Spielzeiten zu einem der besten Quarterbacks des diesjährigen Jahrgangs im NFL Draft entwickelte. Das Spielerprofil, die Stärken und Schwächen von Will Levis in der Detail-Analyse von ran-Autor Tim Rausch.
Vor dem NFL-Draft stellt ran die Stärken und Schwächen der vier hoch gehandelten Quarterbacks Bryce Young, C.J. Stroud, Anthony Richardson und Will Levis heraus. Nach der Detail-Analyse von Young ist nun Will Levis an der Reihe.
Will Levis
- College: Kentucky Wildcats
- 193 cm groß
- 105 Kilogramm schwer
- 23 Jahre alt
Physis
- Größe und Gewicht
"Er ist ein großer, physischer Quarterback, der dafür gebaut ist, in der NFL zu spielen", sagte NFL-Experte Bucky Brooks in der Live-Übertragung des Pro Days von Levis. Der ehemalige Kentucky-Quarterback bringt die prototypischen Maße mit und lässt - wortwörtlich - die Muskeln spielen.
- Geschwindigkeit
Der 23-Jährige hat einen guten Antritt und eine gute Höchstgeschwindigkeit. Er kann Spielzüge mit seiner Athletik verlängern, Pass Rusher abschütteln und einigen Verteidigern davonziehen.
- Wurfkraft
Die Wurfkraft ist ein überzeugendes Argument für Levis. Er kann mit seinem Arm alle Bereiche des Feldes bedienen und seine Pässe kommen auch über längere Distanzen mit viel Schmackes bei den Passempfängern an.
Allerdings hat er nicht immer das Gefühl für seine Pässe. Er tendiert dazu, im Kurzpassspiel oder bei Pässen, die etwas mehr Feingefühl erfordern und in den Raum "gelegt" werden müssen, zu viel Wucht in den Wurf zu legen.
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Wurf-Eigenschaften
- Release
Levis wird den Ball schnell und sauber los. Er hat kaum Probleme, aus verschiedenen Armwinkeln heraus oder in schwierigeren Situationen (Pass Rusher im Gesicht, im Fallen etc.) zu werfen.
- Genauigkeit
Eine der größten Baustellen bei Levis ist die Inkonstanz bei der Passgenauigkeit. Ihm unterlaufen in allen Bereichen des Feldes immer wieder Präzisionsfehler. Besonders die Pässe über kurze Distanzen müssen mit höherer Konstanz beim Passempfänger landen.
Die Gründe für seine Genauigkeitsprobleme sind vielschichtig. Mal wirft er zu fest, mal platziert er den Ball nicht ideal, mal waren Passempfänger und Levis nicht auf einer Wellenlänge.
Mentale Fähigkeiten
Bevor die mentalen Fähigkeiten von Levis genauer beleuchtet werden, muss gesagt sein, dass er an einem vergleichsweise schwächeren College gespielt hat. Die Offensive Line wackelte häufig, Receiver liefen sich nicht immer gut frei und die Spielzüge des Trainerstabs verschafften, je nach Situation, nicht immer die beste Ausgangslage für Levis.
In der Evaluierung muss dies berücksichtigt werden, da der Quarterback zwar individuell analysiert wird, aber dennoch stark von seinem sportlichen Umfeld abhängig ist.
- Entscheidungsfindung
Insgesamt trifft er häufig gute Entscheidungen, wirft den Ball nur selten in gefährliche Situationen hinein. Er hat allerdings die Eigenschaft, hin und wieder an dem vorab festgelegten Read zu kleben und "blind" dorthin zu werfen, selbst wenn die Defensive darauf eingestellt ist. Gelegentlich übersieht er offene Receiver.
- Antizipation
Levis täuscht gerne Würfe in Form von "Shoulder Fakes" oder "Pump Fakes" (Defensiv-Spieler reagieren auf die Körpersprache des Quarterbacks und werden so aufs Glatteis geführt) an, um Räume für Passfenster zu schaffen. Manchmal hätte er den Ball Bruchteile einer Sekunde eher loswerden können, um für ein noch engeres Timing zwischen Ankunft des Balles und dem Moment, in dem der Receiver sich freigelaufen hat, zu sorgen.
- Pocket-Verhalten
Am Pocket-Verhalten muss dringend gearbeitet werden. Levis verschafft sich nur selten durch subtile Bewegungen in der Pocket mehr Zeit und "spürt" nicht immer den Druck. Das kann sogar von Vorteil sein, weil er dadurch hin und wieder - trotz Drucks - in der Pocket stehen bleibt und den Ball anbringt, kann aber auch dafür sorgen, dass er Sacks sammelt, Bälle abgefälscht werden oder er eine Vielzahl an Hits einsteckt.
Zudem fehlt ihm noch das Gefühl dafür, wann er die Pocket verlassen sollte, um zu improvisieren oder zu Fuß Raumgewinn zu erzielen.
- Spielintelligenz
Mit zwei Saisons als Vollzeit-Starter bei Kentucky und insgesamt vier Jahren College-Football auf dem Buckel, hat Levis eine Menge Erfahrung gesammelt. Sein Spielverständnis ist gut.
Er erkennt vor Spielzügen das Defensivverhalten häufig richtig und lässt sich nach dem Snap nur selten von Rotationen in andere Defensiv-Konstrukte verwirren. Häufig hat er die richtige Antwort auf die Defensive parat, allerdings lässt ihn dann ab und an die Genauigkeit oder das Pocket-Verhalten im Stich.
Improvisations-Fähigkeiten
- Werfen unter Druck
Sein schneller Release und seine natürliche Wurfkraft erlauben es ihm, unter schwierigen Umständen den Ball los zu werden. Und, wie bereits erwähnt, spürt er Druck nur selten, weil er ihn meist gar nicht erst registriert. Vergangene Saison brachte er unter Druck über die Hälfte seiner Pässe an, warf vier Touchdowns und zwei Interceptions.
- Läuferische Fähigkeiten
Will Levis verfügt über die nötige Athletik und Physis, um zu Fuß einige Yards an Raumgewinn rauszuholen.
Er spielt zudem - besonders für einen Quarterback - ziemlich körperbetont, sucht oft den Kontakt mit Verteidigern und kämpft beim Aufprall mit einem Defender um jeden Yard. Das kann für mehr Raumgewinn sorgen, könnte ihm aber in der NFL, mit Blick auf das Verletzungsrisiko in solchen Szenen, zum Verhängnis werden. Er kann zudem seine Mobilität einsetzen, um Pass-Spielzüge zu verlängern.
Fazit
"Levis musste bei Kentucky hart für alles arbeiten. Er hatte keine gute Offensive Line, keine guten Receiver. Das wird ihm in der NFL helfen, weil es den Sprung erleichtert. Einige Quarterbacks profitierten am College von sehr guten Umständen, Levis hatte das nicht", sagte Draft-Experte Mel Kiper bei "ESPN".
Will Levis ist ein athletischer Quarterback, der mit seinem schnellen Release und seiner natürlichen Wurfkraft überzeugt. Er kann Spielzüge verlängern und hat einen gewissen "It-Faktor" als Läufer.
Allerdings ist es schwierig, die mentale Seite des Balles für die Zukunft abzuschätzen. Die Umstände bei Kentucky waren nicht ideal und er zeigte immer wieder ein gutes Verständnis für Defensiv-Konstrukte, aber gleichzeitig gab es eine Reihe von Spielzügen, in denen er Ungenauigkeiten im Passspiel offenbarte, Receiver übersah, an seinem ersten Read klebte oder zu spät in Passfenster warf.
Um in der NFL erfolgreich zu sein, muss er konstanter in Sachen Wurfgenauigkeit, Antizipation und Spielverständnis werden. Auch das Pocket-Verhalten ist ausbaufähig. Wenn er all das schafft, steht ihm mit den physischen Fähigkeiten nichts mehr im Weg.