18. Titel der Franchise
NBA Finals: Boston Celtics beenden eine Jagd – und starten gleich die Nächste
- Veröffentlicht: 18.06.2024
- 08:45 Uhr
- Ole Frerks
Die Boston Celtics sind NBA-Champion 2024! Nach dem Wackler in Spiel 4 setzte Boston in Game 5 den dominanten Schlusspunkt hinter eine historische Saison. Warum dieses Team endgültig seine Wertschätzung verdient – und was die Dallas Mavericks um Luka Doncic aus diesen Finals mitnehmen können.
Von Ole Frerks
1. Das beste Team ist Champion
Die NBA-Saison 23/24 hat ihr passendes Ende gefunden. Die Celtics beendeten dominant, was dominant anfing: Boston hatte die beste Offseason, die beste Regular Season und die beste Postseason aller Teams – man muss sie nicht als eins der besten Teams der NBA-Geschichte ansehen, sie hatten jedoch unbestreitbar eine der besten Saisons, die es je gegeben hat.
Von 101 Spielen in Regular und Postseason gewannen sie 80. Ihr Net-Rating in der Regular Season (11,6) wurde nur in zwei Saisons von den Michael Jordan-Bulls sowie einmal von den Warriors mit Kevin Durant übertroffen. In den Playoffs wurde der Wert durch die Rutsche in Spiel 4 etwas gedrückt (8,6), dominant war Boston aber auch hier: Ihre 16-3-Bilanz war die beste seit den 17er Warriors, in keiner Serie gerieten sie in Rückstand. Zehn Spiele gewannen sie mit mindestens 10 Punkten Unterschied, auch das letzte.
Und dieser letzte Sieg hätte sogar noch deutlicher ausfallen können. Die blutleere Leistung in Spiel 4 war schnell als Ausrutscher entlarvt: Boston übte von Beginn an massiven Druck in der Defense aus, fand offensiv einen guten Mix aus Drives und Dreiern, attackierte wieder viel gezielter, war diesmal auch beim Rebound das klar dominante Team (51:35).
Das Wichtigste zum Celtics-Erfolg
Boston baute seinen Vorsprung auf bis zu 26 Punkte im dritten Viertel aus. Dann kam eine Dürrephase – über die letzten neun Minuten des dritten Viertels gab es lediglich 8 Celtics-Punkte –, aber auch diese sah anders aus als in Spiel vier oder im vierten Viertel von Game 3.
Der Prozess war überwiegend gut, die Intensität in der Defense ließ nie nach. Es wurden nur phasenweise die ganzen offenen Würfe, die herausgespielt wurden, nicht getroffen. Boston traf im dritten Viertel 1/6 direkt am Ring, 1/3 aus der Floater Range. Die Celtics ließen sich aber nicht beirren und schafften es im letzten Durchgang schnell endgültig, den Sack zuzumachen.
Die Schlussminuten wurden dann endgültig zu der Party, auf die Boston seit Jahren hingefiebert hatte – seit Jaylen Browns Rookie-Jahr (16/17) erreichten die Celtics in sechs von acht Jahren die letzten vier, bisher reichte es jedoch nie bis zum Titel. Die Jagd auf Banner Nr. 18 ist nun endlich beendet: Boston ist wieder alleiniger Rekordmeister der NBA.
"Was werden sie jetzt sagen?", brüllte ein euphorisierter Jayson Tatum nach dem Spiel ins ABC-Mikrophon – wohlwissend, wie viel Kritik und wie viele Zweifel es an diesen Celtics über die Jahre gab, insbesondere am Star-Duo Tatum und Brown. Natürlich gibt es längst andere Diskussionen, etwa darüber, wie leicht es Boston auf dem Weg zu diesem Titel hatte.
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Es sah tatsächlich überwiegend leicht aus. Abgesehen von den Verletzungen bei ihren Gegnern im Osten trug dazu aber auch, nun, die Klasse der Celtics einiges bei. Sie ließen es über die gesamte Saison gegen fast alle ihre Gegner leicht aussehen, sie gerieten auch in den Finals gegen den West-Vertreter nicht wirklich unter Druck.
Sie hatten dabei selbst in den Playoffs nur sehr selten ihren eigentlichen Starting Center zur Verfügung, Kristaps Porzingis, der über die Saison ihr drittbester Scorer und wichtigster Ringbeschützer gewesen war. Das wird oft ausgeklammert.
Ebenso wird früher oder später ausgeklammert werden, wie "leicht" es für die Celtics war, gerade dann, wenn sie eine gute Titelverteidigung an diese Saison heranheften können. Wichtig sind die Diskussionen, eigentlich, ohnehin nicht. "Sie können dir gar nichts mehr sagen, du bist jetzt ein Champion", sagte Al Horford in den Schlusssekunden des Spiels zu Tatum. So ist es.
2. Dallas geht die Puste aus
Die Mavs fanden für ihre Saison nicht den erhofften Abschluss. Nach der Gala in Spiel 4 taten sie sich mit dem defensiven Druck der Celtics diesmal ungleich schwerer, brachten in der ersten Hälfte nur 46 Punkte zustande. Auch die Dürrephase der Celtics im dritten Viertel reichte nicht aus, um die Mavs wieder so richtig ins Spiel zurückzulassen, auch wenn Luka Doncic nach der Pause zumindest etwas auftaute (19 seiner 28 Punkte in Halbzeit zwei).
Die Defense aus Spiel 4 konnte Dallas nicht noch einmal zeigen, auch weil Boston wieder besser nach Matchups suchte und den Korb attackierte. Gegen die Mavs-Drives gab es mehr Hilfe, auch deshalb leistete sich Doncic 7 Turnover, so viele wie Boston als Team hatte. "Sie waren sehr physisch. Sie haben großartige Verteidiger", musste Doncic im Anschluss anerkennen.
Gerade in Halbzeit eins münzten die Celtics diese Ballverluste konsequent in Transition-Punkte um. Der Slowene wirkte wie sein Team insgesamt müde, nicht mehr auf den Punkt fokussiert. Kyrie Irving hatte zum dritten Mal in dieser Serie in Boston massive Probleme (15 Punkte, 5/16 FG) und konnte Doncic in der ersten Hälfte kaum entlasten.
Die Mavs hatten dabei sogar noch das "Glück", dass Josh Green, der von Boston konsequent offen gelassen wurde, vier seiner sechs Dreier versenkte. Es war nicht genug, zumal Boston stets eine gute Antwort fand. Wieder hatte diese ziemlich oft damit zu tun, dass Doncic oder Irving attackiert wurden; auch die 15 Offensiv-Rebounds, die Boston holte, wurden recht oft vom direkten Matchup eines der Star-Guards eingesammelt.
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Doncic war das bewusst, Entschuldigungen wollte er dafür auch nicht gelten lassen. "Es ist egal, ob ich verletzt war oder wie verletzt ich war. Ich war dort draußen und habe gespielt. Aber ich habe nicht genug getan", sagte Doncic. Tatsächlich kann Doncic Lektionen aus dieser Serie mitnehmen, in puncto Defense, Kondition, Fokus auf die Schiedsrichter, Fokus an der Freiwurflinie (in drei von fünf Spielen traf Doncic 50% oder schlechter!). Er hat Luft nach oben.
Es war trotzdem eine besondere Saison der Mavs, eine besondere Saison für Doncic. Er wurde Topscorer der Liga, Dritter im MVP-Rennen. Er führte sein Team in die Finals, führte die Playoffs bei den totalen Punkten, Rebounds, Assists und Steals an. Das schaffte noch niemand vor ihm. Er ist 25.
Nur ein Team kann am Ende Meister werden, und Boston war das beste Team. Auch das erfahrenere. "Sie sind ein großartiges Team, sie sind schon eine ganze Weile zusammen, und sie mussten einiges gemeinsam durchmachen", sagte Doncic.
Für Doncic war es unerwartet der erste Auftritt auf dieser Bühne – es werden weitere erwartet, auch wenn es gerade im Westen keine Garantien dafür gibt. Der Kern des Teams ist überwiegend jung und kann besser werden. Doncic kann das definitiv, was der restlichen Liga Sorgen bereiten sollte. Er ist schon jetzt bemerkenswert.
3. Der Finals MVP ist... völlig egal!
Brown wurde nach seiner Auszeichnung in den Conference Finals auch der MVP der Finals – eine Wertschätzung insbesondere seiner ersten drei Spiele in dieser Serie, in denen er jeweils über 50% aus dem Feld traf und sehr viel Energie als direkter Verteidiger von Doncic investierte.
Zum Ende kühlte er ab (25% in Game 4, 30,4% in Game 5), war in Game 5 aber defensiv wieder zur Stelle, traf einige wichtige Würfe und gefiel als Playmaker mit 6 Assists bei 1 Turnover. Er hatte einen sehr großen Anteil daran, dass Doncic über die gesamte Serie so selten schnell in offensive Possessions kam und so hart für fast alles arbeiten musste.
"Nichts davon fühlt sich gerade echt an. Es fühlt sich an, als wären wir in einem Disney-Film oder so", sagte Brown im Anschluss, da schon leicht Champagner-getränkt. Unmittelbar auf dem Podium sagte er etwas Wichtigeres: "Ich teile das hier mit meinen Brüdern." Das klang wie eine Floskel, wirkt bei diesem Team aber tatsächlich passend.
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Bezeichnend für diese Celtics ist nämlich: Es ließ sich gut darüber diskutieren, ob es Brown oder Tatum hätte sein sollen, der Boston über die Playoffs und auch in den Finals bei Punkten, Rebounds und Assists anführte (meine Stimme hätte Tatum bekommen; die Wahl ging mit 7-4 für Brown aus). Auch für Jrue Holiday hätte sich ein Hipster-Argument machen lassen. Letztendlich war es aber nicht so wichtig.
Alle eingesetzten Spieler hatten ihren Anteil, auch in Game 5 wieder. Tatum war diesmal die dominante Figur in der Offense (31 Punkte, 11/24 FG, 8 Rebounds, 11 Assists) und der Closer mit 11 Punkten im letzten Viertel. Holiday war überall, gerade zu Beginn des Spiels kam er immer wieder hinter die Mavs-Defense.
Derrick White blockte Dereck Lively II beim Dunkversuch, traf vier Dreier und verlor einen Zahn. Horford (endlich ein Champion!) traf zwei Dreier, genau wie Sam Hauser. Porzingis schleppte sich sichtlich verletzt über den Court und gab seinem Team 16 Minuten. Payton Pritchard traf WIEDER einen Halfcourt-Buzzerbeater und wurde zum Intimfeind von Patrick Mahomes (Brown: „der Junge ist eine verdammte Legende“).
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Bostons Schlüssel war es nicht, den besten Spieler zu haben, sondern das beste Team; ihre Tiefe in der Spitze, die Opferbereitschaft und das selbstlose Spiel sind die Zutaten, die sie zum Nonplusultra dieser Spielzeit machten. All dies (und ihr Dasein im Osten) verschafft ihnen auch eine Chance, als erstes Team seit den KD-Warriors den Titel zu verteidigen.
"Da oben ist eine Lücke. Seht ihr das?", fragte Mazzulla und zeigte Richtung Hallendecke, auf die üppige Banner-Sammlung der Celtics. "Ich habe mir diese Lücke bei jeder Nationalhymne angesehen. Jetzt kommt dort 2024 hin. Und wisst ihr was? Direkt daneben ist noch eine Lücke …"
Es liegt in der Natur der Sache, dass unmittelbar nach dem Gewinn von Banner Nr. 18 bereits von der 19 geträumt wird. Zumindest für ein paar Tage dürfen die Celtics jedoch feiern. Die Party steigt in Miami, ausgerechnet. In der Heimat des Teams, das die Celtics noch im letzten Jahr tief in eine Sinnkrise gestürzt hatte.
Nun stehen sie ganz oben - es kann schnell gehen in der NBA. Selbst wenn es sich so anfühlt, als hätte sich dieser Titel schon lange angekündigt.