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Wie geht es weiter für Damian Lillard und James Harden?

NBA-Kolumne: Das große Free Agency (Zwischen-)Fazit – Warten auf den großen Knall

  • Aktualisiert: 04.07.2023
  • 11:08 Uhr
  • ran.de
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© Imago Images

Die Free Agency 2023 ist gestartet und die meisten namhaften Spieler sind bereits untergekommen. Zwei Namen überstrahlen jedoch alles andere – wie geht es weiter für Damian Lillard und James Harden? Und welche Teams sind mit ihrer Offseason schon "fertig"?

Von Ole Frerks

Ein paar Tage ist die 2023er Free Agency alt. Die allermeisten Free Agents mit großen Namen sind schon irgendwo untergekommen, und trotzdem ist es zu diesem Zeitpunkt noch wichtig, sich den typischen Impulsen zu widersetzen. Natürlich will man Noten verteilen, sich über Verträge aufregen oder sie bejubeln, Teams für genial oder verrückt erklären. Dabei ist es eigentlich zu früh dafür.

Ein Großteil der Teams ist schlichtweg noch nicht fertig. Selbst dann, wenn 15 Kaderplätze mehr oder weniger voll sind, kann sich immer noch etwas verschieben, eine Trade-Möglichkeit kann sich auftun oder ähnliches. Irgendjemand fordert (irgendwann) immer einen Trade, es ist auch gut möglich, dass die beiden All-NBA-Kaliber Damian Lillard und James Harden in dieser Offseason nicht die letzten "Unzufriedenen" sein werden.

Auch deren jeweilige Situation ist für den Moment aber ungeklärt – und so gilt im Prinzip für die gesamte Offseason: Es ist unvollständig … auch wenn es natürlich einige Ausnahmen gibt. Blicken wir also zunächst mal auf einige Entwicklungen, die wir schon "wissen":

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L.A. Lakers: Der beste Deal des Sommers?

Die Lakers sind schon nahezu komplett und hatten nicht nur eine sehr aktive, sondern auf dem Papier auch sehr gute Free Agency. Jaxson Hayes und Cam Reddish sind günstige, sinnvolle Flyer. Taurean Prince erfüllt als Veteran einen gewissen Need.

Gabe Vincent (3 Jahre, 33 Mio. Dollar) übernimmt den Rotationsplatz von Dennis Schröder und ist mit seinem etwas stabileren Wurf wohl ein besserer Fit neben LeBron James und Anthony Davis, auch wenn sich noch zeigen muss, ob er jetzt öfter sein Niveau aus den Playoffs erreicht (über 22 Spiele in den Playoffs: 37,8 Prozent Dreier; Regular Season-Karriere: 33,9 Prozent).

Ähnlich ist es auch bei Rui Hachimura, der in Washington jahrelang den Erwartungen hinterherlief, bevor er bei den Lakers in den Playoffs explodierte und jetzt ziemlich gut dafür bezahlt wurde (3 Jahre, 51 Mio.). D'Angelo Russell (2 Jahre, 37 Mio.) hatte hingegen schwache Playoffs und war deshalb etwas günstiger, als die Regular Season es zuvor angedeutet hatte.

Die wichtigste Baustelle wiederum haben die Lakers mit Bravour adressiert – für ihren drittbesten Spieler Austin Reaves mussten sie "nur" 54 Millionen Dollar über vier Jahre locker machen, weil kein anderes Team diesem ein höheres Offer Sheet unterbreitete (bzw. er keins unterschrieb). Das hätte nicht besser laufen können und ist recht sicher eins der besten Signings dieser Offseason.

Generell haben die Lakers alten Impulsen widerstanden und sich nicht auf die berühmt-berüchtigte Jagd nach dem dritten Star begeben, sondern in ihre Jugend und Tiefe investiert und damit stehen sie ziemlich sicher besser da als mit drei nominellen Stars und einem Haufen Minimalverträgen.

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Warriors und Bucks: Ex-Champions bleiben zusammen

Bei den Warriors und Bucks gab es im Vorfeld recht viele Spekulationen, bei ihren wichtigsten Free Agents setzten aber beide auf Kontinuität. Golden State verlängerte mit Draymond Green um vier Jahre und 100 Millionen Dollar, was für beide Seiten Sinn ergibt.

Green bekommt seine langfristige Sicherheit, die Warriors wiederum sparen etwas Geld, weil sein Gehalt kommende Saison niedriger sein wird als das, was er mit seiner Spieler-Option hätte haben können (so tief in der Luxussteuer zählt jeder Dollar vierfach). Das ist gerade deshalb wertvoll, weil Golden State mit dem (de facto auslaufenden) Vertrag von Chris Paul ein weiteres Mega-Gehalt per Trade übernommen hat.

Die Bucks verlängerten mit Khris Middleton (3 Jahre, 102 Mio.) und Brook Lopez (2, 48 Mio.) und setzen darauf, dass ein neuer Coach und bessere Gesundheit sie kommende Saison wieder tiefer in die Playoffs kommen lässt. Das ist legitim, allerdings auch mehr oder weniger alternativlos.

Ähnlich wie die Warriors hätten die Bucks keine reelle Chance gehabt, ihre Free Agents auch nur ansatzweise gleichwertig auf dem offenen Markt zu ersetzen. Kontinuität ist in der NBA sehr wertvoll, aber auch sehr teuer. Insbesondere Middleton (Sacramento?) und Lopez (Houston?) profitierten dabei auch davon, dass andere Teams mitboten und ihre alten Klubs damit unter Druck setzten.

Cavs und Kings: Aufstrebende Teams basteln weiter

Sacramento war dem Vernehmen nach sowohl an Green als auch Middleton interessiert, musste mit seinem Cap Space dann aber schnell Plan B einleiten. Der lautete: Den Vertrag von Franchise-Center Domantas Sabonis neu verhandeln (jetzt 5 Jahre, 217 Mio.), die Free Agents Harrison Barnes (3 Jahre, 54 Mio.) und Trey Lyles (2, 16 Mio.) behalten und den besten Spieler Europas rüberholen.

Sasha Vezenkov unterschrieb für drei Jahre und 20 Mio. Dollar und dürfte der ohnehin überragenden Offense der Kings noch eine weitere Dimension verleihen. Die Defense haben die Kings mit ihren Moves bisher nicht adressiert, aber wir erinnern uns: Sacramento muss auch noch nicht fertig sein (die Room Exception ist wohl noch verfügbar).

Cleveland identifizierte als größte Schwäche seines 22/23er Teams das Shooting, insbesondere aus der Bewegung, und holte sich für diese Baustelle Max Strus aus Miami (4 Jahre, 63 Mio.) und Georges Niang aus Philly (3, 26). Beide sind wohl nicht das finale Puzzlestück, trotzdem sind auch die Cavs ein junges, gutes Team, das einen gewissen Schritt nach vorne machen sollte.

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Rockets: Raus mit der Kohle

Das Team mit den tiefsten Taschen in dieser Free Agency war Houston, und die Rockets traten entsprechend aggressiv auf. Um James Harden bemühten sie sich am Ende wohl nicht (dazu siehe unten), dafür bezahlten sie Fred VanVleet (3 Jahre, 130 Mio. Dollar), Dillon Brooks (4, 80) und Jock Landale (4, 32) deutlich über deren jeweiligem Mehrwert.

Das mag skurril wirken, aber klar ist: Als junges Team mit viel Talent, aber wenig Professionalität hätten die Rockets solche Veteranen anderweitig nicht bekommen. VanVleet kann in Houston ein dringend benötigter Anführer werden, der sich als ungedrafteter Spieler alles in der NBA selbst erarbeiten musste und damit einen ganz anderen Weg hinter sich gebracht hat als die diversen Lottery-Talente im Kader.

Er kann das Spiel ordnen, aber auch ohne Ball in der Hand neben einem anderen Playmaker (etwa Amen Thompson) funktionieren. Es ist legitim, dass Houston ihn haben wollte, selbst wenn er auf einer anderen "Timeline" unterwegs ist als die jüngeren Spieler. Kein Team hatte vergangene Saison mehr Bedarf in Sachen "Veteran Leadership" als Houston.

Ob Brooks nun ein Veteran ist, an dem sich jüngere Spieler orientieren sollten, ist eine andere Frage … aber der Ex-Grizzly ist zumindest einer der besten Verteidiger auf seiner Position und damit jemand, den Head Coach Ime Udoka bestens dafür einsetzen kann, sein junges Team im Training und darüber hinaus anzustacheln.

Dafür ist er eigentlich zu teuer, aber Houston kann es sich leisten, zumal der Vertrag rückwärts gestaffelt ist. Die Rockets wollen respektabel werden, dazu wurden die ersten Schritte unternommen – und es war wohl gut, dass diese nicht mit einer Harden-Rückkehr einhergingen.

Ein paar weitere Transaktionen im Schnelldurchlauf:

-        Phoenix hatte quasi nur Minimalverträge anzubieten und ist damit gut gefahren. Eric Gordon ist zu diesem Preis ein Steal, Yuta Watanabe, Damion Lee und Drew Eubanks sind ebenfalls recht verlässliche, produktive Veteranen. Keita Bates-Diop dürfte vor allem defensiv helfen. Aus wenig Spielraum haben die Suns recht viel rausgeholt.

-        Trotz des (angeblich geplanten) Meetings der Suns mit Kyrie Irving (eh klar) verlängerte dieser in Dallas. Drei Jahre und 126 Mio. Dollar sind nicht das, was sich Uncle Drew noch vor ein bis zwei Jahren erhofft haben dürfte, aber immer noch schwer in Ordnung, bedenkt man seine Vorgeschichte. Allzu viele Mitbieter wird es nicht gegeben haben, beide Seiten brauchten einander, für den Moment zumindest. Dallas hat nun immer noch die Midlevel Exception zur Verfügung.

-        Indiana hat den Nuggets Bruce Brown (2 Jahre, 45 Mio.) geklaut! Überhaupt, der Champion hat zwei seiner drei wichtigsten Bankspieler aus den Playoffs verloren (Jeff Green Richtung Houston). Es wird spannend zu sehen, wie sie das auffangen.

-        Apropos Indiana: Die Extension für Tyrese Haliburton (5 Jahre, bis zu 260 Mio. Dollar) war ähnlich absehbar und folgerichtig wie die für Desmond Bane in Memphis (5 Jahre, 206 Mio.), die für LaMelo Ball in Charlotte (5, bis zu 260) und die für Anthony Edwards (5 Jahre, bis zu 260 Mio.).

-        New York angelte sich Donte DiVincenzo (4 Jahre, 50 Mio. Dollar) und hat damit nun drei ehemalige Villanova Wildcats im Roster (DDV, Josh Hart, Jalen Brunson). Vielleicht klappt es früher oder später ja auch noch mit Mikal Bridges? Eric Paschall ist vermutlich auch zu haben.

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Harden und Lillard: Die großen Fragezeichen

Selbst die hier genannten Teams sind zu einem gewissen Anteil noch nicht komplett fertig – und dann gibt es noch eine komplette Division an Teams, die unter "tbd" geführt werden müssen. Was nicht ausschließlich, aber vor allem an zwei Namen liegt.

Es ist eine komische Situation, weil beide wechselwilligen Stars auch gleich klargestellt haben, zu welchen Teams sie möchten. Harden will wohl zu den Clippers, Lillard hat die Heat ganz oben auf seiner (sehr kurzen) Liste stehen. Ihre bisherigen Teams müssen ihnen diese Wünsche aber nicht erfüllen, im Gegenteil. Gerade bei Lillard könnte es deshalb ziemlich interessant werden.

Bei Harden, dessen Vertrag ausläuft und dessen Leistungen in den vergangenen Jahren erkennbar nachließen, wird der Markt nicht riesig sein. Er hat innerhalb von drei Jahren nun dreimal einen Trade gefordert, ab einem gewissen Punkt hat das Auswirkungen auf seinen Marktwert. Selbst die alte Liebe aus Houston wandte sich ab, dadurch ging dem Ex-MVP das beste Druckmittel für einen langfristigen Vertrag bei den Sixers flöten.

Nun könnte er Sinn ergeben als finales Puzzlestück für einen (Möchtegern-)Contender wie die Clippers, theoretisch könnte er auch als eine Art Rental jungen Teams auf die nächste Stufe helfen, beispielsweise den Pelicans oder sogar den Raptors, falls diese attackieren wollen. Oder er ist Plan B für ein Team, das bei Lillard leer ausgeht.

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Miami und Lillard: Reicht das?

Dessen Trade-Wert dürfte trotz seines Alters (bald 33) und der geringen Größe höher sein. Dame hat das statistisch beste Jahr seiner Karriere hinter sich und noch volle vier (!) Jahre Vertrag. Es gibt keine Not für sein jetziges Team, in einer solchen Situation ein mieses Angebot zu akzeptieren. Miami kann, aber muss hier nicht das Rennen machen.

Die Heat hätten als bestes Asset Tyler Herro anzubieten, der sich mit den Spielern, um die Portland nun (neu) aufbauen will, positionell überschneidet – die Blazers brauchen ihn eigentlich nicht. Vielleicht ließe sich das mit einem Drei- oder Vier-Team-Trade umgehen, wenn sich jemand findet, der Herro unbedingt haben will, und dafür Picks locker macht. Vielleicht aber eben auch nicht.

Teams wie Philly (mit Tyrese Maxey, der das gleiche Problem mitbringt wie Herro, aber leichter zu traden wäre), Brooklyn (mit Picks), San Antonio, Toronto, New Orleans oder Boston (noch gibt es keinen neuen Vertrag für Jaylen Brown …) könnten in der Theorie bessere Angebote machen als Miami, wenn sie das wollen.

Gleichzeitig ergibt ein Point Guard, der in vier Jahren noch 63 Mio. Dollar Gehalt einstreichen wird, bei weitem nicht in jeder Kader-Konstruktion Sinn.

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Portland: Immerhin endlich Klarheit

Es wird sich zeigen, wie Portland und Lillard aus dieser Situation herauskommen und was für ein Paket am Ende für ihn "reicht". Positiv ist aber immerhin, dass die Katze nun endlich aus dem Sack ist – auch wenn ein Trade vor zwei Jahren sicherlich einen noch besseren Gegenwert zurückgebracht hätte. Es war höchste Zeit für eine Trennung, für beide Seiten.

Insbesondere Scoot Henderson gibt den Blazers eine ideale Möglichkeit, neu anzufangen. Lillard hat das erkannt, die Blazers auch, auch wenn sie vorher schnell noch 160 Millionen Dollar für fünf Jahre von Jerami Grant bezahlt haben (uff). Sie haben mit dem Trade noch eine wichtige Aufgabe vor sich, aber hier ist jetzt immerhin klar, in welche Richtung es gehen muss.

Da gibt es auch andere Beispiele – allen voran die Raptors geben aktuell noch einige Rätsel auf, gerade vor dem Hintergrund, dass sie VanVleet (und ihre anderen Veteranen) zur Trade Deadline behalten haben und ihn nun ohne Gegenwert ziehen ließen. Mit Dennis Schröder kam bereits ein wesentlich günstigerer, fähiger Ersatz, der mit seinem Zweijahresvertrag aber eher wie eine Übergangslösung daherkommt.

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Wird Lillard zur Hängepartie?

Toronto kann in der Theorie immer noch alle möglichen Richtungen einschlagen. Rebuild um Scottie Barnes, wofür noch Pascal Siakam oder O.G. Anunoby (oder beide) getradet werden? Bewahren des Status Quo (minus VanVleet) in der Hoffnung, dass der neue Head Coach Darko Rajakovic mehr aus dem durchaus vorhandenen Talent herausholt? Oder die etwas aggressivere Lösung?

Wie schon geschrieben: Toronto könnte an sich sowohl um Harden als auch Lillard locker mitbieten. Und die Raptors sind nur ein Beispiel (Utah wäre noch so ein Dark Horse). Es steht nirgendwo geschrieben, dass Philly respektive Portland nur mit den Teams sprechen dürfen, die ihre scheidenden Stars auf ihre jeweiligen Listen gesetzt haben. Sie können und sollten mit mehreren Interessenten sprechen, und sie "müssen" gar nichts.

Insofern können sich diese Gespräche, gerade bei Lillard, auch noch eine ganze Weile ziehen. Und deshalb bleibt die Offseason erst einmal unvollständig. Mindestens einen großen Knall wird es noch geben, früher oder später.