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NBA - New York Knicks in den Playoffs: Eine neue Erfolgs-Ära? Es gibt nur ein Problem
- Aktualisiert: 12.05.2024
- 16:57 Uhr
- Seb Dumitru
Eine 2:1-Führung, den besten Spieler der Serie und gute Vibes satt im Gepäck: Die New York Knicks stehen zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren vor dem Einzug in die Eastern Conference Finals – doch es gibt ein großes Problem.
Von Seb Dumitru
Wohin man blickt dieser Tage, finden sich Reminiszenzen an die glorreichsten aller Knicks-Ären der Vergangenheit.
- Boston Celtics at Cleveland Cavaliers - So. ab 2:20 Uhr live auf ProSieben MAXX, Joyn, ran.de und in der ran-App
- New York Knicks at Indiana Pacers - So. ab 21 Uhr live auf ProSieben MAXX, Joyn, ran.de und in der ran-App
Da sitzen Spike Lee und Reggie Miller, die sich in die Haare kriegen, als wäre 1995. Im wild tobenden Madison Square Garden versammeln sich Legenden wie Clyde Frazier, Bernard King, John Starks, Patrick Ewing, Allan Houtson, Latrell Sprewell, Larry Johnson, Carmelo Anthony und Amar'e Stoudemire.
Sie feuern an, sie jubeln, sie drehen durch. Nichts fühlt sich mehr an wie das Basketball-Mekka, wenn die New York Knicks Basketballspiele gewinnen.
Nach sechs Siegen aus neun Partien und einer 2:1-Führung gegen die Indiana Pacers sind die New York Knicks nur noch zwei Siege von den Eastern Conference Finals entfernt.
Es wäre das erste Mal seit 24 Jahren, dass diese Franchise mehr als eine Playoff-Serie gewinnt und unter den vier besten Teams der Liga landet. Es ist verständlich, dass die frenetischen Anhänger und alle im Umfeld dieses Klubs derzeit ein bisschen am Rad drehen – nach mehr als zwei Dekaden Inkompetenz, Erfolgslosigkeit und Herzschmerzen.
Die solide Arbeit im Front Office und sukzessive Verbesserung auf dem Parkett in jüngster Vergangenheit war bereits erfrischend genug. Je stärker dieser Klub wurde, desto deutlicher wurde auch, dass hier nachhaltig und organisch etwas entsteht, das überdauern kann. Wenn New York gut ist, ist das gut für die Liga und diesen Sport an sich.
Das Wichtigste in Kürze
New York Knicks: Mehr als Summe der Einzelteile
Vorbei die Zeiten, in denen blind und ohne Plan jedem Big Name und Möchtegern-Star nachgerannt wurde. Stattdessen operieren diese Knicks seit der Ankunft von Head Coach Tom Thibodeau und Präsident Leon Rose mit Weitsicht und ultimativer Professionalität.
Rose hat Erstrundenpicks akkumuliert und das Schießpulver trocken gehalten, falls in absehbarer Zeit tatsächlich ein Megastar verfügbar werden sollte, der hierher passt.
"Thibs", der Quälix der NBA, installierte von Tag eins an eine Identität und Teamkultur, die nicht besser zu New York passen könnte: harte Arbeit, Einsatzbereitschaft und Kampfgeist sind die Attribute, mit denen sie sich in der Malocherstadt identifizieren können.
Durchhaltevermögen und Entschlossenheit. Teamchemie, Kommunikation, Zusammenhalt, sich gegenseitig in die Verantwortung nehmen. All das schlägt sich in einer hervorragenden Chemie auf dem Parkett nieder, mit Spielern, die bereit sind, für den Erfolg des Teams Opfer zu bringen.
Diese Knicks sind mehr als die Summe ihrer Einzelteile. Kein Rückstand ist zu groß, kein Nachteil disqualifizierend. Entschuldigungen und Ausreden, das ist was für andere Coaches und Teams. Nicht für Thibodeau und Co., nicht für diese Knickerbockers.
Externer Inhalt
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New York Knicks im Verletzungspech: Randle & Co. fehlen
Sie sind mitnichten die talentierteste Mannschaft. Keiner ihrer Spieler rangiert unter den Top-45-Verdienern der NBA. Und kaum ein anderes Team war so von Verletzungen geplagt.
Ihr All-NBA Forward Julius Randle, seinerseits gut für 24 Punkte und neun Rebounds pro Partie, ist seit Januar außer Gefecht. Ihr bester Backup und Scharfschütze, Bojan Bogdanovic, fiel vor einigen Wochen für den Rest der Saison aus.
Ihr etatmäßiger Starter auf der Fünf, Mitchell Robinson, der zwischen Oktober und April nur 31 Partien absolvierte, ist seit Spiel eins gegen die Pacers ebenfalls für den Rest der Playoffs raus.
Und OG Anunoby, der nach seinem Trade aus Toronto 27 Partien verpasste, verletzte sich in Spiel zwei gegen Indiana am Oberschenkel und fehlte bei der Niederlage in Spiel drei.
Brunson-Mania bei den Knicks: Rang fünf im MVP-Voting
Dass die Knicks dennoch ihre beste Saison in diesem Millennium spielen, liegt vor allem an einem Mann: Jalen Brunson. Der 27-Jährige beendete die reguläre Saison mit 28,7 Punkten und 6,7 Assists im Schnitt, bei 40,1 Prozent von der Dreierlinie.
Seine Verbesserung aus dem Dribbling und als Scorer, sogar gegenüber seiner Breakout-Saison 2022/23, katapultierte ihn nicht nur zum ersten Mal in seiner Karriere ins All-Star-Team, sondern auf Rang fünf im MVP-Voting und im Most-Improved-Player-Voting.
Er hat gute Chancen, es ins All-NBA First Team zu schaffen, nachdem er die Knicks zu 50 Siegen, Rang zwei in der Eastern Conference und ihrer besten Bilanz seit 2013 führte.
"Was er leistet, im größten Markt des Landes, mit all den Erwartungen und all dem Druck in New York City, ist beeindruckend", sagte Paul George, CAA-Klient und prominentester Name auf dem Free Agency Radar der Knicks in diesem Sommer, vor wenigen Tagen.
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Brunson historisch: Zahlen wie Jordan oder James
Es ist kein Wunder, dass sie Brunson im Big Apple verehren. Der winzige Guard mit der perfekten Fußarbeit hat jetzt schon mehr Playoff-Punkte (617) im Knickerbocker-Trikot erzielt als Knicks-Legende Carmelo Anthony (589).
Brunson ist erst der dritte Spieler in der Geschichte der NBA, der mindestens 300 Punkte und 70 Assists in den ersten neun Partien eines Playoff-Runs zustande gebracht hat. Die anderen beiden heißen Michael Jordan (1989) und LeBron James (2018).
Brunson ist der erste und einzige Spieler der Historie, dem vier Mal in Folge in den Playoffs mindestens 40 Punkte und fünf Assists gelangen. Mit mindestens 30 Punkten und fünf Assists in fünf aufeinanderfolgenden Playoff-Partien wurde Brunson erst der fünfte Spieler in der Geschichte, der dieses Kunststück schaffte. Die anderen: Michael Jordan, LeBron James, Kobe Bryant und Oscar Robertson.
An Namen wie diesen merkt man bereits, in welch illustrer Gesellschaft sich Brunson mittlerweile befindet. Und wenngleich hier nicht suggeriert wird, dass Brunsons Name auch nach Generationen immer noch in einem Atemzug mit Jordan, Kobe und LeBron genannt werden wird, scheint er sich schnurstracks in Richtung ewige Knicks-Gottheit zu begeben.
Brunson & Co.: Die Super-Nova Knicks
"Er studiert das Spiel akribisch," sagt Donte DiVincenzo über seinen Teamkollegen mit der Nummer elf: "Er weiss genau, welche Anpassungen Teams vornehmen werden, und passt sich seinerseits daran an, und findet immer neue Wege, erfolgreich zu sein."
Di Vincenzo und Brunson kennen sich bereits seit College-Tagen, teilten sich an der Universität von Villanova als Frischlinge ein Zimmer. Den irritierenden, herrischen, älteren Josh Hart konnten damals beide nicht so richtig leiden.
Alle drei respektierten sich jedoch gegenseitig von Tag eins an – und führten die Wildcats zum NCAA-Titel 2016. Brunson und DiVincenzo wiederholten das Kunststück 2018.
Dass alle drei über mehrere Profistationen schließlich in New York im selben Team landeten, ist ebenso selten wie poetisch. Erst zum zweiten Mal seit 1966 starteten drei ehemalige College-Mitspieler in einer NBA-Playoff-Partie. Zum ersten Mal überhaupt erzielten alle drei 20 Punkte oder mehr.
Brunson unterschrieb 2022 als Free Agent für 104 Millionen US-Dollar, nachdem ihn die Dallas Mavericks verschmäht hatten. Hart kam im Vorjahr über die Los Angeles Lakers, die New Orleans Pelicans und die Portland Trail Blazers via Trade und machte sich dank seiner Härte und seiner Bereitschaft, die Drecksarbeit zu erledigen, unverzichtbar.
DiVincenzo spielte vor seiner Ankunft in New York für die Milwaukee Bucks, die Sacramento Kings und die Golden State Warriors, ehe er vergangenen Sommer als Free Agent unterschrieb. Mit 15,5 Punkten pro Partie und mehr als 40 Prozent von Downtown etablierte er sich als einer der Leistungsträger im Big Apple.
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Hartenstein bei den Knicks: Als Robinson-Ersatz fast ein Triple-Double
Während das "Nova-Trio" mittlerweile für knapp zwei Drittel aller Knicks-Punkte verantwortlich ist, sind Kämpfer und Rollenspieler wie Isaiah Hartenstein oder Anunoby der Fugenkitt, der dieses Konstrukt zusammenhält.
Defensiv-Ass Anunoby war der Geniestreich dieses Front Office. Die Knicks haben jetzt 26 von 31 Partien gewonnen, wenn der vielseitigste Verteidiger der Liga im Aufgebot steht. Ohne ihn waren es seit dem Trade mit Toronto weniger als die Hälfte aller Duelle (13-16). Der Brite, der mit dem Team nach Indianapolis gereist ist, gilt als fraglich für Spiel vier am Sonntag (ab 21 Uhr live auf ProSieben MAXX, Joyn und ran.de).
Hartenstein ersetzte derweil Robinson auf der Fünf und etablierte sich mit 7,8 Punkten, 8,3 Rebounds, 2,5 Assists, 1,2 Steals und 1,1 Blocks pro Partie, bei elitären 64,4 Prozent aus dem Feld, als einer der "Role Player Superstars" dieser Liga.
In diesen Playoffs kommt der Deutsche auf 10,6 Punkte und 7,2 Rebounds im Schnitt. Beim 130:121 in Spiel zwei schrammte er mit einer Reihe von Karrierebestleistungen nur knapp am Triple Double vorbei (14 Punkte, zwölf Rebounds, acht Assists).
Hartensteins Zukunft: Knicks haben nicht die besten Karten
Robinsons erneute Verletzung hat Hartenstein nicht nur in dieser Saison in den Fokus gerückt, sondern auch seine Zukunft im Big Apple. Robinson hat jetzt mehrere Playoff-Runs verpasst und musste in den vergangenen vier Jahren fast die Hälfte aller Partien verletzt aussetzen.
New York will Hartenstein natürlich um jeden Preis behalten. Da die Knicks aber nur seine Early-Bird-Rechte besitzen, können sie ihm als Team über dem Salary Cap nur rund 16 Millionen US-Dollar pro Jahr anbieten. Eine Handvoll anderer Teams kann locker mehr offerieren und Hartenstein so aus New York weglotsen.
Es ist das alte Dilemma: Je besser Hartenstein und sein kaum zu verteidigender Push Shot aus der Zone in diesen Tagen und Wochen aussehen, desto schwerer wird es für sein Team sein, ihn zu halten.
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New York Knicks mit Verletzungssorgen: Niemand spielt mehr als Hart
Diese Knicks als verletzungsgeplagt zu bezeichnen, wäre spätestens jetzt die Untertreibung des Jahres. Fast der gesamte Frontcourt ist dezimiert, das hätte die meisten Teams längst in den Untergang getrieben.
Thibodeau findet in Miles McBride, Precious Achiuwa und Alec Burks irgendwie dennoch genug, um die kumulativen 240 Minuten Einsatzzeit zu füllen – weil er seine besten Spieler bis zum Umfallen nutzen kann.
Hart führt alle Spieler in den Playoffs mit surrealen 46,4 Minuten pro Abend an. Brunson ist in diesem Ranking Sechster mit 41,9 Minuten pro Partie, Anunoby rangiert an Position zwölf mit 40,0 Minuten pro Einsatz.
Brunson überragt alle: Schon mehr als 300 Punkte in diesen Playoffs
Brunson ist der NBA-Topscorer in diesen Playoffs mit 34,6 Punkten pro Partie und insgesamt 311 Punkten. Auch bei den Versuchen aus dem Feld (27,2 pro Spiel) kann ihm niemand das Wasser reichen. Niemand hat in diesen Playoffs mehr Rebounds gepflückt als Hart (120 Boards in neun Partien, 13,3 im Schnitt).
DiVincenzo hat die meisten Dreier getroffen (32 von Downtown). Die Knicks, denen mittlerweile vier ihrer acht wichtigsten Rotationsspieler fehlen, bleiben sich treu: widerstandsfähig, kämpferisch, wild entschlossen, den Job irgendwie zu Ende zu bringen.
Reicht das alles am Ende, um die beiden noch fehlenden Siege gegen Indiana zu holen? Auch beim 106:111 in Spiel drei hatten die "Bockers" Siegchancen. Dass am Ende fünf Punkte fehlten, schoben sie lieber auf ihre eigenen Fehler, als auf Entscheidungen der Refs oder einen Glücks-Dreier/Gamewinner von Andrew Nembhard kurz vor Schluss.
Solange die Knicks fünf Spieler aufs Parkett und weiterhin den besten Spieler der Serie stellen können, glauben sie in diesem Team immer daran, dass sie genug haben, um zu gewinnen. Und auch das ist durch und durch New York.