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NBA: Wagner-Brüder und Orlando Magic sind noch nicht so weit - und das ist okay
- Aktualisiert: 06.05.2024
- 18:01 Uhr
- Seb Dumitru
Trotz hoher Führung in Game Seven implodierte die junge Magic-Truppe auf den letzten Metern und kassierte eine herzzerreißende Niederlage in Cleveland. Die Saison ist beendet, der Frust sitzt tief. Die Pleite könnte sich im Nachhinein jedoch als großer Segen herausstellen, wenn Orlando aus seinen Fehlern lernt.
von Seb Dumitru
Alles sah so gut aus für Orlando. Mitten im zweiten Viertel des siebten und alles entscheidenden Spiels gegen Cleveland lag das Team von Jamahl Mosley mit 18 Punkten in Führung. Die Fans im ausverkauften Rocket Mortgage FieldHouse waren verstummt, die junge Truppe aus Florida agierte selbstbewusst und souverän, war drauf und dran, die nervösen und überfordert wirkenden Cavaliers endgültig in tiefste Abgründe zu schubsen. Hinter der gesamten Zukunft der Franchise standen dicke Fragezeichen.
Kein einziger Cavs-Spieler hatte bis dahin einen Dreier getroffen, die Starter hatten drei Viertel ihrer Wurfversuche verfehlt. Paolo Banchero dominierte, das Ding schien – gerade im Hinblick auf Clevelands Choke-Job in Spiel sechs – irgendwie gelaufen. Doch dann traf Scharfschütze Sam Merrill einen Dreier, und dann kurz vor der Pause noch einen, die Führung schmolz auf machbare zehn Punkte zusammen. Nach dem Seitenwechsel übernahm Cavs-Star Donovan Mitchell im Angriff (24 seiner 39 Punkte in Halbzeit zwei) und die gefürchtete Defensive um Evan Mobley am anderen Ende.
Bei Orlando ging so gut wie gar nichts mehr. 25 Prozent Trefferquote aus dem Feld und 20 Prozent von der Dreierlinie standen für die Magic nach der Pause zu Buche. Cleveland drehte mit einem überragenden dritten Spielabschnitt (33:15) und einem kumulativen 57:28 Run das Spiel und die Serie. Die jungen Magic-Spieler ließen sich von der rabiaten Stimmung und Lautstärke auswärts beeindrucken, ihre so stabile Defensive zerbröckelte in Einzelteile, während die ohnehin schon schwache Offensive jeglichen Biss verlor.
Franz Wagner, der bis dahin in sechs Partien mit durchschnittlich 21,0 Punkten, 7,0 Rebounds und 4,2 Assists pro Partie stark performt hatte, erwischte den denkbar ungünstigsten Zeitpunkt für das schwächste Spiel der Saison. Wagner verfehlte 14 seiner 15 Wurfversuche (0-5 Dreier). Nach der Pause blieb der Deutsche gänzlich ohne Treffer aus dem Feld. Am Ende standen uncharakteristische sechs Punkte im Box Score.
Das Wichtigste in Kürze
Man muss schon sehr weit zurück gehen, um ein schlechteres Spiel in der NBA-Karriere von Wagner zu finden. Im November 2021, in den ersten Wochen seiner Rookie-Saison, sah der damalige Frischling gegen Giannis Antetokounpmo und die Milwaukee Bucks in back-to-back Partien kein Land, erzielte drei und null Punkte in jeweils mehr als 20 Minuten Einsatzzeit.
"Ich kam einfach nicht in meine Spots", sagte Franz nach dem Ausscheiden gegen Cleveland. "Ich war zu sehr in Eile, und die Würfe fielen einfach nicht. Ich erwarte viel mehr von mir. Ich hab mein Team im Stich gelassen."
Es war nicht allein Franz' Schuld: dem gesamten Team war das Scheinwerferlicht eine Nummer zu hell. Banchero verfehlte trotz 38 Punkten und 16 Rebounds 18 seiner 28 Würfe und leistete sich fünf Ballverluste. Jalen Suggs ging 2-10 von der Dreierlinie und verlor ebenfalls fünf Mal das Spielgerät. Moritz Wagner (drei Punkte) und Jonathan Isaac (2) produzierten mehr Turnovers (3) als Treffer aus dem Feld.
Trotz Playoff-Aus Orlando hat Erwartungen übertroffen
Als Coach Mosley nach der Partie in die tief bedrückte Umkleidekabine schritt, hatte er bereits die notwendige Perspektive wiedergefunden. "Ja, es ist Scheisse. Aber manchmal entpuppen sich die schmerzhaftesten Dinge im Nachhinein als größter Segen."
Es mag schwer fallen, so früh nach dem Ausscheiden den Silberstreif am Horizont zu sehen. Aber Orlandos Zukunft erstrahlt hell – erst recht, wenn sie im Magic-Kingdom die richtigen Schlüsse aus dieser Pleite ziehen.
Das fünft-jüngste Team der Liga hat alle Erwartungen weit übertroffen. Der Kern ist unreif, wächst aber organisch zusammen. Nur Oklahoma City ist ähnlich unerfahren und dennoch beneidenswert vielversprechend für die Zukunft aufgestellt. Alle anderen Teams mit ähnlichem Durchschnittsalter sitzen in der NBA-Lottery. Das Management wird spätestens nach diesen Playoffs erkannt haben, wo die Schwächen liegen und wo es dringend nachbessern muss (Playmaking und Shooting, Playmaking und Shooting, Playmaking und Shooting!).
Externer Inhalt
Orlando ist auf einem guten Weg
Am nachhaltigsten wird sich diese Pleite aber auf die Protagonisten auswirken. Junge Teams gewinnen bekanntlich nicht in den NBA Playoffs. Dieses Mantra trifft auch in einer Liga, die immer jünger wird, weiterhin zu (OKC kann hier eine absolute Ausnahme werden). Es braucht schon diese schmerzhaften Erfahrungen, um das nächste Level zu erreichen. Um in der Offseason noch härter zu trainieren. Um sich noch akribischer vorzubereiten. Um kleinste Details noch ernster zu nehmen.
Wer weiss, wie diese Serie ausgegangen wäre, hätte Orlando in Charlotte eine Woche vor Schluss der regulären Saison nicht eine unnötige Niederlage kassiert – und damit den Heimvorteil in Runde eins verloren. Wer weiss, wie Spiel sieben ausgegangen wäre, hätte Franz nach seinem dritten Foul vor der Pause nicht jeglichen Rhythmus verloren. Und wer weiss, wie selbstgefällig die Chefetage bei einem Weiterkommen bereits in diesem Jahr geworden wäre.
Wenn sich der Staub gelegt hat, werden alle Beteiligten stolz sein auf das Erreichte in dieser Saison 2023-24. Der erste Division-Titel seit fünf Jahren, 47 Siege, und um ein Haar das erste Weiterkommen in den Playoffs seit 2010. Darauf lässt sich exzellent aufbauen. Zurück bleibt die Erkenntnis: Die Wagner-Brüder und Orlando sind gut, aber eben noch nicht gut genug. Und das ist völlig okay so. Alles zu seiner Zeit ...