Mario Vuskovic: Chronik eines fragwürdigen Doping-Falls
"Fall Mario Vuskovic": Die Chronik eines fragwürdigen Doping-Falls
Mario Vuskovic vom Hamburger SV ist für vier Jahre gesperrt worden. Das entschied der internationale Sportgerichtshof CAS. Doch der Fall wirft einige Fragen auf. Der 22-jährige Kroate bestritt vehement, die verbotene Substanz eingenommen zu haben. Und auch mehrere Gutachter äußerten Zweifel. ran hat die Chronik zusammengetragen.
September 2022: Positiver Befund bei Trainingskontrolle
Am 16. September 2022 wird bei Vuskovic seitens der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) eine routinemäßige Trainingskontrolle durchgeführt. Die A-Probe ergibt einen positiven Befund für körperfremdes Erythropoetin, kurz: EPO.
September 2022: Positiver Befund bei Trainingskontrolle
Das Mittel steht wegen seiner leistungssteigernden Wirkung auf der Dopingliste. Mitte November, unmittelbar nach dem Heimsieg des HSV gegen den SV Sandhausen (4:2), wird der positive Test öffentlich. Vuskovic wird vom DFB am 15. November vorläufig gesperrt.
Dezember 2022: B-Probe bestätigt ersten Befund
Der Kroate bestreitet vehement, jemals gedopt zu haben und beantragt die Öffnung der B-Probe. Diese bestätigt Mitte Dezember das Ergebnis der A-Probe. Allerdings ist die gefundene Menge an EPO äußerst gering, was für die kommenden Monate eine entscheidende Rolle spielen wird.
Februar 2023: Verhandlung vor dem DFB-Sportgericht beginnt
Im Februar 2023 beginnt die Verhandlung vor dem DFB-Sportgericht. Vuskovic droht eine Sperre von vier Jahren. Allerdings legen seine Anwälte insgesamt vier unabhängige Gutachten vor, die das Ergebnis in Vuskovics Probe als negativ interpretieren. Der Vorsitzende Richter Stephan Oberholz ordnet eine C-Probe durch den kanadischen Dopingforscher Prof. Jean-Francois Naud an.
Februar 2023: Verhandlung vor dem DFB-Sportgericht beginnt
Aus Sicht von Vuskovics Anwälten ist Naud allerdings nicht unparteiisch, da dieser mit Dr. Sven Voss, dem Leiter des Dopinglabors in Kreischa, wo die A- und B-Probe erstellt wurden, in derselben Arbeitsgruppe bei der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) zusammenarbeitet. Ein entsprechender Befangenheitsantrag wird vom Gericht jedoch zurückgewiesen.
März 2023: Naud lehnt C-Probe ab - Urteil wird vertragt
Naud, der die C-Probe zunächst zugesagt hatte, lehnt die Durchführung schließlich doch ab. Richter Oberholz vertagt die Urteilsverkündung. Längst geht es um die Glaubwürdigkeit der gesamten Prozedur, die sich SAR-PAGE-Verfahren nennt.
März 2023: Naud lehnt C-Probe ab - Urteil wird vertragt
"Bei dem Verfahren versucht man im Labor, aus dem Urin das künstliche EPO herauszufiltern. Diese Probe wird mit Gel auf eine Bahn aufgetragen und mit einer Probe ohne künstliches EPO verglichen, um herauszufinden, ob Unterschiede festzustellen sind", erklärte Fritz Sörgel, der Leiter des Instituts für biomedizinische und pharmazeutische Forschung in Nürnberg, im ran-Gespräch. Der Rest sei Interpretationssache.
März 2023: Sörgel sieht keine Grundlage für Verurteilung
Sörgel sieht daher "keinen Anlass, ihn zu sperren, da es keine Möglichkeit einer klaren Einschätzung seiner Doping-Probe gibt". Problematisch für Vuskovic: In der Sportgerichtsbarkeit gilt die Beweislastumkehr. Heißt: Er muss seine Unschuld beweisen.
30. März 2023: DFB sperrt Vuskovic rückwirkend für zwei Jahre
Am 30. März verkündet das DFB-Sportgericht sein Urteil: Vuskovic wird rückwirkend ab dem 15. November 2022 für zwei Jahre gesperrt. In seiner Urteilsbegründung teilt das Gericht um Oberholz damit, es sei mit "hinreichender Gewissheit" davon überzeugt, "dass die Analysen der A- und B-Probe des Spieler-Urins im Labor in Kreischa das Vorhandensein von körperfremdem Erythropetin, kurz EPO, ergeben haben".
30. März 2023: DFB sperrt Vuskovic rückwirkend für zwei Jahre
Von der eigentlich vorgesehenen vierjährigen Sperre sei das Gericht "bewusst abgewichen. Mario Vuskovic ist zum einen als Ersttäter zu behandeln, zum anderen zeigt der Analysebefund nur eine geringe Menge an EPO, sodass nicht von einem strukturierten Doping ausgegangen werden kann."
30. März 2023: HSV kündigt Berufung an
Trotz des Urteils steht der HSV zu Vuskovic und kündigt umgehend Berufung gegen das Urteil an. "Wir haben die Entscheidung des DFB-Sportgerichts zur Kenntnis genommen und nach einem Austausch mit Marios Anwälten sofort Einigkeit darüber erzielt, dass gegen das Urteil Berufung eingelegt wird. Wir werden uns nun in Ruhe mit der Urteilsbegründung auseinandersetzen", sagte Sportvorstand Jonas Boldt.
30. März 2023: HSV kündigt Berufung an
Das "Hamburger Abendblatt" berichtete, Vuskovic sei angeboten worden, nur für ein Jahr gesperrt zu werden. Dies habe er aber mit Verweis auf seine Unschuld abgelehnt.
31. März 2023: Vuskovic äußert sich
Vuskovic hat mit Trotz auf seine Dopingsperre reagiert. "Ich werde mich davon nicht brechen lassen und bis zum Ende kämpfen, um die Wahrheit zu beweisen", schrieb der HSV-Profi auf Instagram. Der kroatische Innenverteidiger dankte dem HSV, seinem Heimatverein Hajduk Split, dem kroatischen Fußballverband sowie den Fans für die Unterstützung, die er nach dem Urteil und in den vergangenen Wochen erhalten hat.
6. April 2023: Drei Berufungen eingegangen
Nach der Zweijahressperre sind beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) insgesamt drei Berufungen eingegangen. Der DFB-Kontrollausschuss, die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) und der Zweitligaprofi wollen das Urteil nicht akzeptieren. Zudem hat die Verteidigung den Internationalen Sportgerichtshof CAS angerufen.
20. April 2023: DFB-Bundesgericht setzt Berufungsverfahren vorerst aus
Das Bundesgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hat das Berufungsverfahren im Fall des wegen Dopings gesperrten Mario Vuskovic vom Hamburger SV vorerst ausgesetzt. Grund ist die parallel laufende Berufung vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS, dessen Entwicklung abgewartet wird. Die Entscheidung sei "mit Zustimmung aller Beteiligter" erfolgt, teilte der DFB mit.
27. August 2024: CAS fällt Urteil
Das Urteil steht: Wie die "Bild" berichtet, wird HSV-Profi Mario Vuskovic für vier Jahre gesperrt. Er ist damit bis Herbst 2026 nicht spielberechtigt. Zu dem Ergebnis kommt der internationale Sportgerichtshof CAS in Lausanne in dem Doping-Fall. Wie die "Bild" berichtet, wurden die Anwälte der beteiligten Parteien am Dienstagmittag in Kenntnis gesetzt.
27. August 2024: Vuskovic-Aussagen werden öffentlich
Die "Bild" berichtet zudem von den Aussagen, die Vuskovic vor dem CAS getätigt hat. Dabei bricht der HSV-Profi immer wieder in Tränen aus. Zu den Folgen des Skandals: "Es war ein absoluter Albtraum. Wie in erster Instanz (beim DFB-Sportgericht, d. Red.) gesagt: Ich würde das meinem schlimmsten Feind nicht wünschen, das zu erleben, was meine Familie und ich seit eineinhalb Jahren durchmachen. Das, was ich kann, ist Fußball spielen und das haben sie mir genommen."