HSV schlägt Köln mit 2:1
2. Bundesliga: HSV-Trainer Steffen Baumgart beweist bei Köln-Comeback rare Qualität - ein Kommentar
- Aktualisiert: 06.08.2024
- 11:10 Uhr
- Julian Huter
Steffen Baumgart gewinnt bei der Rückkehr zu seinem Ex-Verein 1. FC Köln mit dem Hamburger SV. Ohne Frage ein besonderes Spiel für den Kulttrainer, der aber gerade während und nach dem Spiel einen seltenen Charakterzug zeigt. Ein Kommentar.
Aus Köln berichtet Julian Huter
Als Steffen Baumgart nach dem 2:1-Sieg seiner Hamburger beim 1. FC Köln zum ran-Interview kam, war ihm die Erleichterung anzumerken. Ohne Zweifel hatte sich auf dem Cheftrainer viel Druck aufgebaut. Endlich soll der Aufstieg mit dem HSV gelingen - inzwischen im siebten Anlauf, dazu die emotionale Rückkehr zu seiner alten Wirkungsstätte.
Was dann folgte, war doch erstaunlich: Er setzte nicht etwa zu einem Loblied auf die kämpferische Leistung seines Teams an, wie es inzwischen so oft Usus ist. Er wollte die Kölner ausdrücklich nicht loben - für den Verlierer ist das ein schwacher Trost. Doch er gab offen zu, dass viele Umstände dem HSV an diesem Abend "in die Karten gespielt" hätten. Das berühmte Quäntchen - oder vielleicht in diesem Fall auch Quantum Glück.
Am emotionalsten wurde er, als er Kölns 20 Jahre alten Torhüter Jonas Urbig nach dessen bitteren Patzer verteidigte: "Bei Jonas müssen wir uns gar keine Gedanken machen. Ihm unterläuft dieser eine Patzer und danach spielt er ein souveränes Spiel - und das in dem Alter. Ich finde, wir sollten da ganz ruhig sein. Jonas ist eines der größten Torwart-Talente, die wir in Deutschland haben. Das wissen alle."
Diese Aussage beweist exemplarisch, was für ein feiner Sportsmann Baumgart ist, welch feines Gespür er für die Gefühlswelt seiner - und anderer Spieler - hat. Es wirkt nicht aufgesetzt, man nimmt ihm diese Aussage komplett ab. In einer Zeit im modernen Fußball, in der die allermeisten nur auf sich fokussiert sind und Individualismus immer mehr Überhand nimmt, ist Baumgart eine Rarität.
2. Liga: Das Wichtigste in Kürze
Niemand hätte es dem früheren Stürmer übel genommen, wenn er nur über den Sieg seiner Mannschaft geredet hätte. Der Druck auf ihm ist immens. Dann auch noch der emotionale Auftakt gegen den Ex-Verein, zig Fragen der Medien zu diesem Thema.
Doch Baumgart spürt, dass ein junger Spieler wie Urbig in solchen Momenten Unterstützung und Schutz braucht - selbst, wenn er für die gegnerische Mannschaft spielt. Es ist eine Qualität, die nur ganz wenige Trainer vorleben, ein Menschenfänger im Stile eines Jürgen Klopp.
Steffen Baumgart wird überall seine Spuren hinterlassen
Diese Menschlichkeit und die sportliche Fairness zog sich durch sein komplettes Köln Comeback. Angefangen in den Katakomben, als er sich nicht nur Zeit nahm, mit seinen Ex-Spielern zu sprechen, sondern auch vielen Betreuern hinter dem Team. Er herzte sie alle.
An der Seitenlinie war er animiert wie eh und je. Als die Tore und später der Schlusspfiff ertönte, jubelte er lediglich verhalten. Baumgart ist sich bewusst, was dieser Verein den Fans und der gesamten Stadt bedeutet. Es ist der Grund, warum er dort auch in kurzer Zeit Spuren hinterlassen hat. Die wird er bei jedem Verein hinterlassen, den er trainiert. Das können nur ganz wenige Trainer von sich behaupten.