2. Bundesliga
FC Schalke 04 darf sich vom Hype um Loris Karius nicht blenden lassen - Kommentar
- Aktualisiert: 04.03.2025
- 18:53 Uhr
- Mike Stiefelhagen
Loris Karius wird nach seinem starken Debüt für FC Schalke 04 abgefeiert. Doch trotz des jüngsten Erfolgserlebnisses liegt bei S04 weiter vieles im Argen.
Auf Schalke ist alles möglich. Außer Normalität.
Liest man quer durchs Internet, kommt es einem so vor, als wäre der S04 aufgestiegen und Loris Karius müsste Deutschlands neue Nummer eins werden.
Doch was ist passiert?
Schalke hat ein Spiel in der 2. Bundesliga gewonnen. 1:0. Zuhause. Gegen das abstiegsgefährdete und spielbestimmende Preußen Münster. Das Siegtor fiel nach einem Einwurf und durch einen individuellen Fehler des Gegners.
Die Null wurde gehalten durch einen starken Karius, der vor wenigen Monaten noch vereinslos war. Es ist der zweite Sieg in den vergangenen fünf Spielen. Schalke steht jetzt auf Platz zwölf.
Es wird schon spekuliert, wie und ob man Karius langfristig halten kann.
Doch die Lernkurve mancher Fans darf kein Kreis bleiben.
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FC Schalke 04: Karius auch mit Problemen
Vorneweg: Für einen Keeper, der in den vergangenen Jahren kaum Spielzeit erhielt, war es ein Mega-Debüt.
Karius hielt zwei Großchancen, kommunizierte viel, bemühte sich um Sicherheit und hatte eine Aura wie lange kein S04-Torwart mehr. Auch die Degradierung von Justin Heekeren zuvor war vertretbar.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Eine Ecke flog fast ins Karius-Tor (Latte), ein Abschluss prallte vom Innenpfosten raus und zwei bis drei Bälle waren fangbar und wurden von Karius gefaustet.
Einmal streifte er sogar nur den Ball (wenn überhaupt) und traf einen Münsteraner leicht. Deniz Aytekin gab keinen Elfmeter. Keine falsche Entscheidung, doch das wurde auch schon anders bewertet.
Die Unsicherheiten beim Herauslaufen muss man anfangs einem Keeper, der lange raus war, eingestehen.
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Aber man muss die Euphorie bremsen. Abgesehen von Karius spielte Schalke mal wieder schwach und war mit dem Endergebnis gegen ein eigentlich schwaches Münster gut bedient.
Statt nur Karius zu hypen, müssen die Probleme angegangen werden.
Ja, Schalke hat extremes Verletzungspech. Mit Kenan Karaman, Moussa Sylla und Tobias Mohr - damit fehlen knapp 50 Prozent aller Torbeteiligungen der Saison.
Ilyas Hamache, Zaid Amoussou-Tchibara, Ron Schallenberg, Emil Hojlund - die Liste ist lang und Trainer Kees van Wonderen hatte auf seiner Bank am Samstag vier Jugendspieler bzw. Kicker aus der zweiten Mannschaft.
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FC Schalke 04: Viel Potenzial, wenig Ertrag
Aber das allein darf keine Ausrede sein. Die Mannschaft weist immer noch ein deutlich größeres Potenzial auf, als sie abruft. Das erkennt man phasenweise in einigen Szenen und Abläufen.
Van Wonderen bot Anfang Dezember seinen Rücktritt an, dieser wurde von Kaderplaner und Interimsportdirektor Youri Mulder abgelehnt. Es folgte eine starke Phase, die jetzt wieder in eine sehr schwache mündet, fast schon auf einem Tiefpunkt. Es zeigt: das kurze Hoch war wie der Karius-Hype jetzt eine "Blendgranate".
Doch ein glücklicher Sieg ist kein Aufstieg. Und nichts anderes darf der Anspruch von Deutschlands drittstärksten Verein nach Mitgliedern und Fans sein.
Doch van Wonderen mag ein "feel good"-Trainer sein, taktisch ist er - freundlich ausgedrückt - limitiert.
Sein alleiniger Plan stützt auf Paul Seguin im Aufbau, Kenan Karaman in der Spitze. Sollte etwas davon wegbrechen oder der Gegner das beackern, steht Schalke vor dem absoluten Nichts, es gibt keinen Plan B.
Zudem werden zahlreiche Spieler falsch oder nicht positionsgetreu eingesetzt.
FC Schalke 04: Geraerts besser als van Wonderen
Ein Grund dafür, dass Schalke die zweitschwächste Defensive der Liga hat (43 Gegentore).
Da reicht auch nicht die bislang gute Offensive - auch wenn Schalke mehr Tore als der 1. FC Köln schoss, spielen die "Geißböcke" um den Aufstieg und die "Knappen" versauern im Niemandsland.
Im Vergleich zur letzten Saison steht Schalke punktetechnisch fast identisch da. Nur musste Vorgänger Karel Geraerts zum schlimmsten Zeitpunkt erst übernehmen, retten, neu aufbauen und im Sommer einen brachialen Umbruch mitmachen, den Kaderplaner Ben Manga antrieb.
Trotzdem hat er einen besseren Punkteschnitt (1,30) als van Wonderen (1,29). Kaum auszumalen, wie erfolgreich Schalke mit dem fähigen Geraerts stehen würde, wenn dieser vollends unterstützt worden wäre.
FC Schalke 04: Zweifel an van Wonderen
Ob van Wonderen daher über dem Sommer hinaus bleibt, darf stark angezweifelt werden. Dafür macht er inhaltlich zu viele Fehler, auch wenn die Stimmung besser zu sein scheint.
Schalke spielt teilweise Angsthasenfußball. Gegen pokalmüde Kölner, gegen defensiv anfällige Magdeburger, gegen überforderte Braunschweiger und gegen den Rückrundensechzehnten Darmstadt 98 wären mit dem richtigen, mutigen Plan deutlich mehr möglich gewesen.
Die elf Punkte Rückstand auf Platz drei haben sich Team und Trainer also selber zuzuschreiben.
Deshalb braucht Schalke Veränderungen. Im Spiel, in der Idee, im Umgang.
Karius darf gern ein Anfang sein.