Früher Guardiola-Schüler, heute in Österreichs 2. Liga: Die Karriere von Lucas Scholl
Lucas Scholl - ein verhinderter Star?
Als Sohn als Europameisters hat man es nicht leicht – diese Tatsache bekommt auch Lucas Scholl, Sohn des ehemaligen Bayern-Stars Mehmet Scholl zu spüren. Jüngst ging sogar sein eigener Vater mit ihm hart ins Gericht und prangerte die Karriere seines Filius an: Demnach sei er "ein verhinderter Multi-Millionär. Mit den Fähigkeiten, wie du spielen kannst, und was am Ende dabei herauskommt." 2014 galt der Mittelspieler noch als kommender Star, mittlerweile spielt Scholl in der zweiten Liga Österreichs. ran.de nimmt die Karriere des ehemaligen Bayern-Talents unter die Lupe.
An der Säbener Straße stehen alle Türen offen
Seine Karriere beginnt der Offensivspieler beim FC Bayern München. An der Säbener Straße durchläuft Scholl alle Jugendmannschaften und wird im Sommer 2014 von Pep Guardiola in die erste Mannschaft hochgezogen. Der ambitionierte Katalane fördert den damals 17-Jährigen und gibt ihm früh wichtige Tipps: "Lucas, du kannst fußballerisch alles, aber du musst deinen Kopf ändern." Wie Scholl später zugibt, habe er damals nicht verstanden, was Guardiola überhaupt gemeint habe. Anders als sein ebenfalls junger Mitspieler Gianluca Gaudino erhält Scholl in der Bundesliga keine Einsatzzeit.
Zurück in die zweite Reihe
"Mittlerweile weiß ich, was Pep meinte. Ich war zu früh satt und zufrieden, konnte es beispielsweise nicht verstehen, wieso ich mit 17 noch in der U19 spielen musste. Ich wollte zu schnell alles und hatte dann nichts, weil man eben nichts geschenkt bekommt", erklärt das Talent später geläutert bei "fussball.de". Der deutsche Rekordmeister kennt allerdings keine Gnade und versetzt Scholl zurück zur zweiten Mannschaft in die Regionalliga. Nach seinen Erfahrungen in der ersten Mannschaft lässt er dort das Training schleifen: "Dort war alles viel langsamer. Ich habe mich dann nicht mehr angestrengt. Ein Fehler."
Abschied aus München
"Ich dachte, die Fußballwelt liegt mir zu Füßen", sagt der 24-Jährige heute. Die Regionalliga entwickelt sich für das Top-Talent zum Spießrutenlauf, seine Gegenspieler gehen Scholl mitunter hart an. Letztlich ist es auch die Erwartungshaltung, die seine Entwicklung abbremst: "Es wurde nun erwartet, dass ich in jedem Spiel für die Amateure der entscheidende Mann auf dem Platz bin. Ich hatte das Gefühl, regelmäßig drei Tore machen zu müssen. Das hat mich fertig gemacht." Im Januar 2017 kehrt Scholl seinem Jugendverein den Rücken.
Exkurs in die Schweiz
Scholl absolviert unter Markus Babbel, einem ehemaligen Mitspieler seines Vaters, ein Probetraining beim FC Luzern in der Schweiz. Seine technischen Fähigkeiten überzeugen Babbel, wegen seiner körperlichen Defizite soll das Talent aber erst in der Jugend zum Einsatz kommen. Ein entsprechendes Vertragsangebot lehnt Scholl ab, stattdessen orientiert er sich wieder nach Deutschland. Beim SV Wacker Nordhausen findet der Offensivspieler ein neues Zuhause und wird endlich mit der Regionalliga warm. Das Glück ist allerdings nur von kurzer Dauer …
Neustart in Thüringen
... Nach einer guten ersten Spielzeit in Thüringen klopfen die ersten höherklassigen Vereine an, allerdings wird Scholl erst von Lungenentzündung, dann von einem Fußbruch ausgebremst. "Diese Erkrankung hat mich damals richtig zerstört und war auch der Grund, weshalb sich sämtliche Profivereine gegen eine Verpflichtung entschieden haben", berichtet er bei "fussball.de". Und so verlängert Scholl seinen Vertrag in Nordhausen – bis der Verein im Jahr 2019 einen Insolvenzantrag stellen muss. "Im Nachhinein sicher auch nicht die richtige Entscheidung", reflektiert Scholl seine Zeit in Thüringen: "Aber ich wollte nur eines: spielen. Irgendwo. Von Anfang an. Als Stammspieler."
"Win-win-Situation" in Garching
Und so zieht es ihn wieder zurück in seine bayrische Heimat. Der Münchner Vorortklub VfR Garching kämpft verpflichtet den ehemaligen Bayern-Spieler im Januar 2019: "Es ist eine Win-win-Situation. Der Verein steckt im Abstiegskampf und wollte sich in der Winterpause auf einigen Positionen verstärken, um den Klassenverbleib noch zu schaffen. Ich habe einen Klub gesucht, für den ich nur bis Sommer spielen kann, um dann bestenfalls zu einem Profiteam zu wechseln", erklärt Scholl im Februar 2020 gegenüber "fussball.de". Einen Monat später sind jedoch alle Pläne über den Haufen geworfen …
Kein Entkommen aus Liga 4
Scholl absolviert ein Spiel für die Garchinger, ehe ihm die Corona-Pandemie im März 2020 einen Strich durch die Rechnung macht. "Ich bin im Winter extra zu Garching gewechselt, um Spielpraxis zu sammeln und mich wieder für den Profifußball anzubieten. Nun herrscht Corona-Pause und ich hänge in der Regionalliga fest", wird der frustrierte Mittelfeldspieler bei "transfermarkt.de" zitiert. In Folge der Pandemie fährt der Münchner Vorortklub einen radikalen Sparkurs, dem auch Scholl zum Opfer fällt. Sechs Jahre nach seinem Training bei den FC Bayern-Profis muss der Mittelfeldspieler erneut von vorne beginnen.
Durchbruch in Österreich?
Seine aktuellste Station führt Lucas Scholl wieder ins Ausland, diesmal in die zweite österreichische Liga. "Lucas Scholl ist ein technisch sehr versierter Spieler, der über die Fähigkeit verfügt, in der Offensive für entscheidende Momente zu sorgen. Aufgrund seiner offenen und kommunikativen Art wird er sich sehr schnell ins unsere Mannschaft integrieren und hoffentlich eine erfolgreiche Zeit mit uns erleben", verkündet Andreas Zinkel, der Geschäftsführer des SV Horn. In 16 Saisonspielen verbucht Scholl bis dato zwei Vorlagen (Stand: 14. März).