Ausgerechnet RB Leipzig beendet den Lauf
Bayer Leverkusen verliert gegen Leipzig: Diese Niederlage tut Fußball-Deutschland gut - ein Kommentar
- Aktualisiert: 31.08.2024
- 23:09 Uhr
- Chris Lugert
Bayer Leverkusen ist doch nicht unbesiegbar. Das ist eine gute Nachricht für die Bundesliga. Und plötzlich freut man sich sogar mit RB Leipzig. Ein Kommentar.
Von Chris Lugert
Als Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck am Samstagabend in Leverkusen den Abpfiff ertönen ließ, war die kollektive Erleichterung in Fußball-Deutschland gewaltig.
Endlich ist diese Serie beendet, endlich gab es mal kein Tor in den tiefsten Tiefen der Nachspielzeit. Bayer Leverkusen ist doch noch eine Mannschaft wie jede andere. Der deutsche Meister kann tatsächlich noch Spiele in der Bundesliga verlieren.
Dabei geht es kein bisschen um Neid, um Missgunst oder andere negative Charaktereigenschaften. Was die "Werkself" in der vergangenen Spielzeit geleistet hat, war außergewöhnlich. Und die Saison für die Geschichtsbücher die logische Folge. Unglaubliche 462 Tage hatte Leverkusen kein Bundesligaspiel mehr verloren.
Doch irgendwann ist auch die größte Begeisterung aufgebraucht. Jede Besonderheit verliert ihren Reiz, wenn sie zur Gewohnheit wird. Und im Fußball kann negative Gewohnheit auch schnell zu Ablehnung führen. Bayern-Fans können aus Erfahrung berichten.
Nun ist Leverkusen noch weit von Serien-Meisterschaften entfernt. Aber wenn gefühlt jedes zweite Spiel mit einem späten Sieg oder zumindest Tor in der Nachspielzeit endet, verfängt die Erzählung von toller Moral irgendwann nicht mehr. Es nervt einfach nur noch, zumindest den neutralen Fan.
Das Wichtigste in Kürze
Und so hat man auch gegen RB nur darauf gewartet, dass irgendein Ball in der sechsten Minute der Nachspielzeit dreimal abgefälscht irgendwie ins Leipziger Tor fällt, damit die Serie weitergeht. Oder dass der Schiedsrichter einen merkwürdigen Elfmeter pfeift. Eine VAR-Überprüfung am Bildschirm gab es ja wieder, doch der Strafstoß blieb (zum Glück) aus.
Ausgerechnet RB Leipzig wird gefeiert
Spätestens nach dem 3:2-Sieg in Mönchengladbach in der Vorwoche hatten die Bundesliga-Fans genug. Die Art und Weise, wie Leverkusen dort zum Sieg kam, sorgte für eine Mischung aus Wut und Resignation. Wer mag schon Klubs, die offenbar einen Pakt mit dem Teufel eingegangen sind?
Dass nun ausgerechnet RB Leipzig, der meistgehasste Klub Deutschlands, den Fans einen Gefallen tut und dabei zumindest für kurze Zeit sogar so etwas wie Sympathie empfängt, ist der Gipfel der Ironie.
"Ich bin nie für RB, aber heute freue ich mich", lautete ein gängiger Tenor in den sozialen Medien nach dem Spiel. Das macht RB für die traditionsbewusste Anhängerschaft nicht plötzlich zu einem sympathischen Klub. Aber es zeigt, wie tief die Sehnsucht war, dass das Leverkusener Märchen zumindest einmal kurz unterbrochen wird.
Sportlich gibt es für Bayer-Trainer Xabi Alonso durchaus Baustellen, an denen er arbeiten muss. Die Defensive wirkte in dieser Saison noch nicht einmal sattelfest, selbst im Pokal in Jena nicht. Das Prunkstück der Vorsaison ist zur Achillesferse geworden.
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Hilft Bayer die Pleite sogar?
Doch jeder geht fest davon aus, dass Leverkusen auch in dieser Saison um die Meisterschaft mitspielen wird. Und Anlass zu großer Sorge gibt es auch nicht, das zeigte vor allem die erste Halbzeit gegen RB, als das Alonso-Team zwischenzeitlich 2:0 führte und ganz groß aufspielte.
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Leverkusen wird wieder eine starke Saison hinlegen und ein harter Herausforderer für den FC Bayern sein. Und wenn man dem alten Leitspruch folgt, dass man vor allem an Niederlagen wächst, dann sollten auch die Bayer-Fans sogar froh sein, dass es auch ihr Team mal erwischt hat.
Schlussendlich ist es wie in der Schule. Streber, die jeder Eins nacheifern und auch immer eine bekommen, sind nicht sonderlich beliebt. Wenn aber auch sie mal eine Arbeit verhauen, wirken sie plötzlich cool. Und dann stört sich niemand daran, wenn auf dem Zeugnis dennoch die Bestnote steht.
Insofern könnte dieser Abend sogar doppelt ein Gewinn für Leverkusen gewesen sein. Die Mannschaft und das Trainerteam ziehen wichtige sportliche Erkenntnisse aus dem Spiel, die sie noch besser machen werden. Und als Streber, der auch mal patzt, fliegen dem Team vielleicht neue Sympathien zu.