Transfer-Wirbel und Vertrags-Hickhack
Borussia Dortmund: Wie gestört ist das Verhältnis zu Thomas Tuchel?
- Aktualisiert: 25.01.2017
- 20:31 Uhr
- ran.de / Andreas Reiners
Genießt Thomas Tuchel bei Borussia Dortmund die volle Rückendeckung? Zumindest lassen sich durch einige Geschehnisse in der jüngeren Vergangenheit Risse erkennen. ran.de wirft einen Blick auf das Binnenverhältnis zwischen Tuchel, Manager Michael Zorc und Klubboss Hans-Joachim Watzke.
München - Thomas Tuchel gab es letztlich freimütig zu.
"Ich kannte den Spieler nicht", sagte er im Bezug auf Borussia Dortmunds Neuzugang Alexander Isak. Im Umfeld des BVB sorgte der Transfer, der größtenteils ohne Tuchels Zutun vollendet wurde, für Schlagzeilen.
Hat die Vereinsführung den BVB-Coach nicht, beziehungsweise erst sehr spät, über die geplante Verpflichtung des schwedischen Talents Alexander Isak unterrichtet? Falls ja, warum blieb Tuchel so lange außen vor?
Tuchel selbst hat eine einfache Erklärung: "Es ist aber auch nicht möglich, dass ich alle 16- und 17-Jährigen kenne. Weil es ein Perspektivtransfer ist. Da leisten das Scouting und Sportdirektor Michael Zorc natürlich große Vorarbeit."
Doch die Fragezeichen bleiben: Ist das Binnenverhältnis zwischen Tuchel und Zorc sowie Klubboss Hans-Joachim Watzke gestört? Laut "Sport-Bild" soll es bereits mehrfach zu Unstimmigkeiten zwischen dem Trio gekommen sein.
Meinungsverschiedenheiten bei Transfers
Beispielsweise habe Tuchel Leverkusens Ömer Toprak bereits in diesem Winter haben wollen. Eine von der Klubführung angedachte Ausleihe von Mikel Merino soll wiederum Tuchel abgelehnt haben.
Eigentlich nichts Wildes, kommt es in der Zusammenarbeit zwischen sportlichen Führungen der Bundesliga-Klubs wohl täglich zu größeren und kleineren Meinungsverschiedenheiten.
Der Unterschied, auch und gerade beim BVB im Vergleich zur Ära von Jürgen Klopp: Diese Diskussionen wurden damals intern geführt und blieben auch hinter verschlossenen Türen. Vertrauen war unter Klopp oberstes Gebot, Rückhalt, zur Not auch öffentlich, dabei gerne nachdrücklich und vehement.
Fakt ist: Klopp, Zorc und Watzke pflegten ein freundschaftliches Verhältnis, traten geschlossen auf und boten so kaum Angriffsfläche. Unter Tuchel ist das anders, was einige Beispiele in der jüngeren Vergangenheit durchaus belegen. Sicherlich auch "begünstigt" durch die sportlich bislang eher durchwachsene Saison. Doch Diskussionen über den Boulevard? In der Ära Klopp undenkbar.
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Die Tuchel-Timeline: Einige kritische Daten für sein Verhältnis zum BVB
24. Januar 2017: Tuchels Vertrag läuft noch bis 2018. Eine vorzeitige Verlängerung sollte eigentlich in diesem Winter angegangen werden. Watzke bot zuletzt aber wieder Raum für Spekulationen. Er ermöglichte es, dass sogar über ein vorzeitiges Ende der Zusammenarbeit spekuliert werden konnte. Die Gespräche wurden nämlich auf den Sommer vertagt.
Dann "werden wir das Gefühl entwickeln, ob das für beide Seiten auch über die drei Jahre hinaus Sinn ergibt", hatte Watzke kürzlich im "Stern" erklärt. "Demontage", hieß es da unter anderem. Dass es aber Tuchels Wunsch war, die Gespräche zu vertagen, hatte der BVB-Boss erst Tage später verraten.
10. Januar 2017: Dass Tuchel mit Chefscout Sven Mislintat nicht kann, war bereits im vergangenen Jahr ein großes Thema. Nicht nur, dass beide offenbar nicht mehr miteinander kommunizieren, Tuchel verbannte den Chefscout sogar aus dem Trainingszentrum des BVB.
Die Reaktion des BVB: Laut "Sport-Bild" wird Mislintat nun Leiter Profifußball, eine Art Kaderplaner. Eine Trennung stand also offenbar nie zur Debatte. Im Gegenteil. Mislintat wurde befördert. Was Tuchels Position in dieser Debatte deutlich schwächt. Einen klärenden Kommentar zu dem Thema gab es von ganz oben nicht.
30. Oktober 2016: Tuchel hatte auf eine unterirdische Leistung seiner Mannschaft in Frankfurt mit sehr deutlichen Worten reagiert, seine harsche Kritik war tagelang das große Thema.
"Was die sportliche Führung der Mannschaft betrifft, handeln Trainer beim BVB absolut eigenständig. Dies ist aus unserer Sicht auch zwingend richtig. Wem, wenn nicht Thomas Tuchel, soll es zustehen, die Leistung und die Herangehensweise der Spieler zu kritisieren?", sagte Watzke als Reaktion auf den Wirbel.
Aber: "Es ist nicht unsere Aufgabe, die Kritik des Trainers in der Öffentlichkeit zu kommentieren. Thomas soll seine eigenen Akzente setzen." Komplett im Regen stehengelassen wurde er nicht. Eine Rückendeckung gegen alle Widerstände sieht aber auch anders aus.
29. Oktober 2016: Natürlich wurden und werden immer wieder Vergleiche zwischen Tuchel und Klopp gemacht. Aus fachlicher Sicht kann man das sicher so machen, aus menschlicher Sicht vergleicht man aber Äpfel mit Birnen. Watzke findet die Vergleiche von Klopp und Tuchel "unfair und nicht zielführend", wie er betonte. Um den Vergleich dann aber umgehend selbst zu ziehen.
"Thomas ist ein völlig anderer Mensch als Jürgen. Thomas ist jemand, der durch seine Arbeit überzeugt. Jürgen hat diese Aura und ist eigentlich ein geborenes Showtalent." Darüber hinaus sei Jürgen Klopp "in der Art und Weise, wie er emotionalisiert, nicht eins zu eins zu ersetzen."
"Sind mit seiner Arbeit zufrieden"
Bei "kicker.tv" wollte Watzke nun Anfang dieser Woche damit aufräumen, dass es Probleme zwischen der Vereinsführung und Tuchel gebe. "Es gibt nicht eine Aussage eines Verantwortlichen von Borussia Dortmund, die darauf hindeuten könnte, dass irgendetwas nicht passt. Wir sind mit seiner Arbeit zufrieden", verdeutlichte Watzke: "Er macht seine Aufgabe und das meiner Meinung nach nicht sehr schlecht."
Einen Vergleich mit Klopp musste sich Tuchel dann aber doch wieder gefallen lassen. "Einem Volkstribun wie Jürgen Klopp nachzufolgen, ist nicht einfach. Jürgen trägt das Herz auf der Zunge. Mit ihm als Mensch zu konkurrieren, ist schwierig."
Wenn er die volle Rückendeckung genießen würde, müsste er das auch gar nicht.
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