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Prof. Dr. Christoph Breuer im ran-Interview

DFL-Investorendeal geplatzt: "Ein Pyrrhussieg für die Fan-Szenen"

  • Aktualisiert: 22.02.2024
  • 11:25 Uhr
  • Kai Esser

Der Investorendeal der DFL ist am Mittwoch geplatzt. Der Sportökonom Prof. Christoph Breuer von der Deutschen Sporthochschule Köln ordnet die Folgen im ran-Interview ein.

Von Kai Esser

ran: Christoph Breuer, der geplante Investoren-Deal für den deutschen Profi-Fußball ist geplatzt. "Eine erfolgreiche Fortführung des Prozesses scheint in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen nicht mehr möglich", hat Hans-Joachim Watzke dazu gesagt. Haben die Fan-Proteste gewirkt?

Christoph Breuer: Ja, sie haben scheinbar gewirkt. Dennoch ist es aus meiner Sicht ein Pyrrhussieg* für die Fan-Szenen, denn die Bundesliga muss sich natürlich weiterentwickeln. Sie befindet sich in einer starken Konkurrenzsituation, in einem sehr kompetitiven Unterhaltungsmarkt. Wenn man die sportliche Leistungsfähigkeit, aber auch die gesellschaftliche Kraft der Bundesliga erhalten will, dann muss man in einer Aufmerksamkeitsökonomie bestehen. Und das geht eben nur, wenn man auch seine medialen Produkte weiterentwickelt. Dazu bedarf es Investitionen. Jetzt stehenzubleiben und sich nicht weiterzuentwickeln, würde bedeuten, dass man auf Sicht an Relevanz verliert.

*Ein Pyrrhussieg ein mit zu hohen Verlusten und Nachteilen erkaufter Sieg, der dem Sieger mehr schadet als nutzt.

ran: Oft wird gesagt, dass man das finanzielle Rennen mit der Premier League ohnehin nicht gewinnen kann. Warum hätte die Bundesliga das Geld aus dem Investoren-Deal dennoch gut gebrauchen können?

Breuer: Natürlich ist die Lücke groß geworden. Zunächst einmal ist das immer eine Frage des Anspruchs. Man muss natürlich nicht den Anspruch haben, dass deutsche Klubs im internationalen Fußball erfolgreich sein sollen. Aber wenn man den Anspruch hat, kann man nicht die Augen davor verschließen, dass das ein kapitalintensives Vorhaben ist. Dafür muss man auf einem globalen Markt besser abschneiden. Oder zumindest die Voraussetzungen dafür schaffen, dass man zukünftig nicht schlechter abschneidet. Und das geht eben nur durch entsprechende Maßnahmen. Ob diese Maßnahmen so finanziert werden sollten, wie es geplant war, ist natürlich nochmal eine andere Geschichte.

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ran: Welche Alternativen gibt es?

Breuer: Die offene Frage ist für mich jetzt, ob man weiterhin im Wettbewerb bestehen und für die international ambitionierten Klubs das Beste rausholen will. Auch für die weniger oder gar nicht international ambitionierten Klubs ist das entscheidend, weil diese Klubs von einem internationalen Spielermarkt ihre Mannschaften zusammenstellen. Eine Entkoppelung vom globalen Fußballmarkt gibt es sowieso nicht. Wie kann die Bundesliga da insgesamt bestehen? Welche Fantasie wird entwickelt? Wird man nun versuchen, ein ähnliches Modell mit anderen Finanzierungsformen zu stemmen? Das hat sich im Vorfeld bereits als schwierig erwiesen. Oder will man komplett darauf verzichten, die medialen Plattformen zu modernisieren und auf dem Auslandsmarkt stärker aktiv zu sein? Das sind die offenen Fragen, die es zu diskutieren gilt.

ran: Das Votum und das Mandat zur Verhandlung über den Investoren-Einstieg existiert weiterhin. Denken Sie, dass die Fan-Szenen nun ihren Sieg feiern und sich damit zufrieden geben? Oder werden sie weiter protestieren, bis auch dieses Mandat nicht mehr existiert?

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Ob es gut ist für die Entwicklung des Klub-Fußballs in Deutschland, ist eine andere Frage.

Prof. Christoph Breuer

Breuer: Das ist schwer abzusehen. Was aus den Fan-Szenen kommt, ist auch nicht ganz einstimmig. Aber ich gehe davon aus, dass sie das jetzt erstmal – zu Recht – als Sieg werten. Ich würde die Meldung so deuten, dass es diesen rechtswirksamen Beschluss gibt, aber er nicht mehr weiter verfolgt wird. Deshalb gehe ich davon aus, dass das maßgeblich zur Befriedung des Konflikts beiträgt. Ob es gut ist für die Entwicklung des Klub-Fußballs in Deutschland, ist eine andere Frage.

ran: Das Votum für den Investoren-Einstieg war nicht eindeutig, 24 Vereine waren dafür, zwölf dagegen. Vor allem die großen Klubs waren für den Einstieg und dürften unglücklich über die Entscheidung sein. Ist die Einheit des deutschen Klub-Fußballs gefährdet?

Breuer: Es ist insgesamt eine spannende Frage, welche Konsequenzen das Scheitern des Investoren-Deals haben wird. Und ob sich alle 36 Klubs damit zufrieden geben werden. Wir untersuchen Sportligen weltweit. Es ist kein Naturgesetz, dass Sportligen auf Zentralvermarktung bei den TV-Rechten setzen, wie es die Bundesliga tut. Wir haben ganz viele Ligen, die auf Einzelvermarktung setzen, bei der die Klubs ihre Heimspiele selbst vermarkten können. Es gibt natürlich einige Klubs in Deutschland, die mit diesem Modell im Ausland erfolgreicher sein könnten. Es bleibt spannend zu beobachten, was sich da entwickeln wird. Es ist auch nicht auszuschließen, dass dadurch mittelfristig ein richtiger Riss entsteht.

ran: Also glauben Sie, dass es noch zu einem richtig großen Knall kommen könnte?

Breuer: Das Modell dieser strategischen Partnerschaft war als Antwort auf aktuelle und zukünftige Probleme der Liga gedacht. Diese Probleme sind nun natürlich nicht gelöst. Ganz im Gegenteil, man verzichtet auf eine Problemlösung. Jetzt ist die Frage, wie man alternativ die Ressourcen für die Liga sichern kann, um sportlich gut dazustehen. Ein großer Teil der gesellschaftlichen Kraft der Bundesliga hängt an dem sportlichen Glanz. Die Wettbewerbssituation und der Druck, unter der die Liga stehen, sind ja nicht dadurch verschwunden, dass man auf einen Lösungsversuch verzichtet.

ran: Wie könnte eine Problemlösung aussehen, ohne die Fan-Szene zu verärgern?

Breuer: Naheliegend wäre es, eine Finanzierungsalternative zu wählen, die man eigentlich mehrheitlich nicht wollte. Das kann bedeuten, dass man sich das Kapital am Kapitalmarkt holt. Beispielsweise über Bankkredite. Man könnte auch über Fan-Anleihen für die DFL nachdenken. Dass man sich Fremdkapital besorgt, wie man es im Finanzdeutsch sagen würde. Dadurch geht man ein höheres finanzielles Risiko ein. Es droht eine Verschuldung, wenn das Konzept nicht aufgeht. Damit stellen sich komplizierte Haftungsfragen in so einem Liga-Konstrukt. Wer haftet dann für wen? Der große politische Vorteil wäre, dass Fremdkapital zwar Zinsen kostet, aber keine Mitbestimmung erfordert. Ich glaube, dass jetzt in der Liga und vor allem in den Fan-Szenen ein finanziell riskanteres Vorgehen, das keine Mitbestimmung mit sich bringt, favorisiert würde. Aus dem Lehrbuch der Finanzierung würde man dieses Vorgehen wahrscheinlich nicht wählen. Aber bei so einem emotionalen Produkt wie dem Fußball kann man offensichtlich nicht immer nach dem Lehrbuch vorgehen.

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Prof. Christoph Breuer vom Institut für Sportoekonomie und Sportmanagement an der Sporthochschule Köln.
Prof. Christoph Breuer vom Institut für Sportoekonomie und Sportmanagement an der Sporthochschule Köln.© HMB-Media

ran: Das Private-Equity-Unternehmen CVC war an den Anteilen der DFL interessiert. Was hat CVC sich von dem Einstieg versprochen?

Breuer: CVC kennt das Geschäft schon, sie waren und sind in ähnlichen Konstellationen für die französische und spanische Liga aktiv. Von daher können sie das Geschäft gut einschätzen und haben sich das Know-how schon erworben, was hilfreich ist. Die Idee war zwar, dass man klar die Geschäftsbereiche der verschiedenen Ligen trennt, um Compliance-Probleme zu vermeiden. Dennoch hätten sich Synergien ergeben. Letztendlich hatte der Investor mit einem vernünftigen Geschäft kalkuliert, was die Hauptmotivation gewesen ist.

ran: Würden Sie die Entscheidung der DFL als eine Art Kapitulation vor den Fans werten?

Breuer: Kapitulation ist natürlich ein starkes Wort. Ich würde es etwas sanfter ausdrücken wollen: Man trägt den massiven Protesten Rechnung.

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