Bundesliga
Eric Dier beim FC Bayern München: Transfer mit Flop-Potenzial?
- Aktualisiert: 14.01.2024
- 16:48 Uhr
- Carolin Blüchel
Abwehrspezialist Eric Dier ist der erste Winter-Transfer des FC Bayern München. Während TV-Experte Dietmar Hamann die Verpflichtung kritisch sieht, setzen die Bayern auf die Erfahrung und Flexibilität des Engländers.
Rund zwei Dutzend Journalisten versammelten sich am Samstag an der Säbener Straße, um Bayern-Neuzugang Eric Dier zu begrüßen. Das zurückhaltende Interesse ist ein recht guter Gradmesser dahingehend, wie die Qualität dieser Verpflichtung eingeschätzt wird. Urteil: eher mäßig.
Der englische Defensivspezialist, der zunächst bis Saisonende von Tottenham Hotspur ausgeliehen wird, gilt nicht als der absolute Heilsbringer. Eher als Notbehelf, angesichts der knappen Personalsituation in der Abwehr.
"Wir hoffen, dass wir dadurch Leon Goretzka freibekommen", sagte Trainer Thomas Tuchel bei der Pressekonferenz am Donnerstag betont mit einem Augenzwinkern. Etwas Wahres ist trotzdem dran.
Goretzka musste zuletzt immer wieder als Innenverteidiger aushelfen. Jetzt, da Min-jae Kim beim Asien Cup weilt und Talent Tarek Buchmann weiterhin mit Verletzungsproblemen zu kämpfen hat, ist die Situation besonders prekär.
Das Wichtigste in Kürze
Hamann zweifelt an Dier-Transfer
"Die Priorität war, dass wir uns in der letzten Linie verstärken", bestätigte auch Sportdirektor Christoph Freund am Samstag. Zweifelsohne ist Dier vom Profil her der passende Spieler, befand "Sky"-Experte Dietmar Hamann im Gespräch mit "web.de".
Und lobte: "Er ist zweikampfstark, kopfballstark und diszipliniert. Er ist zwar nicht der Schnellste. Aber das muss man auf dieser Position auch nicht unbedingt sein." Trotzdem hat Hamann Zweifel, ob der 29-Jährige den Bayern tatsächlich weiterhelfen könne.
Denn Dier stand bei den Spurs auf dem Abstellgleis. Nachdem er jahrelang als Stammspieler in der Innenverteidigung gesetzt war, degradierte ihn der neue Trainer Ante Postecoglou mit Saisonbeginn auf die Ersatzbank.
Der Spielstil Diers passte nicht zur Philosophie des Coaches, wurde auf der Insel gemunkelt. Nur vier Spiele stand der Engländer auf dem Platz. Die fehlende Praxis sei ein Problem, bemängelte Hamann.
"Er hatte zwar vor vier, fünf Jahren eine richtig gute Phase, auch in der Nationalmannschaft. Aber das ist jetzt schon eine Zeit lang her", gibt der Ex-Nationalspieler zu bedenken: "Wenn man im Alter von 29, 30 Jahren so lange nicht gespielt hat, dauert es einige Wochen, bis du wieder im Rhythmus bist. Daher wage ich zu bezweifeln, ob er ihnen kurzfristig oder überhaupt in dieser Saison hilft."
Hamann lehnte sich sogar noch weiter aus dem Fenster und verglich Dier mit Flop-Transfer Daley Blind im vergangenen Jahr. Der Niederländer sei zwar schon ein paar Jahre älter gewesen, aber es könne mit Dier trotzdem ähnlich laufen.
Der auch auf der linken Seite einsetzbare Innenverteidiger war im vergangenen Winter aus Amsterdam geholt worden und nach nur fünf Pflichtspieleinsätzen im Sommer in Richtung spanische zweite Liga von dannen gezogen.
Externer Inhalt
"Glue Guy" Dier soll auch abseits des Platzes helfen
Die Bayern allerdings setzen vor allem auf Diers großen Erfahrungsschatz, in Premier League, Königsklasse sowie abseits des Rasens. "Er ist ein richtig guter Typ. Wir glauben, dass er mit seiner Art und Weise der Mannschaft auf dem Platz wie auch in der Kabine helfen und eine gewisse Struktur geben kann", findet Sportdirektor Christoph Freund.
Dass er die Fähigkeit besitzt, unterstreicht sein Spitzname, der ihm in Tottenham verpasst wurde. An der White Hart Lane galt Dier als "Glue Guy", jemand, der für den Zusammenhalt in der Mannschaft sorgt.
Die Einstellung bei seiner Vorstellung stimmte schon einmal optimistisch. "Ich kann auf verschiedenen Positionen spielen und bin flexibel einsetzbar", sagte er: "Ich bin die Art von Spieler, die immer das Beste für das Team geben will, unabhängig von der Rolle."
Bundesliga-Rekorde der Saison 2023/24: Thomas Müller zieht mit Sepp Maier gleich
Dier soll ins Abwehrzentrum
Dier könnte auch als rechter Verteidiger oder im defensiven Mittelfeld auflaufen, für Tuchel steht seine Rolle im Abwehrzentrum aber fest.
"Er ist mittlerweile ein Spezialist als Innenverteidiger. Er hat früher auch viele Premier-League-Spiele auf der Sechs gemacht, hat aber zuletzt immer in der Innenverteidigung gespielt. Er kann beide Innenverteidigerpositionen und in der Dreierkette spielen", hält der einstige Coach des FC Chelsea fest.
Ob Dier am Ende nur ein Platzhalter für Kim sein wird oder sich unentbehrlich macht, scheint derzeit völlig offen. Auch deshalb sicherten sich die Bayern eine Kaufoption am Saisonende.
Der erste Wintertransfer des Rekordmeisters soll nicht der letzte gewesen sein. Ein rechter Verteidiger steht noch auf dem Wunschzettel, während der Bedarf an einer "Holding Six" – einem defensiven Sechser – angesichts der Alternativen mit Aleksandar Pavlovic und Raphael Guerreiro laut Tuchel nicht mehr so dringlich ist.