FC Bayern München: Die Art und Weise der Entlassung ist nicht Bayern-like - ein Kommentar
- Aktualisiert: 27.05.2023
- 22:28 Uhr
Dass sich der FC Bayern von Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic trennt, kommt nicht wirklich überraschend. Doch sowohl der Zeitpunkt als auch andere Ungereimtheiten passen ins Bild einer teilweise chaotisch verlaufenen Saison. Ein Kommentar.
Der 34. Bundesliga-Spieltag brachte Spannung, Dramatik und Emotionen wie seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr.
Weil es nach über einem Jahrzehnt nicht nur im Kampf ums internationale Geschäft und gegen den Abstieg noch um alles oder nichts ging, sondern auch im Rennen um die Meisterschaft.
Ein packender Krimi, in dem erst Dortmund vorne lag, dann Bayern, dann wieder der BVB und schließlich doch noch die Bayern durch den Siegtreffer von Jamal Musiala in der 90. Minute. Wahnsinn!
FC Bayern: Vorstands-Rauswurf überdeckt Triumphmeldung
Doch der eigentliche Wahnsinn geschah unmittelbar danach: Der FC Bayern verkündete den Rauswurf von Vorstandsboss Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic beinahe zeitgleich mit dem Abpfiff - und machte damit binnen kürzester Zeit die Triumphmeldungen über den Last-Minute-Meistertitel zunichte mit einer Negativmeldung, die alles überschattete.
Das passe zur Achterbahn-Saison, kommentierte der sichtlich konsternierte Thomas Tuchel. Einerseits, weil die beiden Ansprechpartner weg sind, die den Trainer zum Wechsel nach München überredet haben.
Andererseits aber eben auch, weil es die Bayern nach der teilweise chaotisch verlaufenen Saison sogar schafften, den vermeintlichen Höhepunkt mit der Entlassungs-Meldung zu verdecken.
Wenn Kahn Recht hat, war das Vorgehen der Bayern wirklich unwürdig
Neben dem unpassenden Zeitpunkt war auch die Art und Weise nicht wirklich Bayern-like, wie auch schon beim Aus von Julian Nagelsmann.
Sofern Oliver Kahns schwerer Vorwurf, der Verein habe ihm die Reise zum Saisonfinale in Köln verboten, zutreffend ist, kann man Dietmar Hamann kaum widersprechen. Dieser nannte das Verhalten seines Ex-Klubs "unwürdig" und "an Respektlosigkeit nicht zu überbieten".
Es ist daher auch ein Irrglaube, durch den Rauswurf von Kahn und Salihamidzic lösten sich die zahlreichen Probleme plötzlich in Luft auf. Auch wenn die Entscheidung als solche nicht wirklich überraschend kam.
Dass Kahn fast sicher sein Amt zur Verfügung stellen muss, pfiffen die Spatzen seit Wochen von den Dächern, auch ran hatte diese Informationen aus dem Umkreis des Klubs erhalten. Das Verhältnis zu vielen Mitarbeitern soll zerrüttet gewesen sein, er galt als wenig präsent sowie teilweise beratungsresistent und mit der Aufgabe als CEO letztlich überfordert.
Auch die Demission von Hasan Salihamidzic ist angesichts der zahlreichen sportlichen Fehlentscheidungen folgerichtig, auch wenn sich der Sportchef lange Hoffnung machte, dank der schützenden Hand von Klubpatron Uli Hoeneß beruflich zu überleben.
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Auch diesmal dürfte Uli Hoeneß die Weichen gestellt haben
Doch der Ehrenpräsident war nach einer Spielzeit voller Pleiten, Pech und Pannen augenscheinlich der Geduldsfaden gerissen, so dass er bei seinem Lebenswerk nochmal das Heft in die Hand nahm. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hat Mr. Bayern diesmal wieder die Weichen gestellt.
In dieses Bild passt auch, dass Kahn-Vorgänger Karl-Heinz Rummenigge nun - wo in Kahn-Nachfolger Jan-Christian Dreesen und dessen Nachfolger als Finanzvorstand, Michael Diederich zwei Banker de Bayern-Vorstand führen - angeblich als zusätzlicher Aufpasser in den Aufsichtsrat einziehen soll (was er nach seinem Bayern-Abschied noch vehement abgelehnt hatte).
Vielleicht nehmen es vor allem der tief frustrierte Kahn und auch der emotional sichtlich angefasste Salihamidzic eines Tages sogar als Ritterschlag, dass sie somit zur langen Liste der Hoeneß-Opfer gehören.
Über allem steht die Frage, ob die Altvorderen loslassen können
Offen bleibt aber die über allem stehende Frage, wie es weiter gehen soll beim deutschen Rekordmeister und vor allem, wann sich der Klub endlich und wirklich von den Altvorderen um Hoeneß lösen kann, die ja ganz offensichtlich von selbst nicht loslassen können.
So lange darf man ungeachtet des elften Meistertitels große Zweifel haben, ob das Motto "Zurück in die Zukunft" für die Transformation zu einem modernen und sportlich erfolgreichen Verein ausreicht.
Ganz abgesehen von Stilfragen wie dem fairen Umgang und einer besseren Außendarstellung.