Mini-Trainingslager in Portugal
FC Bayern München: Die fünf Probleme für Thomas Tuchel
- Aktualisiert: 15.01.2024
- 15:28 Uhr
- Carolin Blüchel
Trotz des Sieges gegen die TSG Hoffenheim war Thomas Tuchel mit seinen Bayern nicht hundertprozentig zufrieden. Ein spontanes Trainingslager in der Sonne soll jetzt dabei helfen, die dringlichsten Probleme zu lösen.
Nach einer turbulenten Woche mit dem Tod von Kaiser Franz Beckenbauer, dem 3:0 zum Bundesliga-Auftakt gegen Hoffenheim und der Verpflichtung von Eric Dier will Trainer Thomas Tuchel die Mannschaft des FC Bayern München in einem spontan angesetzten Mini-Trainingslager in Portugal fünf Tage lang auf die restliche Saison einschwören.
Auf dem Programm stehen laut "Bild" vor allem Taktik und Teambuilding.
Obwohl es sportlich – zumindest ergebnistechnisch – rund läuft, muss Tuchel in der Sonne Faros fünf wichtige Herausforderungen meistern, um sowohl im Kampf um die Meisterschaft als auch in der Königsklasse maximal erfolgreich zu sein.
Und das ist Tuchels To-Do-Liste.
Das Wichtigste in Kürze
1. Das Beste aus Sane herausholen
Es ist meckern auf ganz hohem Niveau. Leroy Sane erlebt unter Tuchel in dieser Saison seine wohl beste und konstanteste Phase seiner Karriere. Der Flügelstürmer war in der Hinrunde neben Harry Kane meist der beste Bayer auf dem Feld. Seine in der Vergangenheit oft so phlegmatische Ausstrahlung ist einer Siegermentalität gewichen.
Auch gegen Hoffenheim legte er Doppeltorschütze Jamal Musiala beide Treffer auf. Und doch ist Tuchel mit Sane nicht ausnahmslos zufrieden.
"Er muss wieder körperlicher spielen. Er hat so viel körperliches Potenzial, in schnellen Läufen, in Sprints. Darauf kann er nicht verzichten, das ist mir zu wenig, da gibt es noch Luft nach oben", kritisierte Tuchel seinen Leistungsträger nach dem Sieg gegen Hoffenheim am ran-Mikrofon.
Im Trainingslager will der Trainer mit einem Mix aus Zuckerbrot und Peitsche Sane wieder zur absoluten Topform trimmen. Die Chancen stehen gut, dass dieses Vorhaben gelingt. Schließlich hat sich Tuchel im vergangenen Jahr den Ruf als Sane-Flüsterer erarbeitet.
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2. Neuzugang Dier schnell integrieren
Mit Eric Dier ist der erste Winter-Transfer unter Dach und Fach. Tuchel plant mit dem Abwehr-Allrounder vor allem in der Innenverteidigung. Besonders jetzt, da Min-jae Kim wegen des Asien Cups fehlt.
Dier stand bei Tottenham Hotspur zuletzt allerdings auf dem Abstellgleis, hat nur vier Pflichtspiele in dieser Saison absolviert. Auch wenn der Engländer betont, er fühle sich topfit, ist es keine leichte Aufgabe, den 29-Jährigen mit möglichst minimaler Eingewöhnungszeit zu integrieren.
Helfen könnten dabei einerseits Buddy Harry Kane, mit dem Dier bei den Spurs neun Jahre lang gemeinsam gespielt hatte. Und auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich beim Engländer mit portugiesischen Wurzeln im Trainingslager an der Algarve schnell ein Wohlfühlgefühl einstellen könnte, was die Integration erleichtern würde.
Gelingt das, könnte Tuchel am Ende vor der Qual der Wahl stehen. Denn auch Dayot Upamecano, Matthijs de Ligt und Kim beanspruchen einen Startplatz in der Innenverteidigung der Bayern.
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3. Suche nach einem Rechtsverteidiger
Die Verpflichtung eines Rechtsverteidigers ist nur indirekt Tuchels Aufgabe. Hier ist Sportdirektor Christoph Freund mehr gefragt. "Wir werden sehen, was die nächsten Tage passiert. Die Transferzeit ist noch ein bisschen offen", kündigte der Österreicher am Wochenende an.
Fakt ist: Eine weitere Verstärkung wäre gerade im Hinblick auf die heiße Phase im Meisterschaftsrennen und in der Champions League dringend notwendig. Zu häufig musste zuletzt Konrad Laimer rechts hinten aushelfen, der eigentlich fürs defensive Mittelfeld verpflichtet worden war.
Allerdings ist die Creme de la Creme im Winter eher nicht erhältlich. Tuchel und Freund brauchen ein glückliches Händchen oder aber einen Plan B, sollte sich auf dem Transfermarkt doch nichts mehr ergeben.
4. Unzufriedenen Goretzka besänftigen
Die Verpflichtung von Dier fürs Abwehrzentrum dürfte schon seinen Teil dazu beigetragen haben, dass Leon Goretzka sich wieder etwas wohler fühlt. Denn zuletzt hatte man doch den Eindruck gewonnen, dass der Mittelfeldspieler über seine notgedrungenen Ausflüge in die Innenverteidigung nicht so zufrieden war.
Gegen Hoffenheim saß der Nationalspieler dann sogar nur auf der Bank, wirkte bei seiner Einwechselung angefressen.
Goretzka wieder auf Spur zu bringen, ist eine wichtige Aufgabe für Tuchel. Denn in Topform ist der Nationalspieler ein Erfolgsgarant.
Besänftigen könnte den 28-Jährigen auch die Tatsache, dass Tuchel seine Dauerforderung nach einer "Holding Six" – Stand jetzt – ad acta gelegt hat. Ein Indiz dafür, dass der Trainer seinen eigenen Leuten wieder mehr Vertrauen schenkt.
5. Die richtige Einstellung finden
Nach dem 3:0-Sieg gegen Hoffenheim war Tuchel zwar mit dem Ergebnis zufrieden, nicht aber mit der Leistung seiner Mannschaft. Es hatte nicht viel gefehlt, da hätten die Bayern ihre Führung zwischenzeitlich aus der Hand gegeben. Einzig Manuel Neuer verhinderte Schlimmeres.
Demensprechend gab’s nach Abpfiff einen Anpfiff vom Trainer für die komplette Mannschaft. Nur Musiala und Neuer wurden ausgespart. "Wir kriegen die Lust und die Freude und die Gier noch nicht rüber in die Spiele, noch nicht konstant", so Tuchel. Es fehlen der "Esprit" und der "Drive", der in den Trainings sichtbar sei: "Wir müssen da dran bleiben, wir können das besser."
Es ist nicht das erste Mal seit Tuchels Amtsübernahme im März 2023, dass der Trainer die Einstellung seiner Mannschaft beklagt und dabei ein wenig ratlos wirkt. In Portugal muss es im gelingen, den Hebel in den Köpfen seiner Profis endgültig umzulegen, so dass die selbstverständlichen Tugenden auch wieder selbstverständlich abgerufen werden.