Bundesliga
FC Bayern München: Boateng-Move ein Armutszeugnis und Warnsignal - ein Kommentar
- Aktualisiert: 06.10.2023
- 11:50 Uhr
- Andreas Reiners
Dass die Bayern Jerome Boateng aus dem "Ruhestand" holen müssen, ist ein Armutszeugnis - aber in gewisser Weise auch smart. Ein Kommentar.
Es war klar, dass es nochmal Diskussionen geben würde.
Harsche Kritik, verbale Prügel, natürlich auch jede Menge Hohn und Spott. Dafür war die vergangene Transferperiode einfach zu mies. Trotz Harry Kane. Dass es so schnell passiert, zeigt nur, wie unterirdisch die Bayern im Sommer tatsächlich gearbeitet haben.
Doch dem Rekordmeister kann das Chaos eigentlich nur helfen. Wenn man denn daraus lernt.
Die Personalie Jerome Boateng ist für den Klub wie ein riesiger Spiegel, der den Verantwortlichen vorgehalten wird. Und es schmerzt, reinzuschauen. Doch für die Zukunft ist es unerlässlich, den Blick nicht abzuwenden.
Denn die mögliche Rückkehr des 35-Jährigen ist für den Klub ein Armutszeugnis.
Den Bayern werden damit die Versäumnisse der Transferphase gnadenlos vorgehalten. Die Fehler, die Rückschläge und Versäumnisse, die man sich im Sommer geleistet hat, die so gar nicht Bayern-like waren.
Wer gehofft hatte, dass man sich irgendwie bis zur Winterpause mit dem aktuellen Kader durchschlagen könnte, wird nach nur wenigen Wochen eines Besseren belehrt und sollte spätestens jetzt aufwachen. Was immerhin verhindern würde, dass man denkt, man habe doch vieles richtig gemacht.
Das Wichtigste in Kürze
Dass es zu einer Unterbesetzung in der Defensive kommen könnte, war abzusehen. Dass man im Oktober eher auf ausrangierte bzw. vertragslose Profis zurückgreifen muss, ist ebenso klar.
FC Bayern München: Wo sind die Talente?
Ebenfalls deutlich wird: Frans Krätzig ist ein guter Anfang, ein Hoffnungsträger, doch die Personalie Boateng zeigt auch, dass der Campus noch nicht das an Talenten abwirft, was man sich von dem 70-Millionen-Euro-Projekt erhofft. Auch hier wartet noch viel Arbeit.
Denn smart wäre es gewesen, den Kader durch eigene, aufstrebende Talente in der Breite zu ergänzen. Stattdessen macht man das mit einem Ex-Weltmeister, der seit Juni kein Spiel mehr bestritten hat, weil man die eigenen Jungstars wie Josip Stanisic sogar ziehen ließ.
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Smart ist der Boateng-Move trotzdem, denn das sportliche Risiko hält sich bei einer Verpflichtung in Grenzen. Eher sogar im Gegenteil: Auch wenn der 35-Jährige wahrscheinlich nicht mehr an alte Glanzzeiten anknüpfen wird, dürfte er gut genug sein, um für eine gewisse qualitative Breite zu sorgen.
Jerome Boateng: Nicht nur negativ
Er ist die beste Notlösung, denn er kennt den Klub, kennt noch einige Akteure, weiß, was Mia san mia bedeutet, ist ein Führungsspieler, hat Ausstrahlung, er kann ein wichtiges Puzzlestück für die Kabine, für fehlendes Charisma und eine Lösung für die gesuchten Häuptlinge sein. Für Boateng selbst ist es die Chance auf ein versöhnliches Ende seiner Karriere.
Möglicherweise also sogar ein Win-Win-Deal.
Aber auch hier gilt: Dass man sich der realen Gefahr aussetzt, dass die persönlichen Probleme Boatengs abseits des Platzes für Unruhe rund um den Klub sorgen können, zum Beispiel unter den Fans, die schon jetzt gespalten sind, unterstreicht die Verzweiflung und selbst verschuldete Not, die bei den Bayern herrscht.
FC Bayern München: Die richtigen Schlüsse ziehen
Trotzdem: Die Gruppenphase der Champions League wird der FCB auch mit Boateng schaffen, und die Meisterschaft verlieren die Bayern bis zum Winter auch nicht. Doch dann kommt die Crunch Time.
Falls es also noch nicht geschehen ist, muss der Klub die zahlreichen Fehlentscheidungen aus dem Sommer aufarbeiten, um sie für die Zukunft auszuschließen und für den Winter die richtigen Schlüsse zu ziehen. Um den Kader nachzujustieren.
Damit am Ende zumindest alle in den Spiegel schauen können.