Bundesliga
FC Bayern München: Zwischen Optimismus und Realität! Wie geht es weiter mit Manuel Neuer?
- Aktualisiert: 14.11.2023
- 15:25 Uhr
- Justin Kraft
Manuel Neuer scheint kurz vor seinem Comeback beim FC Bayern München zu stehen. Doch wann und wie stark kommt er zurück? Ein ehemaliger Torwart des Rekordmeisters ist sich sicher: Je schneller, desto besser.
Von Justin Kraft und Mike Stiefelhagen
Manuel Neuer ist wieder fit. Das ist die Nachricht, die beim FC Bayern München derzeit für gute Laune sorgt. Inmitten vieler Diskussionen rund um den Kader, Thomas Tuchel und Uli Hoeneß kommt sie genau richtig.
Dem Vernehmen nach soll der fünfmalige Welttorhüter wieder voll einsatzfähig sein. Nach der Länderspielpause ist der Rekordmeister in der Bundesliga zu Gast beim FSV Mainz 05. Der perfekte Zeitpunkt für das lang ersehnte Comeback?
Wenn es nach Ex-FCB-Torhüter Jean-Marie Pfaff geht, dann kann eine Rückkehr in die Startelf nicht früh genug erfolgen. "Wenn er gesund ist, muss er spielen", sagt der Belgier im Gespräch mit ran.
Er selbst habe 1985 eine ähnliche Situation, als er an der Bauchmuskulatur und an der Leiste operiert wurde. Bei seinem Comeback verlor er mit 1:2 gegen Düsseldorf, kurz darauf gewann er mit den Münchnern den Pokal.
Das Wichtigste zum FC Bayern München in Kürze
"Das Risiko musst du nehmen", so Pfaff weiter. Aber klar sei auch: "Er muss gut spielen, muss gut halten." Schafft Neuer das nach über einem Dreivierteljahr Zwangspause?
Manuel Neuer: "Warum soll er nicht gut halten?"
Pfaff ist sich da sicher: "Das schafft er, warum soll er nicht gut halten? Die Bälle kommen immer aus derselben Richtung." Alltagsgeschäft also für den 37-Jährigen. Doch ist es wirklich so simpel?
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Er muss gut spielen, muss gut halten. Das schafft er, warum soll er nicht gut halten? Die Bälle kommen immer aus derselben Richtung.
Jean-Marie Pfaff über die Rückkehr von Manuel Neuer
Schon vor seinem Unterschenkelbruch hatte der Weltmeister von 2014 sowohl mit Verletzungen und Ausfallzeiten zu kämpfen. 32 Tage fehlte er im Februar und März wegen einer Knie-OP, 24 weitere im Oktober und November. Zwischendrin erkrankte er am Corona-Virus (sieben Tage). Dann kam der allseits bekannte Skiurlaub nach der WM.
In der Hinrunde vor der Weltmeisterschaft in Katar wirkte Neuer nicht mehr unantastbar. Zum Saisonstart in Frankfurt patzte er, wenn auch bei hoher Führung. Bei weiteren Gegentoren wirkte er menschlich. Menschlich deshalb, weil Neuer über Jahre hinweg für Staunen auf aller Welt sorgte. Die Erwartungen an ihn sind entsprechend groß, bei jedem Gegentor kommt die Frage auf, ob eine jüngere Version seinerselbst da etwas hätte tun können.
Und diese Frage hat sich gehäuft. Er wurde immer mehr hinterfragt. Der menschliche Neuer strahlte nicht mehr diese selbstverständliche Dominanz aus. Aus dem weltweiten Staunen wurde ein Raunen. Es wurde gefragt: Zählt er noch zu den Top-5 der Welt? Später wurde gefragt, ob er noch zu den Top-10 zählt.
FC Bayern München: Manuel Neuer nicht mehr der Alte?
Viele glasklare Fehler unterliefen ihm auch vor seiner Verletzung nicht. Doch so reaktionsschnell wie früher wirkte der ehemalige Schalker schon lange nicht mehr. All das gipfelte bei einem Auftritt bei der Weltmeisterschaft, der ihm Kritik einbrachte. Kritik, die man in Deutschland so nicht gewohnt war.
Er habe "bei dem einen oder anderen Gegentreffer nicht glücklich" ausgesehen, monierte Stefan Effenberg bei "t-online" damals vorsichtig. "Er hat Fehler gemacht, die man von ihm nicht kennt", sagte auch Lothar Matthäus. Die ehemalige Nationalspielerin Navina Omilade forderte bei "Eurosport" eine kritische Auseinandersetzung damit, "ob es nicht besser wäre, seinen Platz freizumachen".
Neuer ging damals angeschlagen in das Turnier, wollte um jeden Preis spielen. Ein Argument dafür, es jetzt nicht zu überstürzen? "Wenn ein Torwart hinter sich schaut, ist es immer ein Tor", sagt Pfaff zur aktuellen Situation: "Also musst du immer vorwärtsschauen."
Manuel Neuer: "Das ist das, was ter Stegen nicht hat"
Auch in der Nationalmannschaft ist für den Ex-Keeper klar, wer die Nase vorn hat. Marc-Andre ter Stegen und Neuer wären zwar beide "gute Torleute", die bei guten Vereinen spielen, aber der Bayern-Torwart habe einen Vorteil: "Man sieht nur, dass ein guter Torhüter im Tor steht, wenn die Mannschaft schlecht ist. Dann musst du gut sein", holt Pfaff aus. "Das ist das, was ter Stegen nicht hat."
Der Barça-Keeper habe zu viele Gegentore kassiert, als sein Team in der Krise war. Das sei zwar nicht allein seine Schuld gewesen, "aber er muss dirigieren. Manuel dirigiert viel besser". Sowohl für die Nationalmannschaft als auch für den FC Bayern sei es deshalb allein schon für "den Geist" gut, wenn Neuer im Tor stehe.
Tatsächlich galt Neuer über Jahre ganz unabhängig vom Vergleich zu ter Stegen als jemand, der seine Vorderleute im Griff hat, dort für ein Gefühl der Sicherheit sorgt. Doch der Bayern-Keeper muss nach seiner Rückkehr unter Beweis stellen, dass das immer noch so ist.
FC Bayern hofft auf gelungenes Comeback von Manuel Neuer
Zu präsent sind noch die Erinnerungen an sein unglücklich verlaufenes halbes Jahr vor der schweren Verletzung. Zu präsent ist auch sein Alter. Häufig werden Vergleiche mit anderen Torwart-Legenden aufgestellt, die bis ins hohe Alter gespielt haben. Gianluigi Buffon beendete seine Karriere jüngst mit 45 Jahren. Oliver Kahn hörte beim FC Bayern einst mit 39 Jahren auf.
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Doch wie gut waren die beiden auf ihrer Ehrenrunde noch? Unumstritten waren sie jedenfalls ebenso wie Neuer nicht mehr. In München aber auch bei der Nationalmannschaft muss man sich deshalb Gedanken darüber machen, was nach der Ära kommt, die der Torwart geprägt hat.
Das bedeutet nicht, dass es ausgeschlossen ist, dass Neuer nochmal zu alter Stärke findet. Doch wer sich mit den Leistungen auseinandersetzt, die der FCB-Kapitän in den letzten zwei Jahren gezeigt hat, dann bleibt das ernüchternde Fazit, dass diese zunehmend nicht mehr Weltklasse waren, sondern "nur" noch gut.
Die Hoffnung in München ist groß, dass er zumindest dieses Niveau wieder erreicht. Denn ein guter Neuer ist immer noch mit Abstand der beste Torhüter, den der FC Bayern hat – und vermutlich auch immer noch einer der zehn oder fünfzehn besten der Welt. Wie lange die Hoffnung darauf lebt und wie lange die Laune an der Säbener Straße durch die Rückkehr positiv beeinflusst wird, liegt jetzt metaphorisch in den Händen von Manuel Neuer.