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Bundesliga

FC Bayern München nach Pleite gegen Leipzig: Der Rekordmeister erkennt sich selbst nicht mehr

  • Aktualisiert: 23.05.2023
  • 11:47 Uhr
  • ran.de
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© 2023 Getty Images

Ein Jahr ohne Titel - das Horrorszenario des FC Bayern München ist nach der 1:3-Niederlage gegen RB Leipzig deutlich wahrscheinlicher geworden. Im Klub macht sich Ratlosigkeit breit, nur wenige Protagonisten versprühen noch Kampfeslust und Feuer. Der Klub taumelt einem katastrophalen Saisonende entgegen.

Aus der Allianz Arena in München berichtet Stefan Kumberger

Und wieder musste es Thomas Müller richten. Während seine Kollegen nach der 1:3-Niederlage gegen RB Leipzig stumm, emotionslos und ohne jegliches Feuer in die Kabine gingen, versuchte der 33-Jährige Haltung zu wahren.

Mit durchgedrücktem Rücken stellte sich das Eigengwächs des FC Bayern München einem Interview nach dem anderen. Doch es brodelte in ihm, die Wut war spürbar.

"Die Erklärungen sind jetzt relativ uninteressant", sagte Müller zerknirscht und man sah ihm an, dass er selbst noch ganz überrascht von der blutleeren Leistung der Bayern war. Sein Trainer wurde da schon deutlicher. "Ich würde es als '30 Minuten okay' bezeichnen. Nicht mehr als okay", sagte Thomas Tuchel und sprach von vielen Defiziten, die sich eingeschlichen hätten – trotz einer guten Trainingswoche.

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Bayern-Coach Tuchel wirkt nach Pleite ratlos

"Zu wenig Bewegung, zu wenig Verantwortung, zu wenig Mut, zu wenig Präzision", attestierte Tuchel seiner Mannschaft und wirkte vollkommen ratlos. Er gab sogar zu, dass ihn diese Negativentwicklung durchaus überrasche.

Es wirkt, als würden die Protagonisten des Rekordmeisters sich selbst nicht mehr erkennen. Das Selbstbewusstsein und die Selbstverständlichkeit der vergangenen Jahre sind vollkommen verflogen.

"Wir haben keine Dominanz, wir machen zu viele Fehler. Es war heute nicht so, dass Leipzig uns 'hergespielt' hätte. Aber am Ende ist es kein Zufall, weil es uns schon viel zu oft passiert ist – vor allem in der Rückrunde", sagte Joshua Kimmich im Interview mit ran

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Die Noten der Bayern- und Leipzig-Stars in der Einzelkritik

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Dabei wirkte der Nationalspieler seltsam gefasst und emotionslos, was aber offenbar nicht sein Innenleben widerspiegelte: "Soll ich hier vor der Kamera ausrasten? Das werden Sie nicht erleben. In der Kabine und zuhause vielleicht schon."

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Münchner am Tiefpunkt: Ein Klub fremdelt mit sich selbst

Ein gefährliches Gemisch aus Wut, Enttäuschung und Ratlosigkeit macht sich im Verein breit. Es brodelt im Klub, es brodelt in der Kabine – doch noch wird das Konstrukt beim FC Bayern durch die Hoffnung auf einen Ausrutscher von Borussia Dortmund zusammengehalten.

Sollte der BVB aber tatsächlich Meister werden, darf man davon ausgehen, dass die Zeiten in München noch ungemütlicher werden, als sie es jetzt schon sind. Öffentliche Schuldzuweisungen sind dann nicht mehr ausgeschlossen, denn zu kritisieren gäbe es viel.

Die verfehlte Kaderpolitik von Sportvorstand Hasan Salihamidzic und CEO Oliver Kahn, die Nicht-Leistungen von eigentlichen Hoffnungsträgern, die fehlende charakterliche und mentale Stärke allzu vieler Profis und nicht zuletzt die zahlreichen individuellen Fehler, die die gesamte Bayern-Saison zu einer wahren Achterbahn werden lassen. Aktuell ist man an einem neuen Tiefpunkt angekommen. Der FC Bayern fremdelt mit sich selbst.

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Kimmich: "Soll ich jetzt vor der Kamera ausrasten?"

Joshua Kimmich spricht über die Niederlage gegen RB Leipzig.

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Tausende Fans gingen schon vor dem Schlusspfiff nach Hause

Es hatte schon etwas von Zeitenwende in der ausverkauften Allianz Arena, die sich schon vor dem Schlusspfiff merklich leerte. Einige Fans wollten nicht mehr Zeuge des kompletten Zusammenbruchs bayerischer Stärke sein und eilten ins Parkhaus oder zur U-Bahn. An einen Titelgewinn glauben nur noch die größten Optimisten unter den Anhängern des FCB.

"Natürlich kann es ein denkwürdiges Spiel für die Geschichte der Bundesliga sein", sagte Rekordnationalspieler Lothar Matthäus beim Bezahlsender "Sky". Womöglich sei es richtungsweisend für eine Meisterschaft von Borussia Dortmund.

Apropos Borussia Dortmund: Wirklich Sorgen müssen sich die Bayern-Fans vor allem deswegen machen, weil der Mannschaft und dem Klub die eigene DNA abhandenkommt. Von "Mia san mia" war in der zweiten Halbzeit gegen RB nichts zu spüren – schon gar nicht nach dem Rückstand.

Es fehlt dem Kader die berühmte Mentalität, um Meister zu werden. Ein Vorwurf, den sich seit Jahren eigentlich vor allem die Stars des BVB gefallen lassen müssen.

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Kahn: "Man hat das Gefühl, alles bricht zusammen"

Zwar ist immer dann von fehlender Mentalität die Rede, wenn man sich fehlende Qualität nicht eingestehen will, aber dass die Bayern über hochtalentierte Profis verfügen, steht außer Frage. Die Widerstandsfähigkeit in Drucksituationen fehlt einfach vollkommen.

"Man hat das Gefühl, alles bricht zusammen, wenn mal ein Gegentor fällt, wenn Widerstand kommt. Ich hatte nicht das Gefühl, dass wir noch groß was entgegenzusetzen hatten", sagte Kahn nach der Partie. Dass der FC Bayern es nun nicht mehr selbst in der Hand hat, Meister zu werden, wurmt den Vorstandboss besonders, aber nicht einmal Giftpfeile a la Uli Hoeneß wollte Kahn Richtung Dortmund senden. Selbst für das alte Spiel der verbalen Attacke scheinen die Bayern derzeit zu ausgelaugt.

Mit einer Ausnahme: Dass RB Leipzigs Geschäftsführer Max Eberl im Interview mit ran festgestellt hatte, seine Mannschaft sei "mannhafter" als der FC Bayern aufgetreten, wollten die Münchner nicht auf sich sitzen lassen. "Der Max Eberl kann erzählen was er will", reagierte Müller trotzig und Tuchel verkündete: "Es ist völlig egal, was Max Eberl sagt…"

Es war das letzte bisschen Feuer, das derzeit im Rekordmeister zu stecken scheint.

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