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FC Bayern München: Uli Hoeneß und Thomas Tuchel - das große Bündnis
- Aktualisiert: 30.04.2023
- 09:38 Uhr
- ran.de/Stefan Kumberger
Thomas Tuchel hat sich mit Uli Hoeneß den richtigen Verbündeten beim FC Bayern gesucht. Das Verhältnis der beiden war einst nicht das beste - doch das hat sich geändert. Auch weil beide aufeinander angewiesen sind.
Vom FC Bayern berichtet Stefan Kumberger
Es ist gar nicht so lange her, da war ein Engagement von Thomas Tuchel beim FC Bayern geradezu ausgeschlossen. Zu unterschiedlich schien der Charakter des Trainers zu dem von Uli Hoeneß. Allein der Lebenswandel der beiden gab Anlass für allerlei Scherze. Der Wurst-Fabrikant und der Asket in einem Klub? Undenkbar!
Es mutet tatsächlich kurios an, sich einen gemütlichen Abend von Hoeneß und Tuchel vorzustellen. Der Ehrenpräsident mit Wurst und Rotwein, der Trainer mit Wasser und Tofu-Schnitzel?
Doch die Zeit der Witze ist vorbei.
Tuchel ist seit Ende März Bayern-Trainer, Hoeneß einer seiner größten Fans. Eine Diskussion um den Coach gibt es in München nicht - auch wegen der Unterstützung vom Tegernsee.
Hoeneß beim Bayern-Training
Dass Hoeneß voll hinter dem Trainer steht, machte der 71-Jährige jüngst am Mittwoch deutlich. Lange und intensiv diskutierte er mit Tuchel mitten auf dem Trainingsplatz - wohlwissend, dass mehrere Fotografen die Szene dankbar dokumentierten und in die Welt trugen.
"Er wollte mir nur kurz sagen, wer spielt am Wochenende", sagte Tuchel auf der Pressekonferenz am Freitag und fügte amüsiert hinzu: "Habe ich dann auch gleich eingesehen".
Hoeneß dürfte es nicht ungelegen gekommen sein, dass Tuchel - anders als sonst - beim Aufbau verschiedener Trainingsstationen half. Der Patriarch nutzte so die Bühne, die sich ihm bot. Hoeneß, der Medienprofi.
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Die Botschaft: Ich bin wieder da!
Seine Botschaft: Ich bin wieder da!
Bereits nach dem Spiel gegen Manchester City hatte Hoeneß den Weg in die Kabine gesucht. Eigentlich untypisch, denn er wollte sich eigentlich nicht mehr ins Tagesgeschäft einmischen – zumindest hatte Hoeneß das vorher wochenlang gepredigt und sich auch an die klub-interne Abmachung gehalten, wonach er außerdem nicht mehr allzu oft öffentlich in Erscheinung treten sollte. Jetzt in der Krise also das Umdenken.
Hoeneß hat sehr wohl gemerkt, dass sein Einfluss und seine Aura an der Säbener Straße wieder gebraucht werden und er den Mann, in dessen Händen er "seinen Klub" (Zitat Tuchel) gelegt hat, mit aller Macht beschützen muss. Der sportliche Erfolg steht über allem - und den kann aktuell nur Tuchel bieten.
Es ist eine wundersame Wandlung, die beide Protagonisten da vollzogen haben. Noch im Sommer 2018, als Hoeneß sich voll für einen Verbleib von Jupp Heynckes als Bayern-Trainer eingesetzt hatte, waren die Fronten geradezu verhärtet.
Während der damalige Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge und Sportvorstand Hasan Salihamidzic schon die Fühler nach Tuchel ausgestreckt hatten, blieb Hoeneß unterkühlt.
Bei Tuchel: Umdenken von Hoeneß
Nach ran-Informationen ignorierte der damalige Bayern-Präsident alle Bemühungen Rummenigges um Tuchel. Hoeneß bremste die Gespräche aus und ließ bei einem Fanclub-Treffen sogar die Anhänger darüber abstimmen, ob Heynckes bleiben solle. Die "Wahl" fiel entsprechend aus, Hoeneß hatte sich quasi das Mandat als Verteidiger der Klubwerte gesichert.
"Ich muss ganz ehrlich sagen: Allen Unkenrufen und Schlaumeiern zum Trotz, die uns einen Thomas Tuchel oder wen auch immer als Wunschtrainer einreden wollten: Ich bin mit der Entscheidung des FC Bayern München, Niko Kovac als neuen Trainer zu haben, der glücklichste Mensch der Welt", gab Hoeneß dann schließlich zu Protokoll, als man Kovac als Heynckes-Nachfolger von Eintracht Frankfurt losgeeist hatte.
Die verbale Watschn gegen Tuchel kam überraschend, hatte sich Hoeneß doch eigentlich noch drei Jahre zuvor heimlich mit ihm getroffen, als dieser sein Sabbatjahr absolvierte. Doch dieses Abtasten blieb ohne Folge. Tuchel ging 2015 schließlich nach Dortmund.
Eine Annäherung gab es erst im Sommer 2020. Tuchel, damals Trainer von Paris St. Germain, konnte Hoeneß im Dunstkreis des Champions-League-Finalturniers in Lissabon offenbar von seiner Spielidee und vor allem seiner Persönlichkeit überzeugen. Fortan gab es gegen den Coach keinerlei Sticheleien mehr aus München.
Hoeneß dürfte es zu dieser Zeit langsam gedämmert haben, dass ein Bayern-Trainer Tuchel womöglich irgendwann unausweichlich sein musste. Schließlich legt der Patriarch stets Wert darauf, einen deutschsprachigen Top-Trainer an der Säbener Straße zu haben. Das macht die Auswahl klein.
Jetzt also das große Bündnis
Jetzt also das große Männer-Bündnis!
Tuchel hat immer verstanden, wer im Klub das Sagen hat, und formuliert das auch öffentlich. Erst bedankte er sich bei seiner Vorstellung explizit bei Hoeneß, anschließend versprach er, er werde gut auf dessen Verein aufpassen. Das dürfte Tuchel mindestens bis Sommer 2024 den Job sichern.
Im Schatten dieser neuen Männerfreundschaft müssen Oliver Kahn als CEO und Hasan Salihamidzic als Sportvorstand dagegen um ihre Jobs fürchten. Vermutlich auch, weil deren Loyalitätsbekundungen gegenüber Hoeneß bislang eher mau ausfielen.
Kahn wollte sich immer bewusst vom Hoeneßschen Führungsstil abgrenzen und holte auch deswegen vermehrt externe Mitarbeiter in den Klub. Was nach ran-Informationen dem Ehrenpräsidenten missfiel und dem Vorstandsboss intern - in Anlehnung an die weltberühmte Unternehmensberatung "McKinsey" - den Spitznamen "McKahney" einbrachte.
Kann Tuchel Bayerns Saison noch retten?
Salihamidzic dagegen weiß Hoeneß grundsätzlich auf seiner Seite, kämpft öffentlich aber verständlicherweise gegen das Image, er werde im Hintergrund vom Tegernsee aus gesteuert. Medienwirksame Treueschwüre gegenüber Hoeneß sind da kontraproduktiv.
Und so darf sich Tuchel derweil im Glanz des Patriarchen sonnen und kann - so zumindest Hoeneß' Hoffnung - in Ruhe arbeiten und die bayerische Saison durch den Gewinn der Meisterschaft retten.
Es wäre der richtige Anlass für beide, einen gemütlichen Abend miteinander zu verbringen. Ob mit Wasser, Rotwein, Wurst oder Tofu ist dann egal.