Bundesliga
FC Bayern München: Viel Arbeit für Christoph Freund - Das bringt der Winter
- Aktualisiert: 20.12.2023
- 17:19 Uhr
- Justin Kraft
Schon vor der 1:5-Niederlage in Frankfurt war klar, dass der FC Bayern München sich im Winter verstärken muss. Für Christoph Freund wird es eine komplizierte erste Transferperiode. Das sind seine Baustellen.
Es wird ein spannender Winter für den FC Bayern München. Über die gesamte Hinrunde hinweg begleitete den Rekordmeister ein großes Thema: Wie wird man sich in der Winterpause verstärken?
Alle Infos zum letzten Spiel im Jahr zwischen dem VfL Wolfsburg und dem FC Bayern gibt es hier.
Für Christoph Freund wird es die erste Transferperiode und der Österreicher ist direkt gefordert. Gleich auf mehreren Positionen gab und gibt es einen Notstand.
Die anstehenden Turniere in Afrika und Asien sowie einige Verletzungen machen die Aufgabe des Sportdirektors nicht gerade einfacher. In der Rückrunde will der Rekordmeister große Ziele in Bundesliga und Champions League erreichen.
Thomas Tuchel forderte bereits zu Beginn der Saison Verstärkungen, um den Ansprüchen gerecht werden zu können. Freund, so berichteten viele Medien zuletzt, sei auf einer Wellenlänge mit dem Bayern-Trainer.
Das Wichtigste zum FC Bayern in Kürze
Doch welche Baustellen muss die sportliche Leitung des FCB schließen? Und wonach wird überhaupt gesucht?
FC Bayern München: Christoph Freund muss Fehler anderer ausbaden
Es gibt leichtere Einstände als jenen von Freund. Zwar hatte der ehemalige Salzburger jetzt einige Monate Zeit, um sich an den Klub zu gewöhnen und sich einzuarbeiten, doch wirklich dankbar ist die Ausgangslage nicht.
Im Sommer wurden Fehler gemacht, für die der 46-Jährige nicht verantwortlich ist. Dass Josip Stanisic und Benjamin Pavard den Klub ersatzlos verlassen haben, steht ganz oben auf der Mängelliste. Mit drei Innenverteidigern und Noussair Mazraoui als einzigem Rechtsverteidiger auf höherem Niveau musste Tuchel in die Saison gehen. Probleme waren absehbar.
Dass der Transfer von Joao Palhinha auf der Zielgeraden nur knapp scheiterte, war sicher unglücklich. Weniger Unglück, sondern eher Unvermögen war es, dass die Bayern sich erst spät dazu entschieden, sich um einen Sechser zu bemühen.
Freund muss diese Fehler nun ausbaden und steht wegen der sehr kurzfristigen Ausrichtung des Sommer-Transferkomitees sofort unter immensem Druck.
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FC Bayern München: Die Profilfrage
Eigentlich muss sich der FCB auf mindestens drei Positionen verstärken: Innenverteidigung, Rechtsverteidigung, Sechser. Medienberichte deuten darauf hin, dass die Münchner in der Abwehr gern einen Spieler hätten, der rechts und innen verteidigen kann.
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Im Zentrum war im vergangenen Sommer die Rede von einem zweikampfstarken Sechser, der seine Position hält und den Mitspielern den Rücken freihält. Das Interesse an Palhinha unterstreicht dieses Profil.
Allerdings: Zuletzt gab es eher Gerüche um Spieler, die ihre Stärken in anderen Bereichen haben. Spielstärke, Positionsspiel und Qualitäten unter Pressingdruck scheinen in den Vordergrund gerückt zu sein. Ist Zweikampfstärke jetzt zweitrangig?
Fragen, die Freund im Verbund mit Tuchel und der restlichen sportlichen Leitung jetzt beantworten muss. Nicht der Name eines möglichen Neuzugangs ist entscheidend, sondern inwiefern er dem Trainer weiterhelfen kann und ins System passt.
FC Bayern München: Wer ist überhaupt verfügbar?
Gleichzeitig stellt sich die Frage, wer überhaupt zur Verfügung steht. Unter den bisherigen Gerüchten gab es nur wenige Spieler, die bereits jetzt auf sehr hohem Niveau spielen. Gerade im Winter ist es für alle Klubs auf dem Transfermarkt kompliziert – für Topklubs nochmal besonders.
Selbst jemand wie Joao Palhinha, der laut "transfermarkt.de" immerhin einen Marktwert von 55 Millionen Euro hat, kommt in seiner Karriere erst auf acht Champions-League-Einsätze. Tuchel war dennoch überzeugt vom 28-Jährigen, erklärte nach dem geplatzten Deal im Sommer enttäuscht, dass er sich sicher sei, dass er dem Team viel hätte geben können.
Auf der Liste der diskutierten Mittelfeldspieler scheint Palhinha auch der einzige zu sein, dessen Transfer im Winter realistisch erscheint. Jemand wie Martin Zubimendi, der zuletzt wieder in den Fokus der Münchner gerückt sein soll, wäre wohl deutlich schwerer zu haben. Der Spanier spielt mit seinem Herzensverein Real Sociedad eine starke Saison in der Champions League. In der jüngeren Vergangenheit lehnte er mehrfach Angebote von großen Namen wie dem FC Barcelona ab.
Zubimendi ist auch weniger die Kategorie Zweikampfmonster und mehr der spielgestaltende Stratege. Wo also wieder die Frage aufkäme, was Tuchel und die Bayern eigentlich wollen.
Auch für die Defensive gibt es derzeit entweder Namen in der Gerüchteküche zu lesen, die nicht direkt wie große Lösungen wirken – oder jene, die wohl unrealistisch sind. So dürfte ein Transfer von Tuchel-Wunschspieler Ronald Araujo (FC Barcelona) im Winter schwierig zu realisieren sein. Der 24-Jährige erfüllt zwar das gesuchte Profil, soll laut spanischen Medienberichten aber sehr verbunden mit Barca sein.
FC Bayern München: Entscheidungen mit Perspektive gefragt
Für Freund ist das ein Problem, das in der öffentlichen Betrachtung oft zu kurz kommt. Es ist schon schwierig genug, einen Titelanwärter in der Champions League auf einer Position im Winter zu verstärken. Das auf drei zu schaffen, gleicht einer Sisyphusarbeit.
Umso wichtiger wird es für den Sportdirektor sein, den Blick zu weiten. Statt viel Geld für Notnägel auszugeben, muss perspektivisch gedacht werden. Zumal große Transfers bereits ihre Schatten werfen.
Der Name Florian Wirtz ist immer wieder im Umfeld des Rekordmeisters zu vernehmen. Vieles deutet darauf hin, dass der 20-Jährige noch eine weitere Saison in Leverkusen bleibt. Mit einer sich andeutenden Vertragsverlängerung von Thomas Müller um ein weiteres Jahr und den bereits vorhandenen Baustellen wäre das für den FC Bayern ein dankbares Szenario, könnte man sich so länger auf ein entsprechendes Angebot vorbereiten.
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In der Vergangenheit haben die Bayern es immer mal wieder geschafft, Versäumnisse auf dem Transfermarkt durch Leihen auszugleichen. Eines der jüngeren Beispiele war Joao Cancelo. Das spart nicht nur Geld, sondern eröffnet auch die Möglichkeit, etwaige Wunschspieler mit Ruhe und Geduld im Sommer zu verpflichten, statt hohe Ablösesummen für einen Notnagel im Winter auszugeben.
Zwar kann ein Sommertransfer nicht mehr in dieser Saison helfen, doch die Bayern hätten wenig davon, würden sie Kaderpositionen mit Spielern zupflastern, von denen sie nur semi-überzeugt sind. Es ist der schwierige Balanceakt zwischen kurzfristigem Erfolg und mittel- bis langfristiger Perspektive, den Freund jetzt meistern muss.
FC Bayern München: Fehlen die Führungsspieler?
Mit dem Blick auf den kommenden Sommer kommt auch automatisch die Frage danach, welche Spieler eventuell verkauft werden. Wie die "Sport Bild" jüngst berichtete, steht nicht nur der ohnehin schon vielerorts kritisch betrachtete Serge Gnabry auf dem Prüfstand. Auch Leon Goretzka, Alphonso Davies und Joshua Kimmich sollen Kandidaten für einen möglichen Verkauf sein.
Einfluss auf die jeweiligen Entscheidungen werden wohl die Vertragsgespräche haben, die Freund und sein Team vor Weihnachten und dann spätestens im Januar und Februar führen werden. Nach der 1:5-Niederlage in Frankfurt berichtete die "Bild" davon, dass man in München Führungsspieler vermisse.
Eine Debatte, die in Deutschland schnell geführt wird, aber nicht immer das entscheidende Thema ist. Der FC Bayern hat in den letzten Jahren eine Unwucht in seinen Kader gebracht. In der Spitze zählen die Münchner immer noch zu den besten Teams der Welt. In der Breite fehlt es an Optionen – das betrifft nicht nur die individuelle Qualität, sondern auch die Art der Spieler.
So hat man im Mittelfeld beispielsweise mehrere gute Pressingspieler, die sehr laufstark und torgefährlich sein können. Es fehlt aber ein defensivstarker Sechser, der gleichzeitig gut im Spielaufbau ist. Auch in der Offensive sind sich viele Spieler recht ähnlich. Das macht das Team berechenbarer.
Natürlich ist es für jede Mannschaft wichtig, Spieler zu haben, die Verantwortung übernehmen. Freunds wichtigste Aufgabe ist es aber, die Unwucht im Kader nach und nach zu beseitigen. Er muss Spieler verpflichten, die zur nun eingeschlagenen Richtung des kontrollierten Ballbesitzfußballs passen. Und möglicherweise jene abgeben, die eher zum dynamischen Pressingfußball unter Hansi Flick und Julian Nagelsmann gepasst haben.
Es wird ein spannender Winter an der Säbener Straße – und ein sehr arbeitsreicher für Christoph Freund.