Bundesliga
FC Bayern verzichtet auf Konsequenzen für Noussair Mazraoui: Ein fatales Signal - ein Kommentar
- Aktualisiert: 20.10.2023
- 14:07 Uhr
- Chris Lugert
Der FC Bayern verzichtet auf Konsequenzen für Abwehrspieler Noussair Mazraoui nach dessen Entgleisung in den sozialen Medien. Dieses Verhalten wird der Geschichte des Klubs nicht gerecht. Ein Kommentar.
Von Chris Lugert
In Deutschland gibt es universelle Menschenrechte, auf die sich viele andere Menschen auf dieser Welt leider nicht berufen können. Eines dieser Rechte ist die Meinungsfreiheit - also die Möglichkeit, zu unterschiedlichen Themen seine Ansichten äußern zu dürfen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Zumindest, solange es keine strafrechtliche Komponente in den Äußerungen gibt.
Noussair Mazraoui hat - genau, wie viele andere Fußballer - seine Ansichten zum aktuellen Krieg in Nahost über die sozialen Medien kundgetan. Dass er sich geäußert hat, ist das eine. Entscheidend dabei ist das "Wie". Und hier hat der FC Bayern mit seiner Entscheidung, keine Konsequenzen zu ziehen, ein fatales Signal gesendet.
BVB vs. Werder Bremen heute live: Borussia Dortmund im TV, Stream und Liveticker
Natürlich darf sich der 25-Jährige als Moslem mit den Palästinensern solidarisieren, wenn er das für richtig hält, nachdem eine palästinensische Terrorgruppe über tausend Menschen kaltblütig ermordet hat. Die generelle Solidarisierung darf man kritisieren, ebenso das fehlende Feingefühl und den Zeitpunkt. Mehr aber auch nicht.
Was allerdings nicht geht, sind Aussagen, die Gewalt verherrlichen oder gar offenen Antisemitismus zur Schau stellen. Und hier wird es knifflig. Mazraoui sagt, er "verurteile (...) jede Art des Terrorismus und jede Terrororganisation".
In seinem Post aber schrieb er unter anderem: "Gott, hilf unseren unterdrückten Brüdern in Palästina, damit sie den Sieg erringen. Möge Gott den Toten Gnade schenken, möge Gott ihre Verwundeten heilen." Es braucht nicht viel Fantasie, um zu erahnen, wen Mazraoui hier meinte.
Das Wichtigste zum FC Bayern
Wenn es ihm so wichtig ist, Gewalt zu verurteilen, dann hätte er es im gleichen Atemzug auch im Posting schreiben können. Sich für das Leben der Palästinenser einzusetzen und gleichzeitig Terror und Brutalität gegen Israel und Juden allgemein zu verurteilen, ist ja kein Widerspruch. Oder etwa für ihn doch?
Die Bayern erklären, Mazraoui habe deutlich gemacht, "dass er als friedliebender Mensch Terror und Krieg entschieden ablehnt". Er bedauere es, "wenn seine Posts zu Irritationen geführt haben". Den Marokkaner jetzt einfach damit durchkommen zu lassen, ist angesichts der Geschichte des Vereins ein Unding.
Mazraoui muss Geschichte seines Klubs verstehen
Andere Klubs, wie etwa Mainz 05 oder OGC Nizza in Frankreich, haben auf Verfehlungen einzelner Spieler bereits reagiert und diese vorläufig oder endgültig suspendiert. Eine radikale Maßnahme, die gefährlich ist, weil sie schnell als Einschränkung der oben erwähnten Meinungsfreiheit gelten kann.
Jeder Spieler ist aber auch ein Arbeitnehmer seines Klubs. Und jeder Klub hat eine Geschichte und Werte, die er vertritt. Bei den Bayern ist das Judentum in der Historie fest verankert, der Kampf gegen Antisemitismus ist ein elementarer Grundpfeiler im Leitbild des Vereins.
Externer Inhalt
DFB-Team - Rechtsverteidiger gesucht: Welche Optionen hat Julian Nagelsmann?
Wer als Spieler beim FC Bayern unterschreibt, verpflichtet sich auch zu dieser Geschichte und dazu, diese zumindest zu respektieren. Wer das nicht tut, muss mit Konsequenzen rechnen. So wie jeder andere Arbeitnehmer auch, der durch öffentliche Aussagen rufschädigendes Verhalten für den Arbeitgeber an den Tag legt.
Bayern wird Vorbildfunktion nicht gerecht
Doch genau diese Konsequenzen blieben aus. Und hier zeigen die Bayern zu wenig Respekt vor ihrer eigenen Historie. Hätte Mazraoui direkt rausgeworfen werden sollen oder gar abgeschoben, wie es CDU-Politiker Johannes Steiniger unlängst forderte? Nein. Aber es hätte auch noch andere Möglichkeiten der Sanktion gegeben.
Eine Suspendierung etwa für zwei, drei Spiele und dazu eine Geldstrafe, die direkt an eine Organisation gegen Antisemitismus weitergeleitet wird. So hätten die Bayern klare Kante gezeigt und wären ihrer Geschichte gerecht geworden, Mazraoui hätte einen Denkzettel erhalten, ohne jedoch langfristige Konsequenzen zu tragen und seinen Arbeitsplatz zu verlieren.
Die Bayern jedoch haben sich entschieden, es bei deutlichen Worten zu belassen. Das reicht nicht für einen Klub mit einer solchen Geschichte, der über einen derartigen Einfluss im Fußball und darüber hinaus verfügt und entsprechend eine Vorbildfunktion ausstrahlen sollte.
Dieser wird der Rekordmeister so allerdings nicht gerecht.