Bundesliga
FC Bayern vs. Werder Bremen - Andreas Herzog warnt im Interview: "Bayern muss aufpassen"
- Veröffentlicht: 06.02.2025
- 19:15 Uhr
- Philipp Kessler
Andreas Herzog kennt Werder Bremen bestens und spielte einst auch eine Saison für den FC Bayern. Vor dem Nord-Süd-Gipfel in der Bundesliga blickt er im Interview auf die beiden Teams.
Das Interview führte Philipp Kessler
Der FC Bayern empfängt am Freitagabend Werder Bremen (ab 20:30 Uhr im Liveticker) – der Nord-Süd-Gipfel der Bundesliga! Die Münchner stehen relativ souverän an der Tabellenspitze, Werder liegt als Achter nur knapp hinter den Champions-League-Plätzen. Andreas Herzog wird die Partie live in der Allianz Arena verfolgen.
Der Österreicher spielte in seiner Karriere für beide Teams. 1995 wechselte er nach drei Jahren in Bremen als Offensiv-Genie zum FC Bayern. Im Starensemble des Rekordmeisters tat er sich aber schwer, weshalb es nach nur einer Saison und dem UEFA-Cup-Titel wieder zurück an die Weser ging.
Im Interview mit ran spricht Herzog über seine Ex-Teams, die Zeit beim FC Hollywood und seine Ambitionen als Trainer.
ran: Der FC Bayern empfängt am Freitag in der Bundesliga Werder Bremen. Für wen schlägt Ihr "Herzerl"?
Herzog: Für beide Mannschaften. Für Bremen habe ich aber viel länger gespielt, dort habe ich auch insgesamt achteinhalb Jahre gewohnt. Bei Bayern hatte ich hingegen ein schweres, aber irgendwie auch schönes Jahr. Als Kind träumt man davon, bei einem solchen Verein zu spielen. Leider hat es im Endeffekt nicht so gepasst. Aber ich habe nach wie vor eine gute Connection zu Bayern und freue mich immer, wenn ich meine Ex-Kollegen sehe. Aber klar, zu Bremen habe ich mehr Nähe. Das bedeutet aber nicht, dass ich Werder als Favorit sehe …
Das Wichtigste in Kürze
ran: Bremen ist in dieser Saison in der Bundesliga aber richtig gut drauf.
Herzog: Stimmt, vor allem auswärts haben sie gute Ergebnisse erzielt. Daheim haben sie aber relativ einfache Punkte liegengelassen. Wenn sie die geholt hätten, dann wären sie nicht Achter, sondern vielleicht sogar Vierter. Sie müssen sich schon ein bisschen in den Hintern beißen. Jetzt kommt mit Bayern ein Auswärtsspiel, bei dem man nicht davon ausgehen kann, dass man Punkte mitnimmt.
Herzog: "Werder muss mit seinen eigenen Stärken spielen"
ran: Aber die Bayern waren zuletzt defensiv anfällig, sogar beim Sieg gegen Abstiegskandidat Kiel hat die Mannschaft drei Gegentore kassiert. Macht das nicht Hoffnung?
Herzog: Naja. Die Bayern waren schon 4:0 vorne. Da waren die drei Tore von Kiel nur Ergebniskosmetik. Vincent Kompany war aber sicher nicht glücklich darüber. Um in München etwas zu holen, muss Werder mit seinen Stärken spielen. Die Defensive braucht einen überragenden Tag, Torwart Zetterer, der die ganze Saison über schon gut hält, muss fantastisch sein. Vorne muss Bremen mutig sein und braucht extrem hohe Effizienz in der Chancenverwertung. Wenn alles zusammenpasst, ist etwas möglich. Dass die Bayern das Spiel diktieren werden, ist aber auch klar. Und wenn man Kane dreimal aufs Tor schießen lässt, kassiert man zwei Treffer. Da muss man aufpassen.
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Transferbilanzen: Top-Teams mit größtem Minus in letzten fünf Jahren
ran: Bei Bremen sorgt Ihr Landsmann Romano Schmid im offensiven Mittelfeld für Furore. Erinnert er Sie an den jungen Herzog?
Herzog: Ich habe ihn 2016 beim EM-Quali-Spiel der österreichischen U17-Nationalmannschaft gegen Frankreich zum ersten Mal gesehen. Da war er als Torschütze einer der Besten. Seitdem habe ich ein Auge auf ihn geworfen. Er ist aber schon ein anderer Spielertyp als ich früher. Er kann ein Spiel auch lenken. Er läuft extrem viel bei Werder. Er hat aber nicht die Torgefahr, die ich gehabt habe. Dennoch hat er eine sehr gute Entwicklung gemacht. Er ist ein sehr interessanter Spieler. Ich hoffe, dass er im Frühjahr noch mehr Torbeteiligungen hat. Dann ist er eine heiße Transferaktie im Sommer, mit der Werder noch schönes Geld machen kann.
ran: Die Münchner stehen in der Bundesliga aktuell relativ souverän an der Tabellenspitze. In den Pokalbewerben waren aber ein paar Aussetzer dabei.
Herzog: In der Champions League haben sie aus meiner Sicht gegen richtig gute Gegner verloren. Die schwächeren Teams wie beispielsweise Zagreb haben sie brutal abgeschossen. Werder hat natürlich ein paar Spieler, die an einem guten Tag in München richtig gefährlich sein können. Bayern muss aufpassen. Derzeit haben sie in der Bundesliga sechs Punkte Vorsprung auf Leverkusen. Aber dort müssen sie demnächst noch hin. Die sind wiedererstarkt. Und sollten die Bayern Punkte liegenlassen, dann ist Leverkusen gleich da.
Herzog über Kompany: "Ich finde ihn gut"
ran: Wie bewerten Sie die bisherige Arbeit von Vincent Kompany, der vor der Saison von Premier-League-Absteiger Burnley zum FC Bayern gewechselt ist?
Herzog: Ich finde ihn gut. Er ist zwar noch ein sehr junger Trainer, aber er strahlt Ruhe und Souveränität aus. Er war als Spieler ein Leader, Kapitän von Manchester City – das merkt man auch als Coach. Er hat eine klare Spielphilosophie, die er umsetzen will. Das macht er bis jetzt richtig gut. Mit Burnley ist er souverän mit sehenswertem und dominantem Fußball aufgestiegen. In der Premier League hat er dann teilweise Lehrgeld bezahlt. Jetzt hat er beim FC Bayern auch eine Mannschaft, die seine Ideen auf Topniveau richtig gut umsetzen kann. Den Spielern macht die Zusammenarbeit mit ihm offensichtlich auch Spaß. Stars wie Musiala und Kane wissen, die Bayern können wieder jeden Gegner spielerisch zerlegen.
ran: Ihr Tipp für das Spiel am Freitag?
Herzog: Ich wünsche mir ein 3:3. Bayern würde das nicht so freuen, für Werder wäre es ein Erfolg – und für die Zuschauer wäre das ein wunderschönes Match.
Kompany über Tel-Leihe: "Wir machen, was richtig ist"
ran: Die aktuelle "ZDF"-Doku über den FC Hollywood kommt gut an. Sie waren damals als Spieler mittendrin. Haben Sie die Doku schon gesehen?
Herzog: Nein, noch nicht. Aber ich habe von vielen Seiten gehört, dass sie richtig gut sein soll. Ich werde sie mir demnächst anschauen.
ran: Welche Anekdote haben Sie aus dieser Zeit zu erzählen?
Herzog: Da gäbe es viele. Ich war der Konkurrent von Mehmet Scholl. Er war ein sehr guter Spieler und der Publikumsliebling. Das war keine leichte Situation für mich. Wie gesagt, es war ein schönes Jahr beim FC Bayern, wir sind auch UEFA-Cup-Sieger geworden. Aber es war eben auch ein brutal schweres Jahr. Im Nachhinein betrachtet, würde ich mich von Anfang an anders behaupten. Ich habe von Beginn an viel zu viel Respekt gehabt. Ich war zu ruhig. Es hat zu der Zeit verschiedene Gruppen in der Mannschaft gegeben. Ich wollte zu keiner dazugehören und mich mit allen gut verstehen. Ich hätte härter zu mir, aber auch zu meinen Kollegen sein sollen.
Herzog vor Trainer-Comeback? "Wäre dabei"
ran: Inzwischen sind Sie selbst Trainer. Wie beschreiben Sie Ihre Philosophie?
Herzog: Ich mag Mannschaften, die nach vorne spielen. Das ist aber nicht mit jeder möglich. Ich war selbst offensiver Mittelfeldspieler, ich will, dass mein Team mit Spielfreude nach vorne spielt. Vielleicht geht das manchmal auch auf Kosten der Defensive … (lacht)
ran: Zuletzt waren Sie Co-Trainer von Jürgen Klinsmann bei der südkoreanischen Nationalmannschaft. Sie sind viel herumgekommen. Wo hat es Ihnen am besten gefallen?
Herzog: Die israelische Nationalmannschaft zu betreuen, war schön. Ich war U21-Trainer Österreichs, Olympia-Trainer der USA, Co-Trainer dort bei Jürgen Klinsmann, und zuletzt eben in Südkorea – mir hat alles getaugt. Das Schöne bei Nationalmannschaften ist, dass man die besten Spieler eines Landes zusammenbasteln kann. Nach der Zeit in Korea habe ich mich um meine Familie gekümmert. Wenn sich jetzt etwas Interessantes auftut, wäre ich als Trainer dabei.