Fortuna Düsseldorf vergibt in der Relegation gegen Bochum eine einmalige Chance - ein Kommentar
Aktualisiert: 28.05.2024
11:53 Uhr
Chris Lugert
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Fortuna Düsseldorf vergeigt den Aufstieg auf eine historische wie absurde Art und Weise. Damit hat der Klub eine riesige Chance vertan - auch mit Blick auf die Entwicklung in den nächsten Jahren. Ein Kommentar.
Nach dem Fehlschuss des untröstlichen Takashi Uchino in den Düsseldorfer Nachthimmel herrschte in der EM-Arena der rheinischen Metropole eine eigenartige Mischung aus Entsetzen, Ungläubigkeit und Trauer.
Die Fortuna, die mit anderthalb Beinen bereits die Schwelle zur Bundesliga überschritten hatte, knallte sich mit einer unerklärlichen Nicht-Leistung schon weit vor dem Elfmeterschießen die Tür zum Oberhaus selbst wieder zu. Die Relegation verschlang wieder einmal alle Hoffnungen des Zweitligisten.
Doch viel bitterer als dieses verlorene Spiel und das Wissen, in der kommenden Saison wieder in der 2. Bundesliga spielen zu müssen, ist eine andere Erkenntnis. Denn diese Chance war in ihrem Gesamtpaket so einmalig, dass sie für Düsseldorf womöglich nie wieder kommt.
Das betrifft nicht nur den Fakt, dass die Fortuna in der Geschichte der Bundesliga-Relegation die erste Mannschaft ist, die einen 3:0-Sieg aus dem Hinspiel noch wegschenkt. Es geht um das Drumherum, um die Vorzeichen, die nach einem Aufstieg kaum hätten besser sein können.
Mit seinem revolutionären Konzept "Fortuna für alle" hatte sich der Verein bundesweit und sogar über die Landesgrenzen hinaus in die Schlagzeilen gebracht. Freier Eintritt für alle Zuschauer bei ausgewählten Heimspielen als Gegenpart zur fortschreitenden Kommerzialisierung des Fußballs. Ein Klub als Symbol der Einheit einer ganzen Region und nicht nur als seelenloses Wirtschaftsunternehmen.
Diese Botschaft nicht nur in der 2. Bundesliga weiterzutragen, sondern auch im Oberhaus, hätte das Potenzial zu einer Revolution im gesamten deutschen Fußball haben können. Die Fortuna hätte enorm an Reichweite gewonnen und sich ein einzigartiges Image auch auf der ganz großen Bühne aufbauen können.
Fortuna hätte realistische Chancen auf den Klassenerhalt gehabt
Der Druck auf andere Klubs, sich an diesem Konzept ein Beispiel zu nehmen und zumindest in Ansätzen einen vergleichbaren Weg einzuschlagen, wäre größer geworden. Vor allem dann, wenn Düsseldorf auch sportlich hätte mithalten können.
Und auch hierfür war der rote Teppich bereits ausgelegt. Bei allem Respekt vor der Konkurrenz: Mit den beiden Mitaufsteigern FC St. Pauli und Holstein Kiel, einem 1. FC Heidenheim mit Doppel- oder gar Dreifachbelastung, zuletzt kriselnden Unionern aus Berlin oder scheinbar planlos agierenden Borussen aus Mönchengladbach wären die Aussichten auf den Klassenerhalt absolut realistisch gewesen.
Und je länger ein Klub in der Bundesliga spielt, desto größer die Chancen, sich dauerhaft zu etablieren. Ein erfolgreicher Klassenerhalt im Oberhaus hätte neue finanzielle Möglichkeiten geschaffen, man hätte langsam, aber stetig zu einem dauerhaften Mitglied der Bundesliga wachsen können.
Sicher, hier ist sehr viel Konjunktiv dabei. Niemand kann sagen, wie es weitergegangen wäre. Doch die Voraussetzungen wären absolut da gewesen. Und sie schimmern golden im Vergleich zu dem, was die Fortuna jetzt erwartet.
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Es droht ein schwieriges Jahr in Liga zwei
Die 2. Bundesliga wird in der kommenden Saison noch einmal an Breite gewinnen. Der rheinische Rivale 1. FC Köln steckt zwar selbst im Schlamassel, ist aber rein von seiner Aura her ein Verein, der immer zu den erweiterten Aufstiegskandidaten gehört - wenngleich die Fragezeichen hinsichtlich des Kaders schwer wiegen.
Der Hamburger SV geht unverändert als Mitfavorit ins Rennen, auch der FC Schalke 04 dürfte mit einem stabilisierten Umfeld eine deutlich größere Rolle in den oberen Tabellenregionen spielen. Ambitionierte Klubs wie Hannover 96, Hertha BSC oder Kölns Mitabsteiger Darmstadt 98 machen das Leben in Liga zwei nicht angenehmer. Und dann gibt es ja eigentlich jedes Jahr eine Überraschungsmannschaft, die bis zum Schluss oben mitmischt.
Relegation: Fortuna Düsseldorf gegen VfL Bochum - die Noten der Teams
Kurzum: Dass die Fortuna auch nächste Saison um den Aufstieg mitspielt, geschweige denn in der Endabrechnung unter den Top 3 landet, ist keinesfalls gesichert. Und das nicht nur, weil die Konkurrenz noch einmal stärker geworden ist. Sondern, weil auch die eigene Qualität unsicher ist.
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Wer ersetzt Tzolis?
Die selbst bei einem Aufstieg nur vagen Hoffnungen auf einen Verbleib von Topscorer Christos Tzolis haben sich endgültig zerschlagen. Zwar dürfte die Fortuna die Kaufoption für den von Norwich City ausgeliehenen Griechen in Höhe von Berichten zufolge 3,5 Millionen Euro ziehen, aber nur, um ihn dann teuer weiterzuverkaufen.
Der 22-Jährige dürfte dem Klub dadurch zwar einen ordentlichen Geldregen einbringen, nimmt aber auch wettbewerbsübergreifend 34 Torbeteiligungen mit. Diese zu ersetzen, erscheint fast unmöglich. Und dass der Klub noch einmal solch ein glückliches Händchen auf dem Transfermarkt haben wird, ist nicht planbar.
Ganz abgesehen von dem mentalen Tiefschlag, der die Mannschaft und den ganzen Klub durch die Niederlage gegen Bochum bis ins Mark getroffen hat. Die Relegation zu verlieren, ist das eine. Auf so bittere Art und Weise den Aufstieg zu verpassen, ist etwas ganz anderes. Es wird Zeit brauchen, sich davon zu erholen. Zeit, in der die Konkurrenz schon enteilt sein könnte.
Der 27. Mai 2024, er könnte ein Wendepunkt in der glorreichen Geschichte der Fortuna werden. Der Tag, an dem eine glanzvolle Zukunft verspielt wurde. Der Tag, der sinnbildlich für eine verpasste Großchance ist. Für einen, so zynisch es auch klingen mag, Elfmeter ohne Torwart, den der Klub nicht verwandelt hat.